Althalus
tragen.«
»Würdet Ihr bitte damit aufhören!«, schimpfte Andine.
»Verzeih«, bat Althalus. »Wie dem auch sei, ich verbrachte den ganzen Winter damit, Gosti Geschichten und Witze zu erzählen, an seinem Tisch zu essen - und mich verstohlen nach seiner Schatzkammer umzuschauen. Zuvor musste ich natürlich das Schloss zu diesem Ort der Reichtümer näher in Augenschein nehmen.«
»Natürlich.« Gher grinste.
»Als dann der Frühling kam und den Schnee auf den Bergpässen schmolz, hielt ich es für angebracht, Gosti und seinen Hausschweinen Lebewohl zu sagen. Eines Nachts suchte ich seine Schatzkammer heim und bekam den Schreck meines Lebens. Dieses Gerede über unendlichen Reichtum war tatsächlich nur Gerede. Es gab kein bisschen Gold in der Schatzkammer, nur Kupfermünzen und ein paar angelaufene Münzen aus Messing. Ich Pechvogel hatte einen ganzen Winter für nichts und wieder nichts vergeudet. Jedenfalls nahm ich mir so viel von Gostis Münzen, wie ich nur konnte, ohne dass sie mich behinderten, und stahl mich noch vor dem Morgengrauen davon.«
»Was hatte das mit Eurem Wolfsohrumhang zu tun?«
»Darauf wollte ich gerade kommen, Gher. Gosti war wirklich nichts weiter als der fette Häuptling eines unbedeutenden Stammes, und er sehnte sich verzweifelt nach Ruhm und Anerkennung. Ich gab ihm genau das, was er sich wünschte. Er verbreitete, ein Meisterdieb habe seine Schatzkammer geleert und schleppe nun mehrere Dutzend Säcke voller Gold mit sich. Er versprach eine Belohnung für meine Ergreifung und beschrieb unter anderem meinen wunderschönen Umhang. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als mich seiner zu entledigen.«
»Tragisch«, murmelte Leitha. »Diese Geschichte ist aber gar nicht gut ausgegangen«, meinte Gher traurig. »Nicht alle Geschichten haben ein glückliches Ende, mein Junge«, sagte Althalus. »Warum richten wir sie nicht so, dass sie ausgeht, wie sie ausgehen sollte.«
»Wenn ich die Geschichte das nächste Mal erzähle, könnte ich vielleicht ein paar Dinge ändern, damit sie ein besseres Ende hat«, erwiderte Althalus.
»Das hab ich nicht gemeint. Ich hab damit nicht sagen wollen, dass wir bloß die Geschichte ändern sollen, sondern die Dinge, die da passiert sind. Dann geht alles so aus, wie wir's wollen.« Gher runzelte leicht die Stirn. »Ihr habt damals Ghend noch nicht gekannt, oder?«
»Nein, ich habe ihn erst kennen gelernt, als ich schließlich aus Arum herauskam und mich zu Nabjors Lager in Hule begab. Ich wusste damals noch nicht einmal etwas von ihm, doch ich nehme an, er wusste von mir. Als er in Nabjors Lager auftauchte, erwähnte er, dass er mir seit Monaten gefolgt war. Aber was hat Ghend damit zu tun? «
»Ihr habt gesagt, dass er Euch gefolgt ist.«
»Das hat er jedenfalls behauptet.«
»Dann könnt's mit meiner Idee funktionieren. So lang er dort ist und hinter Euch her, können wir ihn vielleicht dazu benutzen, die Geschichte besser zu machen.«
»Gher«, rügte Bheid mit gequälter Miene. »Ich wollte, du würdest dich entscheiden. Redest du hier von der Geschichte oder von der Wirklichkeit?«
»Sind sie denn nicht ein und dasselbe? Ein wirklich guter Geschichtenerzähler ändert seine Geschichte immer, um sie besser zu machen. Und wo wir doch diese Türen gleich hier im Haus haben, können wir das ja auch mit der Wirklichkeit tun, nicht wahr?«
»Man kann nicht zurück in die Vergangenheit und sie dann ändern, Gher«, warf Andine ein.
»Warum nicht? Ghend hat das von Anfang an getan. Warum soll er allein den ganzen Spaß haben?« Gher kratzte nachdenklich seinen Lockenkopf. »Lasst mich noch ein bisschen daran arbeiten, Althalus. Ich hab so ein Gefühl, dass wir die Dinge so richten können, dass Ihr diesen Umhang behalten könnt, den Ihr so gern gemocht habt. Und vielleic ht, wenn ich ganz fest nachdenk', können wir gleichzeitig Ghend was Schlimmes passieren lassen.«
Eliar gähnte herzhaft. »Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich bin reif fürs Bett.« »Wir sollten alle zu Bett gehen«, meinte Dweia, »bevor Althalus mit einer weiteren Geschichte anfängt.« Althalus schlief in dieser Nacht sehr gut, doch Ghers Augen waren rot und geschwollen, als er sich gähnend zum Frühstück setzte.
»Fühlst du dich nicht wohl?«, fragte Dweia.
»Ich hab nicht gut geschlafen, Emmy«, antwortete er. »Es ist schwer einzuschlafen, wenn man so viel zum Nachdenken hat.« »Du brauchst deinen Schlaf, Gher«, ermahnte sie ihn. »Ich hol's schon wieder
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