Althalus
Graukutten nicht an Bestechungen interessiert waren und sich von Drohungen nicht einschüchtern ließen.
Als nach dem langen Winter endlich der Frühling nahte, erkannten die Edelleute, dass Exarch Bheid die Zügel in der Hand hielt. Es war an der Zeit, die Felder zu bestellen, doch die Bauernschaft verkündete, dass nicht ein Samenkorn ohne Bheids Erlaubnis gesät werden würde. Und Bheid hatte offenbar nicht die Absicht, diese Erlaubnis zu erteilen. Zunächst plusterten die Edlen sich entrüstet auf.
Bheid beachtete sie nicht.
In den südlichen Regionen von Perquaine wich der Winter dem Frühling zuerst. Der dortige Adel wurde immer verzweifelter, als seine Äcker unbestellt blieben. Seine Ersuchen an Exarch Bheid wurden zusehends drängender.
Bheid antwortete mit einer Reihe von »Vorschlägen«.
Die Edelleute bebten vor Zorn, als sie diese hörten.
Bheid zuckte die Schultern und kehrte nach Maghu zurück.
Während das Frühjahr voranschritt, wurden Bheids ursprüngliche »Vorschläge« zu Anordnungen, und einer nach dem anderen der inzwischen von Panik erfüllten Edlen von Südperquaine fügte sich widerwillig. Sie hielten sich auch an die Zugeständnisse, die Bheid ihnen entrungen hatte. Der Frühling war schon vorangeschritten, als
Bheid sich in den Norden begab und wie ein Schlachtross unerbittlich jeden niederwarf, der sich ihm in den Weg stellte. Mehrere der überheblichsten Edlen erklärten seine Anordnungen für unverschämt. Bheid lächelte nur und statuierte ein Exempel an ihnen. Rasch wurde offenkundig, dass Exarch Bheid es auch so meinte, wenn er »letztes Angebot« sagte. Eine Vielzahl riesiger Ländereien in Mittelperquaine blieben in diesem Jahr brach liegen.
Nach ein paar Wochen gab Bheid es auf, seine Fähigkeit zu erklären, an drei oder vier verschiedenen Orten fast gleichzeitig zu sein. Wilde Gerüchte über den neuen Exarchen verbreiteten sich wie Lauffeuer. Im Frühsommer brachte jeder dem »Heiligen Bheid« die allergrößte Ehrfurcht entgegen. Die Aristokratie war nicht sehr glücklich darüber, wie er die Tradition gebrochen hatte, doch die Betroffenen schwiegen wohlweislich.
»Es funktioniert jedenfalls«, murmelte Althalus zu sich.
»Fangt Ihr an, Selbstgespräche zu führen, Pappi?«, fragte Leitha, die gerade die Tür geöffnet hatte. »Ich hab nur laut gedacht«, antwortete er. »Ah, würde jeder das tun, würde ich nicht mehr gebraucht.
Dweia lässt Euch ausrichten, dass es Zeit zum Abendessen ist.« Ihre Stimme klang niedergeschlagen.
Althalus erhob sich und blickte das bleiche Mädchen forschend an. »Machen dir die Geschehnisse in Maghu immer noch zu schaffen?«, fragte er mitfühlend.
Sie zuckte die Schultern. »Es musste sein. Ich wünschte nur, die Aufgabe wäre nicht mir zugefallen.« »Du wirst mit der Zeit darüber hinwegkommen, Leitha«, versicherte er ihr.
»Trotzdem fühle ich mich jetzt auch nicht besser«, entgegnete sie. »Wir sollten hinuntergehen. Ihr wisst, dass Dweia es nicht mag, wenn wir zu spät zum Essen kommen.«
»O ja!«, bestätigte er, als sie die Treppe hinabstiegen. »Hat Bheid ein wenig geschlafen? Er sah völlig erschöpft aus, als er heute Morgen von Maghu zurückkam.«
»Er hat sich ins Bett gelegt. Ich weiß aber nicht, ob und wie lange er geschlafen hat. Er hat jetzt sehr viel zu tun.«
»Sicher, aber früher oder später muss er lernen, auch andere mit wichtigen Arbeiten zu betrauen. Er kann nicht alles selbst tun.«
»Das hat er noch nicht ganz begriffen«, bemerkte Leitha.
»Schade, dass Khalor nicht hier ist. Er könnte ihm besser als
sonst jemand erklären, wie er das anstellen muss.«
»Ich glaube nicht, dass Ihr momentan mit Dweia darüber reden solltet, Pappi. Als sie Khalor heimgesandt hat, erteilte sie ihm ein paar sehr genaue Anweisungen, was Eliars Mutter betrifft. Dweia zu bitten, ihn zurückzuholen, würde ihr wahrscheinlich nicht gefallen.«
»Ich habe mich schon gewundert, weshalb er so schnell verschwand.« »Jetzt wisst Ihr es. Ich an Eurer Stelle würde mich aber heraushalten.«
Dweia hatte für diesen Abend gebackenen Schinken aufgetischt, der so köstlich war wie immer. Soviel Althalus wusste, gab es keine Küche im Haus; zumindest hatte er noch nie eine gesehen. Aber aus nahe liegenden Gründen benötigte Dweia auch keine.
Bheid sah auch jetzt noch völlig erschöpft aus, doch Althalus beschloss, sich herauszuhalten und dem Gefährten keine guten Ratschläge zu erteilen. Offenbar musste Bheid selbst
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