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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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stärker als bei uns.«
    »Der Sturm hat die Gene der Pflanzen vollkommen verändert«, ergänzte Matt, »damit die Natur sich schneller entwickelt, kräftiger ist und ihren wahren Platz einnehmen kann. Dabei hat er auch in unser Erbgut eingegriffen, um unsere Entwicklung zu beschleunigen und uns eine Überlebenschance zu geben; so ist das Phänomen entstanden, das wir die Alteration nennen. Scheinbar waren die kranken Kinder so empfänglich, dass sie sowohl die pflanzlichen als auch die menschlichen Genveränderungen übernommen haben.«
    »Und wieso halten sie das so geheim? Sie sollten doch eher stolz darauf sein«, wunderte sich Tobias.
    »Ich nehme an, dass sie nicht gern über ihre Vergangenheit als Kranke reden«, meinte Ambre. »Vor dem Sturm waren sie ausgegrenzt und schwach, jetzt sind sie immer noch ausgegrenzt, aber stark. Sie sind im Einklang mit der Natur, viel mehr als wir. Erinnert euch daran, was sie uns erzählt haben: Sie haben den Eindruck, auserwählt zu sein. Ihre Vergangenheit zu erwähnen, würde heißen, ihre einstige Schwäche einzugestehen, und das muss schmerzhaft sein.«
    Matt hatte ein paar vergilbte Dokumente aufgesammelt, die auf dem Boden verstreut lagen, und überflog die Blätter.
    »Das ist eines der größten Kinderkrankenhäuser der Welt! Deshalb sind sie im Großen Nest so zahlreich. Wahnsinn, mehr als sechshundert Pans, die die Sprache der Bäume und des Windes verstehen können und zu außergewöhnlichen körperlichen und geistigen Leistungen fähig sind! Welch einen Vorteil uns das gegenüber den Zyniks verschaffen könnte!«
    Tobias lachte auf.
    »Das kannst du dir abschminken. Sie wollen uns ja nicht einmal gehen lassen, wie willst du sie dann dazu überreden, für unseren Schutz zu kämpfen? Mach dir doch nichts vor!«
    »Toby hat recht«, meinte Ambre. »Das Gegenteil wäre besser: Alle Pans sollten ins Große Nest kommen dürfen, um fernab der Zyniks in Sicherheit zu leben.«
    »Dazu ist nicht genug Platz, und die Chloropanphylliker würden dem niemals zustimmen!«, wehrte Matt ab. »Sie sind schon etwas komisch, das muss man zugeben. Sich für die Auserwählten des Baumes zu halten oder was weiß ich alles …«
    »Aber sie haben ganz schön was auf dem Kasten«, sagte Tobias. »Vielleicht sind sie ja wirklich auserwählt.«
    »Auserwählt zu was? Lass dich von ihrem Tamtam nicht so beeindrucken! Niemand ist auserwählt, es gibt einfach mehrere Gruppen von Überlebenden, die jeweils auf ihre ganz eigene Art und Weise die übermächtige Wirkung des Sturms absorbiert haben: die Erwachsenen, die Kinder und die Natur, die sich ihre Rechte wieder zurückholt.«
    Die Glühwürmchen erstarrten plötzlich in ihrer Bewegung. Dann sausten sie zur Decke und verschwanden in einem tiefen Riss.
    Die drei Freunde blickten sich besorgt um. Das Verhalten der Tiere gab ihnen zu denken.
    »Irgendetwas scheint das Gebäude betreten zu haben«, murmelte Ambre.
    »Ich glaube, ich habe auch etwas gehört«, flüsterte Tobias.
    »Okay, wir zischen ab«, beschloss Matt und rannte in Richtung Treppe.
    »Wenn sie gemerkt haben, dass wir ihre Pfeife geklaut haben«, meinte Ambre, »dann ist ihr Vertrauen für immer zerstört!«
    Sie liefen zögerlich zur Brüstung und spähten ins Erdgeschoss. Unten leuchtete kein Licht.
    »Aber ich schwöre euch, dass ich ein Geräusch gehört habe«, beharrte Ambre flüsternd.
    Tobias beugte sich weit vor und hielt die Schale in die Höhe, um die Eingangshalle mit der weichen Substanz zu erhellen.
    Zu Anfang sah er nichts Besonderes, nur den staubbedeckten Marmor, das große Eingangstor … Aber dann hob er den Kopf.
    Zwei unheimliche, wagengroße Spinnen hingen an den Kronleuchtern, genau auf Höhe der drei Freunde. Geifer tropfte aus ihren ungeheuerlichen Mäulern, und sie starrten die Appetithappen vor sich aus sechs hervorstehenden, schleimigen Augen an. Ihre Kieferklauen öffneten sich und gaben schreckliche Scherenwerkzeuge frei.
    Die weiche Substanz zitterte mehr und mehr. Plötzlich entglitt Tobias die Schale.
    Ihre einzige Lichtquelle verschwand in der Tiefe, und schon umhüllte Dunkelheit die beiden furchtbaren Wesen und ihre menschliche Beute.
    Da hielt die Leuchtkugel auf einmal im Fall inne und sauste wieder nach oben in Ambres Hände, während die Schale klirrend auf dem Marmorboden aufschlug.
    Das war das Signal. Matt packte Tobias an der Jacke, und die beiden Jungen sprinteten los. Sofort sprangen die Spinnen auf die Brüstung, und Matt

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