Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)
Überreste des Monsters auf ihn herabregneten. Ambre stand da, die Arme in Richtung der Spinne ausgestreckt.
Plötzlich zerriss ein durchdringender Schrei aus der Scheune, in die der Foltergeist eingedrungen war, die Stille.
»Scheiße«, fluchte Tobias.
»Los!«, befahl Matt.
Die drei Pans und sechs Hunde rannten hinter das Hauptgebäude, wo die restlichen Mitglieder der Expedition in Begleitung von Barney auf sie warteten.
»Ich habe das Nordtor geöffnet«, erklärte er ihnen. »Flieht, ich werde die Bewohner von Canaan versammeln und eine solche Verwirrung stiften, dass das Monster nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht. Los, meine Freunde!«
Matt versuchte, ihn zurückzuhalten. Am liebsten hätte er Barney und die anderen aus dem Dorf mitgenommen, aber ihm blieb keine Zeit.
Wenn er leben wollte, musste er fliehen.
Er klammerte sich an die Hoffnung, dass der Foltergeist die Einwohner von Canaan nicht töten würde, dass er wie in Siloh das Dorf nur durchqueren würde. Aber insgeheim befürchtete er das Schlimmste.
Plusch biss in seinen Umhang und zerrte an ihm herum.
»Sie will, dass du auf ihren Rücken steigst«, meinte Ambre.
Gus tat dasselbe bei seiner Herrin.
»Das Gepäck ist zu schwer.«
»Sie wissen, was sie tun. Los! Alle Mann auf die Hunde!«, rief Ambre. »Tobias, du kommst mit mir.«
Die sechs Hunde und ihre Reiter entfernten sich im Regen. Hinter ihnen schlug Barney mit einem Hammer auf eine Pfanne und brüllte:
»Canaan! Ein Eindringling! Ein Eindringling! Zu den Waffen!«
Die Hundemeute verließ Canaan durch eine kleine Pforte im Holzzaun und galoppierte in Richtung Norden davon. Es war immer noch dunkel.
Eine Explosion erleuchtete den Hang, auf dem das Dorf Canaan lag, gefolgt von drei weiteren Detonationen. Dann war nur noch das Rauschen des Regens zu hören.
Eine eiskalte Hand umfasste Matts Herz.
In Canaan war wieder Stille eingekehrt.
21. Die Kloake
S onnenlicht fiel schräg durch die hohen Fenster des Saals und ließ den Staub in der Luft tanzen. Zelie und Maylis spazierten über die bunten Teppiche. Sie waren allein.
»Ich habe die Namen überprüft«, sagte Maylis. »Auf den Listen, die du beim Unschuldstrinker gefunden hast, stehen tatsächlich all jene Pans, die nach Babylon oder Henok gezogen sind, um den Großen bei der Aufzucht der Neugeborenen zu helfen oder eine Reise in den Süden zu machen. Und jene, die beschlossen haben, bei den Erwachsenen zu leben.«
»Und was ist mit den angekreuzten Namen?«
»Darüber konnte ich nichts herausfinden. Sie sandten ein paar Nachrichten nach Eden und bekamen auch Antwort, aber unsere Post ist ewig unterwegs. Am besten wäre es, wir würden jemanden losschicken, um sich vor Ort umzusehen.«
Zelie nagte nervös an ihrer Unterlippe.
»Er führt irgendwas im Schilde«, sagte sie schließlich. »Ich weiß zwar nicht, was, aber mir ist nicht wohl bei der Sache.«
»Was den Geheimgang angeht, dachte ich mir, wir könnten gemeinsam danach suchen, mit vereinten Kräften werden wir ihn schon finden!«
»Das ist riskant. Der Unschuldstrinker hält sich oft in seinen Gemächern auf, und wenn er nicht da ist, gehen seine Untergebenen dort aus und ein. Wir haben keine Zeit, um uns in Ruhe umzusehen.«
»Dann müssen wir uns halt gut vorbereiten. Damit wir nicht lange suchen müssen!«
»Wie sollen wir das anstellen?«
Maylis machte diese schelmische Miene, die sich immer auf ihrem Gesicht ausbreitete, wenn sie wusste, dass sie anderen um eine Nasenlänge voraus war.
»Der viereckige Turm beherbergt das Archiv der Festung. Und dort liegen auch die Grundrisse!«
Zelie nahm ihre Schwester bei der Hand.
»Hervorragende Idee! Wer überwacht das Archiv? Ein Pan oder ein Großer?«
»Der alte Gregory, ein eher netter Großer.«
»Wäre es möglich, dass er auf der Seite des Unschuldstrinkers steht? Dass er ihm von unserem Besuch berichtet?«
»Ich denke nicht. Er scheint die Pans zu mögen, und er ist ein loyaler Anhänger von König Balthazar.«
»Balthazars Getreue hassen den Unschuldstrinker in der Regel, das ist gut für uns. Gehen wir.«
Der viereckige Turm, ein fast fensterloser Bau mit mehreren Sälen für die Wachen, Räumen für Kampfübungen, einer Rüstkammer und ganz unten dem Archiv, befand sich im westlichen Flügel der Festung. Auf ihrem Weg begegneten die beiden Schwestern einigen Erwachsenen, die ihnen höflich zunickten. Andere jedoch warfen ihnen eher unfreundliche Blicke zu. Ein Teil der Großen waren und
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