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Altherrensommer

Altherrensommer

Titel: Altherrensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Malessa
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ermutigt seine Neugier und Experimentierfreude, sie lobt vielleicht sogar seine Vorgehensweise und das leckere Ergebnis – trotzdem ist da jemand in ihren angestammten Kompetenzbereich eingedrungen, will sich Grund und Boden eines Erbhofes aneignen, mischt sich ein und bringt alles durcheinander. Um nicht missverstanden zu werden: Ich meine nicht die Denke der 60er Jahre, als Töpfe und Pfannen in TV-Werbespots noch ins »Reich der Frau« empfohlen wurden, das vielzitierte Heimchen-am-Herd als Vorbild galt und siegreiche Frauenfußballerinnen ein Kaffee-Service geschenkt bekamen. Nein, nein. Paare, die heutzutage in ihren 60er Lebensjahren stehen, haben meist ein weitgehend beiderseitig berufstätiges und damit partnerschaftlich geteiltes (Haushalts-)Leben hinter sich. Trotzdem – und erst recht, wenn bis vor kurzem noch Kinder im Haus versorgt wurden
– »fühlt« sich die Mehrheit der Frauen zuständiger, verantwortlicher und vor allem kompetenter im Haushalt. Zu hören bekommt das der haushalts-hilfswillige männliche Partner, wenn die Instruktionen seiner Frau wie Naturgesetze klingen: »Es ist immer so, dass ...« »Man macht das ...«, »Man muss das ...« oder »Es wird normalerweise ...« Also nicht subjektiv oder gar verhandelbar sind: »Meiner langjährigen Erfahrung nach, Schatz, und der solltest Du vertrauen, geht es am besten wie folgt ...«, sondern objektiv und unerbittlich. Alternativlos eben. Zu spüren bekommt der neuerdings ganztägig haushalts-verfügbare Mann dabei, dass nicht alle Tätigkeiten gleich und schon gar nicht gleich gültig sind. Offenbar haben Dinge, die auf den ersten Blick völlig banal erscheinen, im Lauf der Jahre – von ihm natürlich unbemerkt – ein Ranking durchlaufen. Lebensmittel einkaufen z.B. ist viel höher angesiedelt als den Wagen zur Inspektion bringen. Mit viel Zeit und Muße tolle Geburtstagsgeschenke für die Kinder auszusuchen hat einen höheren Stellenwert als eine passende externe Sicherungsfestplatte für den Computer zu finden. Frühstückskrümel nicht mit der flachen Hand auf den Teppich zu wischen, sondern in die kleine Tischhandfegerschaufel bringt vormittags mehr Punkte als abends. Das Füllmaterial von zerbrechlichen Gegenständen aus Postpaketen nach Styropor und Pappe zu trennen, die Pappe und das Altpapier von Plastikbanderolen zu befreien, den Plastikmüll vom Lebensmitteleinkauf von kompostierbaren Essensresten und diese wiederum nach schnell faulenden und lang haltbaren zu unterscheiden – das ist in manchen Ehen »gefühlt« wichtiger, als die EC-Karte von der Kreditkarte und den Führerschein von der Zulassung unterscheiden zu können.

    Selbstverständlich ordnen auch Männer ihre Tätigkeiten im Haushalt nach einer inneren, meist unbewussten Prestige-Hierarchie. Es gibt Aufgaben, deren Erledigung bringt schnelle und dankbare Anerkennung (Spinnen entfernen, Rasen mähen, bevor es regnet, Klo putzen, Behördenformulare ausfüllen). Es gibt Aufgaben, deren Erledigung bemerkt kein Mensch (Schlafzimmer saugen, Keller entrümpeln, Altkleider aussortieren). Und, noch schlimmer, es gibt Aufgaben, die bringen Ansehensverlust. Erst recht, wenn jemand zuschauen könnte. Als »unbeliebteste Haushaltstätigkeit« nannten österreichische Familienväter 2005 »Fensterputzen außen«. 9 Warum Fensterputzen außen? Ganz einfach: Vorbeigehende Frauen denken »das wird ja doch nicht sauber«. Vorbeigehende Männer denken »die arme Sau«.

    Bittet sie ihn nun um die Erledigung einer Aufgabe, die bei ihr hochrangig notiert ist, bei ihm aber ganz weit unten rangiert – dann macht sich aus dunklen Herzenshinterhöfen eine Nachfrage auf den Weg, die es hoffentlich nicht bis über die Lippen schafft: »... oder ist das unter Deiner Würde?!« Unter seiner Würde? »Nein, natürlich nicht! Was gemacht werden muss, muss gemacht werden« lautet die einzig mögliche Antwort. Und warum auch nicht? Sie hat das schließlich jahrzehntelang auch klaglos gemacht und Haushaltstätigkeiten nach »niederen« weiblichen und »höheren« männlichen zu sortieren wäre ja noch schöner. Nein, natürlich ist nichts unter seiner Würde. Die Antwort ist ein bisschen gelogen. Denn während er hinter sich bringt, was unausweichlich ist (z.B. die Bodendeckerranken im Vorgarten abschneiden, damit sie nicht auf den Bürgersteig wuchern, und zuvor noch die Biomülltonne
von innen ausspritzen), gehen ihm ein paar sehr vernünftige Gedanken durch den Kopf und ein paar sehr

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