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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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sicherer Hand, daß es fast schien, als schleuderte sie ihren eigenen Willen auf das Ziel zu. »Ich glaube nicht, daß du die Wahl hast«, erklärte sie. »Ich bin die Oberbefehlshaberin der Schlangen, und ich entscheide, wer in jedem Verband mitreitet. Wenn ich sage, Keshna geht, dann geht sie. Marrah und Arang werden jede Entscheidung, die ich treffe, akzeptieren, und das gleiche gilt auch für den Ältestenrat.«
    »Ich erklär's dir noch mal: Wenn Keshna draußen ist, bin ich ebenfalls draußen. Wie auch immer, ich gehe in jedem Fall.« Damit machte Kandar auf dem Absatz kehrt, ließ Ranala wutschnaubend stehen und ging in die Stadt zurück, um seine Satteltaschen zu packen.
     
    Seine Bedürfnisse waren bescheiden. Als die Sonne an jenem Abend unterging, hatte Kandar alles zusammen, was er brauchte, um eine Reise anzutreten, die zwei Wochen dauern konnte oder auch zwei Jahre. Er war jetzt bereit, Shara zu verlassen, aber wenn man fünf Jahre lang der Anführer der Nattern gewesen war, konnte man nicht einfach seine Sachen packen und davonreiten. Kandar wußte, er mußte zuerst mit Trithar und Lelsang sprechen und ihnen mitteilen, daß Ranala wahrscheinlich einen von ihnen oder auch beide damit beauftragen würde, die Nattern während seiner Abwesenheit anzuführen. Dann würde er die Runde durch die Mutterhäuser machen und mit den anderen Mitgliedern seines Verbandes sprechen müssen, die verletzt und beleidigt sein würden, wenn er ohne Abschied fortging. Sobald er damit anfing, würde jemand – wahrscheinlich Clarah oder Ursha – darauf bestehen, ein Abschiedsfest für ihn zu geben. Der Gedanke an das Fest bereitete Kandar keine Freude, weil Keshna zweifellos ebenfalls dabeisein würde, aber er konnte sich nicht klammheimlich bei Nacht und Nebel davonschleichen, deshalb fand er sich damit ab, sie ein letztes Mal zu sehen.
    Am nächsten Morgen jedoch, noch bevor er mit seinem Rundgang begonnen hatte, traf ein Bote ein, um ihm zu sagen, daß Marrah ihn bat, in ihr Mutterhaus zu kommen. Um Kandars Mund erschien ein störrischer Zug, als er hörte, daß Marrah ihn sehen wollte. Sicherlich hatte Ranala bereits mit ihr gesprochen und ihr erklärt, die Nattern könnten ohne ihn ihre Arbeit nicht tun. Nun, Trithar würde einen guten Anführer abgeben und Lelsang desgleichen. Er hatte nicht die Absicht, sich den ganzen Sommer Nacht für Nacht zehn Schritte von Keshna entfernt schlafen zu legen, nur weil es seiner Schwester Spaß machte, ihn unter ihrer Fuchtel zu haben. Niemand konnte ihn zwingen, in Shara zu bleiben, wenn er gehen wollte.
    Bei Choatks Eiern! dachte Kandar wütend, Ranala zur Schwester zu haben ist, als wäre man mit einem Nomadenhäuptling verwandt. Er versetzte einer seiner Satteltaschen einen so heftigen Fußtritt, daß sie in der entgegengesetzten Ecke des Raums landete. Dann trat er erbost nach der anderen.
     
    Er fand Marrah bis zu den Knöcheln in weichem, feuchtem Ton. Ihr Haar war zu einem unordentlichen Knoten aufgesteckt, und sie trug eine schmutzige, fleckig gelbe Tunika, die sie bis über ihre Knie hochgerafft hatte.
    »Guten Morgen, Cousin«, rief sie, sobald sie ihn erblickte. »Ich bin froh, daß du kommen konntest.« Sie wischte sich eine Haarsträhne aus den Augen und trat aus der Tongrube heraus.
    »Was tust du da?« wollte Kandar wissen. »Machst du Ziegel?«
    »Nein«, erwiderte Marrah fröhlich. »Ich vermische den Ton mit Bindesand. Wenn ich damit fertig bin, werde ich ein paar Kochtöpfe daraus formen. Es ist eine schmutzige Arbeit, aber ich mag das Gefühl von Schlamm zwischen meinen Zehen.« Sie griff nach einem Lappen, tauchte ihn in ein Gefäß mit Wasser und schrubbte den Schlamm von ihren Händen. »Ich wette, du denkst, daß ich wie eine Sau aussehe, die sich gerade im Dreck gesuhlt hat.«
    Kandar hatte nicht die Absicht, liebenswürdig zu sein, doch er ertappte sich dabei, wie er lächelte. »Nicht direkt«, erwiderte er.
    »Du bist nur freundlich zu deiner alten Cousine. Wenn Ranala hier wäre, würde sie bei meinem Anblick Grunzlaute von sich geben, als wolle sie ein Schwein anlocken.«
    Bei der Erwähnung seiner Schwester verblaßte Kandars Lächeln abrupt. »Das würde sie ganz sicherlich tun«, sagte er steif.
    »Ranala ist gestern abend vorbeigekommen«, fuhr sie fort, während sie ihre Finger an dem Lappen abwischte. »Sie sagte, du hättest ihr erklärt, daß du Shara verlassen willst.«
    » Ja.« Kandar wappnete sich innerlich gegen die kommende

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