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Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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was ich meine? So was fängt bei Jungen eben irgendwann an, und bei mir geht das schon eine ganze Weile so, weißt du? Und … ähm … Jedenfalls habe ich nicht das Gefühl, dass ich deswegen … irgendwie böse werde, verstehst du?«
    Ambre nickte zögernd.
    »Und außerdem«, fügte Tobias hinzu, »sagt man doch von manchen Erwachsenen, dass sie wie große Kinder sind! Wenn wir uns diese Unbeschwertheit bewahren, können wir vielleicht bleiben, wie wir sind! Oder fühlst du dich den Zyniks etwa irgendwie nahe? Pass auf, wir legen einen Eid ab: Wenn einer aus der Gemeinschaft der Drei in Verwirrung gerät, bringen die anderen ihn wieder zur Vernunft, okay? Na los, Kopf hoch, du bist doch sonst nicht so leicht zu erschüttern! Wir sollten Colin suchen, er kann uns sicher so einiges erklären.«
    »Das ist riskant. Er hat uns schon einmal verraten, er könnte es wieder tun.«
    »Oh, keine Sorge, dem vertrau ich nie wieder! Er hat den alten Carmichael umgebracht! Und er hat uns die Zyniks auf den Hals gehetzt, allein dafür würde ich ihn lieber tot als lebendig sehen! Aber wenn er uns wertvolle Auskünfte liefern kann, ertrage ich seinen Anblick gern. Also, nichts wie los.«
    Sie betraten das Wirtshaus, in dem es nach Schweiß und Tabak stank. Da es außer einigen winzigen Luken keine Fenster gab, verbreiteten mehrere Laternen ein flackerndes Licht und den ranzigen Geruch von brennendem Fett. Die Gaststube war zu drei Vierteln mit Männern besetzt, die auf ihren Stühlen fläzten oder Karten spielten, während sie sich lautstark unterhielten. Tobias fand Colin auf den ersten Blick: Er saß ganz allein vor einem Krug aus gebranntem Ton und starrte geistesabwesend in den Wein, als betrachte er sich in einem rubinroten Spiegel. Er hatte noch immer lange braune Haare, gelbe Zähne und überall Pickel im Gesicht.
    »Überraschung«, sagte Tobias, als er sich zu ihm an den Tisch setzte.
    Colin hob träge den Kopf. Als er registrierte, wen er vor sich hatte, fuhr er hoch, doch Ambre hatte sich schon hinter ihn gestellt und drückte ihn wieder auf seinen Stuhl hinunter.
    »Immer mit der Ruhe«, sagte sie, »wir sind dir nicht mehr feindlich gesinnt. Du hattest nämlich recht.«
    »Ja, wir müssen uns bei dir entschuldigen«, fuhr Tobias rasch fort, »diese dämlichen Pans sind es nicht wert, dass man für sie kämpft. Die Erwachsenen sind die Zukunft!«
    Colin stieß einen erleichterten Seufzer aus, der in einem geräuschvollen Rülpser endete.
    »Mann, ich hätte mir vor Schreck fast in die Hose gemacht«, sagte er und schenkte sich Wein nach.
    »Ehrlich gesagt, hielt ich dich für ein Gespenst, als wir hier reinkamen«, gluckste Ambre. »Wir dachten, du bist ertrunken!«
    »Wär ich auch fast! Die Fische haben die Soldaten oder zumindest das, was von ihnen noch übrig war, ratzeputz aufgefressen, das war echt die Hölle! In der Nacht habe ich so viel Wasser verschluckt, dass ich garantiert nie wieder welches anrühre!«, plapperte Colin drauflos und leerte seinen Kelch in einem Zug.
    Die Vorstellung, wie die verwundeten Soldaten von Monstern aus den Tiefen des Flusses verschlungen wurden, jagte Tobias einen Schauer über den Rücken. Ihm wurde immer noch schlecht, wenn er an die blutige Schlacht zurückdachte.
    »Wie hat es dich denn hierher verschlagen?«, fragte Ambre.
    »Nach Babylon? Eigentlich mehr aus Zufall. Ich bin eine Woche lang durch den Wald geirrt und wäre beinahe einigen hungrigen Mampfern in die Hände gefallen, aber irgendwann hat mich der Rauch eines Lagerfeuers zu einer Patrouille von Zyniks geführt, und die haben mich hergebracht.«
    »Und man hat dich hier aufgenommen?«
    Colin starrte wieder in seinen Kelch.
    »Nicht direkt.«
    »Wie hast du es dann geschafft, hier geduldet zu werden?«
    »Ich habe einen Beschützer.«
    Er schenkte sich wieder nach. Als Tobias ihm ins Gesicht sah, tat er ihm plötzlich leid. Vor irgendetwas schien Colin furchtbare Angst zu haben. Wer auch immer dieser Beschützer war, er brachte Colin offenbar dazu, jede Erinnerung an ihn im Alkohol zu ertränken.
    »Wir kennen hier leider niemanden«, erzählte Ambre, »also fühlen wir uns etwas aufgeschmissen. Vielleicht kannst du uns ja helfen?«
    »Ja«, fügte Tobias hinzu, »was soll denn zum Beispiel dieses Bauchnabelpiercing, das sie den Pans hier in der Stadt verpassen?«
    »Das ist der Nabelring. Als die Patrouillen die ersten gefangenen Kinder brachten, haben die Zyniks alle möglichen Experimente an ihnen

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