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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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anderen Händlern reist. Und Händler – wenn du die Güte haben würdest, mir zu verzeihen, daß ich auf diesem Punkt herumreite – treiben Handel. Ihre Raspas sind zwar schnell, aber sie legen auch in jedem kleinen Dorf an. Wir beide brauchen nichts weiter zu tun, als unsere Pferde zu holen und die Küste hinaufzureiten. Ich garantiere dir, daß wir Kandar und seine Kumpane finden, wie sie im Schneidersitz um ein Feuer sitzen und mit irgendeiner Dorfmutter um Kräuter und Muschelhalsketten feilschen.«
    Luma starrte sie an, verblüfft von der Brillanz ihres Plans. »Du bist die klügste Frau, die mir jemals begegnet ist«, sagte sie, »von raffiniert und verschlagen ganz zu schweigen.«
    »Ich tue mein Bestes«, erwiderte Keshna bescheiden.
     
    Etwas später an diesem Morgen ritten Luma und Keshna von Shara fort, ohne irgend jemandem ein Wort zu sagen. Kandar war ohnehin nicht mehr da, wie Keshna betonte, und Ranala hatte bislang noch keinen anderen zum Anführer der Nattern ernannt. Marrah hätten sie natürlich Bescheid sagen müssen; doch da Luma die feste Absicht hatte, nach Shamban zu reisen, ganz gleich, was ihre Mutter sagte, wäre es nur sinnlose Zeitverschwendung gewesen, sich wegen etwas zu streiten, das längst entschieden war.
    Sie ritten schnell, aber vorsichtig, und folgten einem der Überlandwege, der sich an den Ufern des Süßwassersees entlangzog. Dabei hielten sie die Augen nach Nomaden offen. Es war Frühlingsanfang und nicht mehr so früh im Jahr, daß nicht schon Nomadentrupps durch die Wälder streifen konnten. Obwohl sie damit rechnen mußten, jeden Moment überfallen zu werden, fand Luma es geradezu berauschend, wieder auf Shalrus Rücken zu sitzen. Der Wald, vom ersten grünen Hauch des Frühlings berührt, wirkte so kraftstrotzend und voller Leben wie ein junges Hengstfohlen. Ihre Pferde trabten knöcheltief durch blaßgelbe Krokusse, weiße Narzissen und blaue Hyanzinthen. Frösche quakten in jedem Teich, und in den Bäumen hockten Scharen von Teichrohrsängern und blaukehligen Drosseln.
    Sie ritten den ganzen Tag, bevor sie auf das erste kleine Dorf trafen, nur um festzustellen, daß Kandars Raspa bereits dort gewesen und wieder ausgelaufen war. Obwohl sie müde und hungrig waren, rasteten sie nur so lange, bis ihre Pferde getränkt und ausgeruht waren, dann brachen sie erneut auf. Das Glück war auf ihrer Seite. Sie ritten den größten Teil der Nacht. Am nächsten Vormittag erreichten sie das zweitgrößte Küstendorf nördlich von Shara, und als sie auf das Meer hinausblickten, sahen sie ein Raspa mit zusammengerollten Segeln auf den Wellen schaukeln.
    »Kandars Boot! « rief Luma. Sie drückte Shalru die Fersen in die Seiten und machte Anstalten, ins Dorf hinunterzutraben, doch Keshna trabte hinter ihr her, hielt Shalru am Zügel fest und zog ihn herum.
    »Nicht so schnell. Wenn du da runter reitest, sagt Kandar dir wahrscheinlich, daß du nicht mit ihm kommen kannst, und zwingt dich, auf direktem Weg zurück nach Shara zu reiten. Aber wenn du
zu Fuß gehst
und behauptest, du hättest kein Pferd, ist er entweder gezwungen, umzukehren und nach Shara zurückzusegeln –was er und die anderen Händler sicherlich nicht wollen –, oder er nimmt dich notgedrungen an Bord. Er weiß, das es viel zu gefährlich für dich ist, allein nach Shara zurückzuwandern.«
    »Mal angenommen, Kandar ist nicht sonderlich davon beeindruckt, mich zu Fuß zu sehen«, wandte Luma ein. »Angenommen, er weigert sich, mich mitzunehmen: Was tue ich dann? Soll ich den Rest des Frühlings und den ganzen Sommer in dem Dorf da unten hocken, Däumchen drehen und darauf warten, daß die Nattern eine Rettungsmannschaft ausschicken?«
    »Natürlich nicht. Ich warte im Wald und beobachte euch, bis du die Angelegenheit geregelt hast. Wenn Kandar sagt, er nimmt dich mit, winkst du mir zu, und ich reite allein nach Shara zurück. Wenn er nicht dazu bereit ist, kommst du einfach wieder hier herauf, und wir hecken einen anderen Plan aus. Nein, warte einen Moment, du kannst nicht winken, das wäre zu offensichtlich. Er wüßte sofort, daß ich hier oben warte. Ich hab's! Du machst einen Handstandüberschlag. Er sagt ›ja‹, und du schlägst vor lauter Freude einen Salto. Das sehe ich bestimmt, selbst aus dieser Entfernung.«
    »Keshna«, erwiderte Luma geduldig, »ich habe nicht die Absicht, mir den Hals zu brechen, ganz gleich, wieviel Vergnügen dir das bereiten würde. Ich bin noch nie gelenkig genug gewesen, um

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