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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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daß du nahe daran warst, von einem Kriegerverband gefangengenommen zu werden, der auf Kopfjagd war.«
    »Grundgütiger Himmel!« rief der Händler entsetzt, und aus seinem Gesicht wich alle Farbe. Luma befürchtete schon, er könne in Ohnmacht fallen. Sie hatte noch keinen Mann derart zu Tode erschrocken dreinblicken sehen – nicht, daß er keinen Grund dazu gehabt hätte.
    Kandar dankte Lelsang und wandte sich dem Rest der Nattern zu. »Wir werden sie verfolgen müssen. Nordwestlich von hier gibt es mehrere Dörfer. Dieser Kriegerverband war vielleicht nur auf der Suche nach Vieh, um es zu stehlen, aber da sie sich die Zeit genommen haben, Kriegsbemalung anzulegen, können wir nicht sicher sein. Ich persönlich habe reichlich genug Beerdigungen für einen Sommer miterlebt.«
    Keiner außer Keshna (die schon mit Schrecken an die Rückkehr nach Shara gedacht hatte) war erfreut, das zu hören, doch Kandar hatte zweifellos recht: Sie hatten gar keine andere Wahl, als die Nomaden zu verfolgen. Nach dem, was gerade passiert war, mußten sie jedem Hinweis auf mögliche Angriffe nachgehen.
    Da sie jetzt vorhatten, nach Nordwesten zu reiten und nicht zurück nach Shara, schickte Kandar Trithar und Melang nach Ver Sha La zurück, um die Dorfbewohner um Dörrfleisch, getrocknete Früchte und anderen Proviant zu bitten. Während sie fort waren, erzählte der Händler dem Rest der Nattern ein wenig über sich selbst. Sein Name, so erklärte er, war Brusang Sohn von Lampasha, und den größten Teil seines Erwachsenenlebens hatte er damit verbracht, die Handelsstraßen zwischen dem Rauchfluß und Shara abzuwandern. Oft reisten auch seine Mutter und seine beiden Neffen mit ihm, denn sie waren ein Händlerclan, aber nun, da überall Nomadenstoßtrupps die Gegend unsicher machten, war er sich nicht sicher, ob sie ihr Geschäft noch länger weiterführen konnten.
    Die Vorstellung, nur um Haaresbreite dem Tode entronnen zu sein, regte ihn derart auf, daß Luma schließlich Mitleid mit ihm bekam. Sie bürstete die letzten verfilzten Stellen aus Shalrus Schwanz, dann legte sie die Kardätsche nieder und setzte sich neben den armen Mann, um ihm zu versichern, daß die Gefahr vorüber war – zumindest soweit es ihn betraf. Wie sie gehofft hatte, wurde er auch schnell warm mit ihr.
    »Dein Pferd da ist wirklich ein schönes Tier«, sagte er.
    »Ja«, erwiderte Luma. »Er hat eine so ruhige Gangart, daß man sanft hin- und hergeschaukelt wird, wenn er im Schritt geht, und sich fühlt wie ein Baby in einem Tragetuch auf dem Rücken seiner Mutter.«
    »Seinem Aussehen nach zu urteilen, würde ich sagen, daß er ursprünglich von Nomaden zugeritten wurde.«
    »Du hast einen guten Blick für solche Dinge.« Sie war überrascht, ihn so fachmännisch über Pferde sprechen zu hören. »Woran hast du das erkannt?«
    »War nur so eine Vermutung.«
    »Die Narben auf Shalrus Flanken verraten seine Herkunft. Nur die Nomaden benutzen Sporen.«
    »Sporen?«
    »Spitze Stäbe aus Knochen. Die Nomaden binden sie an die Fersen ihrer Stiefel.« Sie fragte sich, wie er so viel wissen konnte und zugleich so wenig.
    »Wie heißt du eigentlich?« fragte er.
    »Luma, Tochter von Marrah aus Shara.« Er hatte die Frage eher beiläufig gestellt, und sie beantwortete sie ebenso beiläufig, doch als der Händler ihren Namen hörte, schnappte er durch seine Zahnlücke hörbar nach Luft.
    »Königin Marrah, die Vlahan besiegt hat?« fragte er.
»Sie
ist deine Mutter?«
    » Ja«, meinte Luma. »Königin Marrah. Aber mit der Regierung der Stadt habe ich nichts zu tun. Ich bin zwar ihre Tochter, aber ich reite mit den Nattern.«
    Luma vergaß diese kurze Unterhaltung schnell wieder, aber der Händler war derart bestürzt über das, was sie ihm erzählt hatte, daß er, nachdem sie gegangen war, aufstand und in heller Aufregung zum Bachufer hinuntereilte. Sein sonderbares Benehmen hätte sicherlich Aufmerksamkeit erregt, wären die Nattern nicht zu beschäftigt gewesen, um auf ihn zu achten. Er schöpfte eine Handvoll kaltes Wasser aus dem Bach und tat, als wolle er trinken, sah sich verstohlen nach allen Seiten um, um sich zu vergewissern, daß er nicht beobachtet wurde. Als er sicher war, daß keiner der Nattern in seine Richtung blickte, machte er kehrt und floh in den Wald; den Korb mit den seltenen Kräutern ließ er einfach zurück.
     
    Die Nattern bemerkten sein Verschwinden nicht. Trithar und Melsang kehrten mit den Vorräten zurück, und sobald die Satteltaschen

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