Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
Matt erkannte ihn sofort: Sie hatten ihn auf der Carmichael-Insel kennengelernt, und er war damals den Verdacht nicht losgeworden, dass Ambre eine Schwäche für diesen außergewöhnlich gutaussehenden Jungen hatte.
»Mensch, freu ich mich, euch hier zu treffen!«, strahlte Ben.
Und noch dazu ist er nett!, fluchte Matt innerlich.
Doch er reagierte weniger eifersüchtig, als er erwartet hätte, da er weder den Stich im Herzen noch den Schlag in die Magengrube spürte, den ihm der Gedanke an Ben sonst versetzt hatte. Nur einen leichten Anflug von Gereiztheit.
Warum sollte ich auch eifersüchtig sein? Dazu müsste ich etwas für Ambre empfinden! Sie ist eine gute Freundin, mehr nicht. Es ist Unsinn, sie für mich allein haben zu wollen …
Es gab jetzt ohnehin Wichtigeres. Er musste sich voll und ganz auf den Überlebenskampf konzentrieren. Auf den bevorstehenden Krieg gegen die Zyniks.
Und wenn sich unter seine Befürchtungen und Überlegungen doch einmal eine persönliche Sorge mischte, dann galt sie ausschließlich Tobias.
Seinem besten Freund, den der Torvaderon in sich aufgesogen hatte.
Der spurlos verschwunden war.
In tiefster Finsternis.
Mit jedem Tag trafen weitere Kinder in Eden ein. Manchmal nur kleine Gruppen aus drei oder vier Pans, dann wieder ganze Clans mit Dutzenden von Kindern und Jugendlichen. Die Stadt wuchs und wuchs, und jeder Neuankömmling bereicherte die Gemeinschaft mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen. Sobald sich eine größere Gruppe im Schatten des Apfelbaums niedergelassen hatte, wurde sie gebeten, einen Vertreter in den Stadtrat zu wählen. Dieser Rat traf alle wichtigen Entscheidungen, urteilte in Streitfragen und regelte Edens politische Angelegenheiten.
Die Tore des Ratssaals öffneten sich. In ihrer Eigenschaft als Weitwanderer betraten Floyd und Ben als Erste den Raum, den Öllampen in ein sanftes Licht tauchten. Matt und Ambre folgten ihnen.
Der fensterlose Saal ähnelte einer Zirkusarena. Um ein mit Brettern ausgelegtes, rundes Areal erhoben sich mehrere Sitzreihen, und rot gestrichene Masten stützten die schräge Decke. Als sich Matt und Ambre näherten, ging ein Raunen durch die Versammlung. Etwa dreißig Jugendliche beäugten sie neugierig.
Matt ließ seinen Blick über die Reihen schweifen. Im Schnitt waren die Ratsmitglieder vierzehn bis sechzehn Jahre alt, Jungen und Mädchen waren gleich stark vertreten.
Das Raunen und Wispern legte sich schnell, und alle warteten gespannt, was die Besucher Dringendes zu berichten hatten.
Matt räusperte sich ein wenig verlegen, tat einen Schritt nach vorn und begann:
»Wir kommen aus dem Land der Zyniks, dem Reich von Königin Malronce. Und wir bringen schlechte Nachrichten.«
»Ihr wart bei den Zyniks?«, rief eines der jüngsten Ratsmitglieder halb ungläubig, halb bewundernd aus.
»Unterbrich ihn nicht!«, schimpfte jemand.
»Sie mobilisieren ihre Truppen«, erklärte Matt weiter, »um in den Krieg zu ziehen.«
»In den Krieg?«, ertönte eine Stimme aus den höheren Rängen, die im Halbdunkel lagen. »Gegen wen? Gibt es noch andere Erwachsene?«
»Soweit wir wissen, nicht. Nein, der Feldzug richtet sich gegen uns! In einem Monat werden mehrere Armeen uns angreifen, um uns zu fangen oder zu töten.«
Ein entsetzter Aufschrei ging durch die Reihen der Ratsmitglieder. Erst als zwei Jungen aufstanden und beschwichtigend die Arme hoben, kehrte wieder Stille ein. Einer der Jungen wandte sich an Matt:
»Bist du sicher, dass das stimmt? Woher hast du diese Information?«
»Ich wurde von Malronce’ Truppen gefangen gehalten. Dabei ist es mir gelungen, die Botschaft einzusehen, die die Königin an ihre Generäle geschickt hat. Ich kenne also ihre Pläne – das ist die gute Nachricht, wenn man es so nennen kann. Wenn wir schnell reagieren, können wir uns noch organisieren.«
»Wozu das?«, warf ein Mädchen ein. »Gegen eine ganze Armee von Zyniks haben wir nicht die geringste Chance!«
»Nicht gegen eine. Die Königin stellt fünf Armeen auf«, erwiderte Matt.
Ein Schauer lief durch die Ratsversammlung.
»Aber wir haben einen klaren Vorteil«, fuhr Matt schnell fort, um nicht noch mehr Panik aufkommen zu lassen. »Wir kennen ihre Marschrouten und ihre Ablenkungsmanöver. Das ändert alles!«
»Gar nichts ändert das«, entgegnete das Mädchen. »Selbst wenn jeder von uns zur Waffe greift, wären wir nicht mehr als viertausend! Gegen fünf Armeen von Erwachsenen in schwerer Rüstung!«
Auch Ambre meldete sich
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