ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
anzuziehen. Matt hielt sich am Fensterrahmen fest. Der Schnee bedeckte alles, kein Auto war mehr zu sehen, nichts außer einer dicken weißen Wolldecke. War die ganze Stadt betroffen? Das ganze Land?
Was sollte er tun? Sein Magen zog sich zusammen, und die Panik schnürte ihm die Kehle zu, während ihm die Tränen in die Augen schossen. WAS SOLLTE ER TUN?
Matt fühlte, wie seine Knie nachgaben, und ließ sich zu Boden gleiten. Seine Wangen waren so kalt, dass er die Tränen nicht spürte. Das war das Ende, das Ende aller Dinge auf Erden. Er kauerte sich zusammen und begann zu zittern.
Nach einer Weile versiegten seine Tränen. Sein Körper wollte leben, kämpfen. Und auf einmal wurde sich Matt bewusst, dass das Leben noch in ihm brannte. Das Leben und die Hoffnung. Was wusste er schon über das, was da draußen passiert war? Wie konnte er wissen, was aus den von den Blitzen verschlungenen Menschen geworden war? Und wenn sie noch irgendwo lebten? Und wenn sie gar nicht verschwunden sind, sondern irgendwo dort unten warten, sich in einer Turnhalle versteckt haben oder so was in der Art? Das kam ihm unwahrscheinlich vor, seine Eltern hätten ihn niemals einfach so zurückgelassen. Ich muss nachsehen. Es gibt bestimmt noch Leute auf der Straße.
Die Temperatur hatte die Panik und die Angst in ihm betäubt. Matt versuchte aufzustehen, aber jede Bewegung fiel ihm schwer. Sich dick anziehen, sich aufwärmen, das war jetzt das Wichtigste. In diesem Augenblick drang ein Schrei aus der Avenue herauf, der Schrei eines Kindes, ein Schrei des Entsetzens, der sogleich wieder verstummte. Schaudernd beugte sich Matt wieder aus dem Fenster, doch er konnte nichts Außergewöhnliches erkennen. Nach dem gellenden Schrei zu urteilen, musste dem Kind etwas Furchtbares zugestoßen sein.
Aber eins war ebenfalls klar: Er war nicht allein.
Matt kehrte in sein Zimmer zurück, hüllte sich in eine Wolldecke, um sich zu wärmen, und setzte sich zum Nachdenken auf sein Bett. Er musste nach unten gehen. Vielleicht würde er in den anderen Stockwerken noch Leute finden – aber er würde die Treppe nehmen, auf keinen Fall den Aufzug, denn selbst wenn der noch funktionierte, was er stark bezweifelte, ging er lieber nicht das Risiko ein, für den Rest seines Lebens darin festzustecken. Wenn er keinem seiner Nachbarn begegnete, dann würde er die Straßen nach Überlebenden absuchen. Nicht, dass ich mit »Überlebenden« sagen will, dass alle anderen tot sind, das kann ich ja nicht wissen, vielleicht sind sie einfach … woanders. Als er die Gesichter seiner Eltern vor sich sah, flammte sein Kummer wieder auf, aber er verscheuchte die trüben Gedanken. Er musste eine Lösung finden, um … sie zu retten.
Matt wollte nachsehen, wie spät es war, und stellte fest, dass seine Uhr nicht mehr funktionierte. Er fluchte, nahm sie vom Handgelenk und legte sie auf seinen Schreibtisch.
Er musste sich ausrüsten, so schnell würde er die dreiundzwanzig Stockwerke nicht wieder hochsteigen! Was würde er brauchen? Warme Kleidung, Taschenlampe, etwas Wasser und Lebensmittel, um bei Kräften zu bleiben. Verbandszeug!, dachte er. Um Verletzte zu versorgen. Aber was konnte er mit einfachem Verbandszeug ausrichten? Und eine Waffe! Wem würde er dort unten schon über den Weg laufen? In New York wird man wohl kaum von einem Bären angegriffen! Trotzdem würde er eine mitnehmen. Er drehte sich um und strich über die Klinge seines Schwerts. Damit war er gut ausgestattet.
Er wartete noch eine Viertelstunde, bis ihm warm genug war. Da hörte er plötzlich unten auf der Straße das Klirren einer Glasscheibe. Er sprang auf und lugte aus dem Fenster, aber obwohl er eine ganze Weile nach unten starrte, konnte er nichts ausmachen.
Komm, los jetzt . Er zog Socken, einen dicken schwarzen Rollkragenpullover, seine Handschuhe und seinen knielangen Mantel an. Für solche Temperaturen war er eigentlich zu dünn, aber etwas Besseres fand er auf die Schnelle nicht. Er nahm seine Umhängetasche, in die er die Keksschachtel vom Vortag, eine Wasserflasche und drei Äpfel aus dem Kühlschrank stopfte. Obendrauf packte er die Taschenlampe und das Verbandszeug.
Dann holte er die lederne Scheide und die Riemen, die er an der Wand hatte anbringen wollen, schob das Schwert hinein und schnallte es sich auf den Rücken. Er rollte die Schultern, um sich an das Gewicht zu gewöhnen. Es konnte losgehen.
In weniger als einer Stunde war seine Verzweiflung fester Entschlossenheit
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