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Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Titel: Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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hin und wieder von einem lauteren Knistern durchbrochen wurde. Am Ende des Gangs zu ihrer Rechten befand sich eine schwere Holztür mit massiven Eisenbeschlägen. Ein Schild besagte, dass sie Privatgemächer betrat – Unbefugten war der Zutritt verboten.
    Zelie warf einen letzten Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass ihr niemand gefolgt war, und näherte sich der Tür.
    Was sie vorhatte, war gefährlich.
    Dabei fürchtete sie sich nicht so sehr vor den Zyniks, sondern vielmehr vor ihrer eigenen Alteration, ihre Fähigkeit, durch Gegenstände hindurchgehen zu können und ihre Hand durch ein Blatt Papier oder durch ein Stück Stoff zu stecken, ohne es zu zerreißen. Und heute hatte sie vor, ihren ganzen Körper durch das massive Holz der Tür zu zwängen.
    So etwas hatte sie erst ein einziges Mal versucht, und zwar während der Großen Schlacht. Damals war ihr das Kunststück dank der zusätzlichen Energie des Skaraheers gelungen, das ihre Alteration verstärkt hatte. Inzwischen hatten die Pans den kleinen Insekten jedoch die Freiheit geschenkt, nachdem sie ihnen für die wertvolle Hilfe gedankt hatten. Außerdem hatte Zelie seither ihre Alteration kaum trainiert.
    Aber sie wusste, dass sie es schaffen konnte.
    Zumindest hoffte sie es.
    Denn wenn sie in der Tür stecken blieb, würde sie nicht nur auf frischer Tat ertappt werden, sondern riskierte auch ihr Leben.
    Zelie strich mit den Fingerspitzen über das Schloss.
    Ich kann es auch ohne das Skaraheer schaffen! Ich kann es! Es ist nur eine Frage der Konzentration!
    Trotzdem drückte sie zaghaft die Klinke nieder, in der Hoffnung, dass sich die Tür gegen alle Wahrscheinlichkeit öffnen ließ.
    Abgeschlossen.
    Jetzt hieß es Augen zu und durch.
    Zelie legte beide Hände auf die Tür und zögerte.
    Sie hatte Angst.
    Nun, da sie vor der Tür stand, fühlte sie sich weit weniger entschlossen und selbstsicher.
    Hinter ihr erklang das Rascheln von Stoff. Jemand näherte sich.
    Zelie fuhr erschrocken herum. Sie saß in der Falle.
    Jetzt oder nie.
    Sie schloss die Augen, konzentrierte sich auf ihren Herzschlag und bemühte sich, ruhig zu atmen. Langsam ein, langsam aus. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit, die Schritte kamen näher, wer auch immer es war, konnte jeden Augenblick um die Ecke biegen.
    Zelie spürte das Holz unter ihren Handflächen.
    Plötzlich verschwand die Materie.
    Ein festes, kühles Band umschloss ihre Handgelenke und wanderte immer weiter ihre Arme hinauf, je tiefer sie vordrang.
    Auf einmal traf ihre Nase auf eine weiche Substanz, und ihr Gesicht tauchte hindurch.
    Sie hatte das Gefühl, aus einem kalten Wackelpudding aufzutauchen.
    Die Schultern.
    Die Hüften.
    Zelie jubelte innerlich. Sie hatte es geschafft!
    Ihre Konzentration ließ nach.
    In diesem Moment blieb ihr Knöchel im Holz stecken. Die Haut platzte auf, und das Holz drang in ihr Fleisch ein. Immer schneller.
    Zelie unterdrückte einen Schmerzensschrei und wusste sofort, dass ihr Unterschenkel durchtrennt werden würde, wenn sie ihren Fuß nicht umgehend freibekam.
    Dank ihres Überlebensinstinkts überwand sie den Schmerz und gewann die Kontrolle über ihre Konzentration, ihr Herz und ihre Atmung zurück.
    Der Fuß löste sich aus dem Holz, und sie fiel nach vorn auf den Steinboden. Knapp über dem Schuh brannte ihre Wade höllisch. Der Stoff ihrer Hose klebte an rohem Fleisch, und Blut quoll hervor.
    Oh, nein!
    Eine böse Wunde. Vermutlich nicht besonders tief, aber sehr schmerzhaft. Sie war knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert.
    Zelie stand auf und verzog das Gesicht.
    Sie war in den Gemächern des Unschuldstrinkers.
    In der Höhle des Löwen.

12. Geistesblitze
    I n Eden war wieder Ruhe eingekehrt.
    Die Pans hatten sich zerstreut und waren nach Hause gegangen. Es war schon spät, und nach dem Angriff des Foltergeists und Elrics Tod war niemandem mehr nach Feiern zumute.
    Das Amphitheater war leer.
    Fast.
    Ambre, Matt und Tobias saßen noch auf einer der Steinbänke in der Mitte. Ein Leuchtpilz tauchte ihre Gesichter in ein silbriges Licht. Die Gemeinschaft der Drei war vollständig versammelt, wie in der guten alten Zeit.
    Die Große Schlacht lag erst vier Monate zurück, doch sie hatten den Eindruck, schon seit Jahren nicht mehr auf diese Weise zusammengesessen zu haben.
    Die Gewitter im Norden hatten sich endlich verzogen. Zurück blieb ein schwarzer Himmel, an dem hie und da Sterne funkelten.
    »Sie leuchten heller als früher«, meinte Tobias. »Ich meine,

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