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Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Titel: Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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als vor dem Sturm. Man sieht sie jetzt viel besser. Das lag an den Lichtern der Städte. Wusstet ihr, dass eine einzige Kerze ausreicht, um die Beobachtung der Sterne in einem Umkreis von zwei Kilometern zu beeinträchtigen?«
    »Das hast du uns schon etwa zehn Mal erzählt«, sagte Matt und lächelte etwas verkrampft.
    »Stimmt. Weil ich nervös bin. Wenn ich aufgeregt bin, rede ich einfach drauflos. Ich muss ständig an Elric denken.«
    »Ich auch«, antworteten Ambre und Matt wie aus einem Munde.
    »Alles ging so schnell … Dieses Ding … es sah aus, als würde es Elrics Leben in Sekundenschnelle aussaugen! Es war furchtbar.«
    Ambre klopfte ihm auf die Schulter.
    »Ich finde, wir sollten heute Abend nicht mehr darüber reden«, sagte sie. »Sonst machen wir kein Auge zu. Morgen sehen wir weiter.«
    Tobias unterdrückte ein Gähnen.
    »Du hast recht. Sag mal, Matt, wir sollten uns vielleicht aufs Ohr hauen, wenn wir morgen ausgeschlafen sein wollen. Die Wanderung wird nicht ohne.«
    Matt blickte Ambre an.
    »Toby«, sagte er, »ich … ich weiß nicht, ob wir immer noch aufbrechen.«
    »Was?«
    Matt griff nach Ambres Hand, und Tobias’ Miene hellte sich auf.
    »Okay! Alles klar. Redet ihr endlich wieder miteinander? Wurde auch Zeit! Es hat mich total fertiggemacht, euch so unglücklich zu sehen.«
    »Das ist alles ein wenig kompliziert«, gestand Ambre und zwinkerte Matt zu.
    »Vielleicht ziehen wir trotzdem los, aber nicht aus demselben Grund«, erklärte Matt. »Nicht, weil ich vor meinen Gefühlen fliehen will. Wenn ich eine Expedition starte, dann um meine Fähigkeiten in den Dienst von Eden zu stellen. Das ist besser, als hierzubleiben und mir den Kopf zu zerbrechen, was ich Sinnvolles tun könnte. Die Politik mit ihren täglichen Entscheidungsfindungen liegt mir nicht. Mein Platz ist dort draußen.«
    »Damit meinst du: jenseits der Palisaden, die uns schützen«, stellte Tobias klar und verzog das Gesicht.
    »Ich bin nicht unbedingt auf Abenteuer aus, aber ich brauche Bewegung. Es gibt nun mal Denker wie Ambre und Leute, die praktischer veranlagt sind.«
    »Und was bin ich?«, fragte Tobias.
    »Wahrscheinlich irgendwas in der Mitte, deshalb verstehen wir drei uns auch so gut.«
    Tobias nickte zufrieden.
    »Wenn du aufbrichst«, wollte Ambre wissen, »wohin gehst du dann? Was hast du vor?«
    Trotz ihrer Bemühungen, ruhig und beherrscht zu klingen, hörte Matt ein wenig Angst aus der Stimme seiner Freundin heraus.
    »Die Pans haben Vorposten am Rande des von uns erforschten Gebiets errichtet, um herumirrende Kinder aufzunehmen und unsere Grenzen zu sichern. Sie erkundschaften die Gegend und führen im Auftrag von Eden botanische, zoologische und mineralogische Studien durch. Ich möchte diese Arbeit fortführen und vor allem auch das Gebiet jenseits der Grenzen erforschen, um unser Wissen zu erweitern. Ich dachte an den Westen. Einmal zum Pazifik und zurück.«
    »Das ist eine sehr lange Reise«, erwiderte Ambre.
    »Zwei bis drei Monate für den Hinweg. Genauso lang zurück.«
    »Mindestens.«
    Matt blickte Ambre an und konnte sich denken, was in ihr vorging: Sie fürchtete sich vor der Trennung, kaum dass sie einander wiedergefunden hatten.
    Dennoch wusste Matt, dass er in Eden über kurz oder lang verrückt werden würde. Der Aufbruch bedeutete einen schmerzlichen Abschied, aber er würde jeden Tag an Ambre denken und die Sehnsucht ihn in dem Wunsch bestärken, bald wieder zurückzukommen.
    Ihm ging durch den Kopf, wie paradox die Liebe war. Dieses ungemein mächtige Gefühl, das Berge versetzen konnte, wirkte mitunter auch lähmend. Die Liebe konnte einen antreiben, aber auch hemmen. Er stand vor einer harten Probe, vor einer schrecklichen Wahl: Aufbrechen und vor Sehnsucht vergehen oder bleiben und wahnsinnig werden.
    »Noch ist nichts entschieden«, sagte er und stand auf. »Kommt, gehen wir nach Hause.«
    Die drei Freunde durchquerten das Brachland auf dem Feldweg und gelangten zum Westlichen Bazar. Alle Lampions waren gelöscht, wie jede Nacht brannten nur noch ein paar Glaslaternen, damit sich niemand in dem Gassengewirr verirrte.
    Die Gemeinschaft der Drei überquerte den großen Marktplatz. Im Mondlicht schimmerten die Blätter des riesigen Apfelbaums silbern. Sie ließen die kreisförmige Bibliothek links liegen und waren fast am Saal der Boten angelangt, als Tobias plötzlich langsamer wurde.
    »Was ist los?«, fragte Matt erstaunt.
    »Psst! Hört mal.«
    »Ich höre n–«, setzte Matt an

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