Alterra. Im Reich der Königin
das Knacken der Planken beim Aufstieg beruhigten Matt. Er wandte sich an Torshan, der mit ihnen im Lift saß.
»Danke.«
Torshan streckte ihm wortlos die Hand hin. Verlegen gab Matt ihm die Pfeife.
»Wir hatten keine bösen Absichten, das wisst ihr doch«, sagte er. »Es ging nur darum … zu wissen, wer ihr wirklich seid. Ihr hattet uns nicht alles gesagt!«
Torshan ignorierte ihn und starrte ins Leere. Matt begriff, dass es keinen Sinn hatte, ihm die Sache weiter zu erklären.
Sie gelangten wieder zum Mutterschiff, von dem die Aufzugkabinen herabgelassen worden waren, und wurden von dort auf den Kai gebracht, wo über fünfzig Chloropanphylliker mit eisiger Miene auf sie warteten.
Plötzlich wurde Matt klar, dass die Krieger um sie herum sie nicht mehr beschützten, sondern eskortierten. Die Menge teilte sich, und Orlandia, die große Kapitänin, erschien. Ihr Gesichtsausdruck war hart, und ihre Augen versprühten Feuer.
»Ihr habt Verrat begangen«, sagte sie. »Von nun an seid ihr unsere Gefangenen. Der Rat der Frauen wird morgen Abend zusammentreten, um über euer Schicksal zu entscheiden. Wächter, bringt sie fort.«
Ehe sie etwas erwidern konnten, stießen die Soldaten in Chitinrüstung sie einen Steg hinauf bis zu mehreren Käfigen, die an Seilen in der Luft baumelten. Die drei Freunde wurden getrennt in jeweils eine Zelle gesteckt, dann entfernten sich die Wächter wieder.
»Na toll«, seufzte Ambre durch die Stangen der Tür.
»Ja, okay«, sagte Tobias, »das war dumm von uns, aber sie werden uns doch wohl nicht bis morgen Abend hier drinnen versauern lassen, oder?«
»Was werden sie mit uns machen?«, fragte Matt.
Tobias, dem wie immer die Phantasie durchging, antwortete als Erster:
»Vielleicht werfen sie uns einer dieser grauenhaften Kreaturen im Trockenen Meer zum Fraß vor. Mal im Ernst, glaubt ihr, dass sie uns umbringen werden?«
»Das ist nicht ihre Art«, entgegnete Ambre. »Allerdings könnten sie uns verbannen. Wie diesen Jungen, den wir am ersten Tag gesehen haben.«
»Das käme einem Todesurteil gleich«, meinte Matt finster. »Inzwischen wissen wir, dass der Blinde Wald auf dem Grund nicht durchquert werden kann. Ich schätze, wir müssen uns darauf vorbereiten, unser Vorhaben zu verteidigen. Was wissen wir denn sonst noch, was uns von Nutzen sein könnte?«
»Wir wissen, dass wir zu weit gegangen sind«, erwiderte Ambre, »dass wir ihnen nicht vertrauen wollten, obwohl sie uns hier aufgenommen haben. Wir haben sie verraten! Ganz ehrlich, dafür gibt es keine Entschuldigung! Ich habe euch von Anfang an gesagt, dass das Ganze eine hanebüchene Idee ist!«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Tobias kleinlaut.
»Gar nichts!«, fuhr Ambre ihn an. »Sie werden uns verbannen, und damit haben sie verdammt noch mal recht.«
In seinem Holzkäfig schüttelte Matt den Kopf.
»In diesen Wald gehe ich nicht mehr hinunter«, sagte er, »wir überleben dort keine zwei Tage. Wir müssen einen anderen Ausweg finden.«
»Dann sucht mal schön«, fauchte Ambre. »Ich glaube, wir haben fürs Erste genug Blödsinn angestellt.«
Sie schwiegen. Schließlich legte sich jeder auf seinen Strohsack am Boden des Käfigs, doch obwohl es spät in der Nacht war, taten sie lange kein Auge zu.
Sie dachten an ihr Vergehen und an die Strafe, die ihnen blühte.
Am nächsten Morgen wurden sie von dem geschäftigen Treiben im Großen Nest geweckt. Sie waren müde, und der Rücken schmerzte ihnen vom unbequemen Liegen. Man brachte ihnen wortlos eine Mahlzeit, die aus Früchten und einer zähen Suppe bestand. Den ganzen Tag über bekamen sie kein einziges Mal Besuch. Als die Sonne langsam am Horizont des Trockenen Meeres versank, dachten sie angstvoll an den Rat der Frauen, der sich in diesem Augenblick versammelte, um über ihr Schicksal zu entscheiden.
Silberne Lichter erhellten die Stadt in und um die großen Bäume, dann erloschen sie nach und nach und tauchten das Große Nest in den nächtlichen Dämmerschlaf.
Plötzlich erschien eine Laterne am Ende des Stegs, und eine in einen weiten Kapuzenmantel gehüllte Gestalt näherte sich lautlos den Käfigen. Sie kauerte vor ihnen nieder und flüsterte:
»Morgen früh werdet ihr verbannt. Ich habe versucht, euch gegen meine Schwestern zu verteidigen, aber es war aussichtslos.«
Der Laternenschein fiel kurz auf ihr Gesicht. Clemantis.
»Werden sie uns unsere Sachen und unsere Waffen zurückgeben?«, fragte Matt.
»Ich weiß es nicht. Ihr werdet in die
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