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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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du die Nattern verläßt, um nichts anderes zu tun, als von Dorf zu Dorf zu reiten, wirst du immer das Gefühl haben, daß du es versäumt hast, deinen Freunden und deiner Stadt gegenüber deine Pflicht zu tun. Was du brauchst, ist ein wirklicher Beweggrund, um Shara zu verlassen – einen triftigeren Grund als Keshna oder ein gebrochenes Herz.«
    Was Marrah sagte, klang vernünftig. Kandar wußte, daß er nicht der Typ Mann war, der sich damit zufrieden gab, ziellos umherzuwandern. »Du hast recht«, meinte er. »Welchen Grund kannst du mir nennen, Shara zu verlassen, abgesehen davon, daß ich Keshna zu sehr liebe, um hierzubleiben?«
    Marrah nahm seine Hand und verflocht ihre Finger mit seinen. Er fühlte die glatte Kruste von getrocknetem Ton und die freundschaftliche Wärme ihres Händedrucks. »Komm mit ins Haus und mach es dir auf einem Kissen im Gemeinschaftsraum bequem, während ich mir warmes Wasser besorge, um den Rest von diesem Ton abzuwaschen. Dann werde ich dir zeigen, was ich meine.« Sie sah die Unentschlossenheit in seinem Gesicht. »Mach dir keine Sorgen. Keshna ist nicht in der Nähe. Ich habe sie nach Obershara geschickt, um Ziegel für Ranala zu machen. Der Erdboden ist endlich aufgetaut, und es ist ein guter Tag, um im Schlamm zu arbeiten.
     
    Nachdem Marrah die letzten Tonreste abgewaschen hatte, flocht sie ihr Haar zu einem Zopf und zog eine frische Tunika an. Als sie in den Gemeinschaftsraum zurückkehrte, sah Kandar, daß sie eine kleine, braun-schwarz glasierte Schale trug.
    »Fällt dir an dem hier etwas Besonderes auf?« fragte sie und stellte die Schale vorsichtig vor ihn auf den Boden.
    Kandar inspizierte die Schale und strich prüfend mit einem Finger über die Oberfläche und den Rand. Der gebrannte Ton war so glatt wie eine Eierschale. »Das hier sieht nach einem nomadischen Sonnenzeichen aus«, erklärte er und zeigte auf einen schwarzen Kreis, »und das hier auch. Ich wußte gar nicht, daß die Nomaden die Kunst des Töpferns beherrschen.«
    »Einige schon. Die Sonnensymbole an sich sind nicht bemerkenswert, aber fällt dir sonst noch etwas an dieser speziellen Schale auf?«
    »Nein. Aber es ist eine hübsche Schale, sehr schön gemacht.«
    »Genau. Für eine nomadische Schale ist sie viel zu kunstvoll gefertigt. Die Tonwaren der Nomaden sind plump und primitiv. Sie brennen sie bei niedrigen Temperaturen und härten sie mit zerstampften Muscheln oder stellen sie einfach zum Trocknen in die Sonne. Manchmal dekorieren sie die Außenwand eines Kruges mit Mustern, indem sie ein Stück Schnur in den feuchten Ton drücken oder mit einer Messerspitze Symbole einritzen, aber sie bemalen ihre Töpferwaren nicht.« Sie nahm ihm die Schüssel ab und betrachtete sie nachdenklich. »Diese Schale ist im Stil der Nomaden gemacht, aber nicht auf die Art und Weise der Nomaden gefertigt. Ich vermute, sie wurde in einem Sklavenlager gemacht, wahrscheinlich von irgendeiner armen Priesterin oder einem Priester, die bei einem Überfall gefangengenommen wurden.«
    »Wir hören schon seit längerer Zeit von diesen Lagern«, erwiderte Kandar, »aber wir haben bis jetzt nicht herausfinden können, wo sie sind.«
    »Jetzt wissen wir es – oder zumindest glaube ich, daß wir es wissen. Gestern am Spätnachmittag ist das erste Raspa der Sommerhandelssaison in den Hafen eingelaufen, und diese Schale hier war Teil seiner Fracht. Das Boot hatte noch andere von Sklaven hergestellte Dinge geladen: Wolldecken mit eingewebten Sternen und Pferden, so fein und zierlich, daß sie nur von jemandem gewebt worden sein konnten, der in einem Tempel ausgebildet wurde; wunderschön gearbeitete goldene Armbänder, geschmückt mit den sieben Symbolen des Gottes des Leuchtenden Himmels; einen Dolch mit einer Klinge aus einer ungewöhnlich harten Sorte von Kupfer, wie sie noch keiner in Shara je zuvor gesehen hat.
    Zuerst behaupteten die Händler, die Waren, die sie mitführten, wären nicht von Sklaven hergestellt worden, sondern von Mutterleuten, die aus eigenem freien Willen ausgezogen seien, um unter Nomaden zu leben. Ich habe ihnen das natürlich nicht geglaubt, deshalb habe ich die Händler in Shara willkommen geheißen, ihnen erklärt, wir würden uns überlegen, was wir ihnen im Austausch für die Waren anbieten könnten, und sie dann zu ihrem Boot zurückgeschickt. Dann habe ich Arang zum Strand hinuntergeschickt, mit dem Auftrag, ihnen das Eingeständnis zu entlocken, daß sie mit Waffen handeln, die in Sklavenarbeit

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