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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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spähen.
    »Sie ist die Königin«, antwortete er mit einem Achselzucken. »Sie tut, was sie will!«
    Tobias stieß ein zustimmendes Grunzen aus, und sie gingen nervös weiter.
    »Früher oder später fliegen wir auf«, klagte Tobias.
    »Nicht, wenn wir uns an den Plan halten! Entspann die Schultern und lass dir die Angst nicht anmerken. Wir müssen eine Herberge oder eine Kneipe finden, wo wir die Zyniks belauschen können.«
    »Und womit willst du bezahlen? Hast du gesehen, dass sie kleine Münzen austauschen? Sie haben bereits ein eigenes Wirtschaftssystem entwickelt und Geld geprägt!«
    »Überrascht dich das etwa? Wenn wir irgendwo einkehren, bestellen wir einfach nichts. Komm jetzt.«
    Sie liefen seit knapp fünf Minuten in Richtung Universität, als Tobias einen weiteren Grund zum Jammern fand.
    »Wir hätten unsere Rucksäcke bei Matt lassen sollen, wir fallen total auf! Und dazu mein Bogen, das ist eine Waffe, ich spüre, dass ihnen das nicht gefällt …«
    »Halt jetzt bloß die Klappe! Vergiss nicht, dass wir Reisende sind, unsere Ausrüstung gehört zur Rolle!«
    »Entschuldige, wenn ich gestresst bin, rede ich viel.«
    Da schallte ein Horn durch die Stadt, und die Menschen begannen, in die Richtung zu strömen, die auch Tobias und Ambre eingeschlagen hatten. Sie gelangten zu einem großen gepflasterten Platz, auf dem sich mehr als dreihundert Personen versammelt hatten. Eine breite Straße führte zu einem Tor im Festungsring, durch das in ebendiesem Augenblick meterhohe Bambuskäfige schwankten. Dutzende von Bären zogen die seltsamen Karren, auf denen lauter zu Tode verängstigte Pans zusammengepfercht waren.
    »Die Bärserker!«, schrie die Menge begeistert. »Die Bärserker!«
    Etwa fünfzig Soldaten in schwarzen Rüstungen begleiteten den Zug.
    Der Konvoi hielt mitten auf dem Platz. Die Soldaten öffneten die Käfige und stießen die Kinder in ein großes fensterloses Gebäude, dessen Fassade mit denselben rot-schwarzen Fahnen geschmückt war wie die anderen Häuser der Stadt, nur trugen die Banner hier zusätzlich einen silbernen Apfel in der Mitte. Unter den Pans gab es Mädchen, die jünger waren als fünf Jahre, viele Kinder schluchzten herzzerreißend, und einige wirkten sogar ernsthaft verletzt. Doch niemand scherte sich darum. Gnadenlos schubsten die Soldaten sie in das Gebäude und knallten die Tür hinter ihnen zu.
    Wie viele waren das?,
fragte sich Tobias.
Mindestens hundert!
    Da die Menge sich nicht vom Fleck rührte und auf etwas anderes zu warten schien, taten Ambre und Tobias das Gleiche. Nach einigen langen Minuten ging die Tür wieder auf, und die Kinder kamen nacheinander splitternackt und heulend heraus. Man führte sie zu einem Podest auf dem Platz. Dann begann die Versteigerung der Pans.
    Ambre und Tobias sahen entsetzt zu.
    Etwa dreißig Kinder zwischen fünf und dreizehn Jahren wurden auf diese Weise unter die Leute gebracht. Man präsentierte sie wie Tiere, pries ihr junges Alter an, das mehrere Jahre guten Dienstes garantierte, ihre Kraft und ihre zarte Figur für besondere Arbeiten, bis der Letzte verkauft war.
    Aber das Schlimmste kam erst noch.
    Sobald ein Sklave bezahlt war, wurde er zu einem Wagen gebracht, aus dem grauer Rauch und Schwefelgeruch aufstiegen. Dort hielten zwei muskelbepackte Hünen das Kind fest, während ein Dritter, dessen Zähne ganz verfault waren, ihm eine lange, glühende Zange in den Nabel stieß. Die Zange schnappte ein und drückte einen kleinen schwarzen Ring in das Fleisch, während das arme Opfer vor Schmerz jaulte.
    Seltsamerweise hörten die Klageschreie innerhalb weniger Augenblicke auf. Aus den von Furcht entstellten Gesichtern der Kinder schien alles Leben zu weichen, und ihre Tränen versiegten. Nachdem eine Kette in den Ring eingehakt worden war, schritt der Besitzer mit seinem Haussklaven an der Leine davon.
    Der Versteigerer beendete die Auktion mit den Worten:
    »Das ist alles für heute, die anderen müssen im Rahmen der Hautjagd noch genauer untersucht werden. Morgen geht es weiter. Gepriesen sei unsere Königin Malronce!«
    Ein Großteil der Menge wiederholte im Chor »Gepriesen sei unsere Königin«, ehe sie sich zerstreute.
    »Ich glaube, ich muss kotzen«, murmelte Ambre, als sie sich ebenfalls zum Gehen wandten.
    »Die sind verrückt geworden. Vollkommen durchgedreht«, sagte Tobias und wischte sich unauffällig über die nassen Wangen.
    »Was sollte denn das mit dieser ›Hautjagd‹?«
    »Nach dem, was wir gerade gesehen

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