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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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schließlich auch noch ein »Verzeihung!« hinterher.
    »Ich hab’s gewusst, dass Sie heute hier Sauerkraut essen!«, sagte Plotek dann.
    Der Pater hat geschaut wie Plotek, wenn er nichts kapiert. Er ist quasi mit der Haxe auf dem Schlauch gestanden. Plotek ließ ihn zappeln. Und der Pater hat gezappelt, wie schon lange nicht mehr. Dann wagte er endlich den Sprung und fragte: »Wie meinen Sie das?«
    Er hat nicht gefragt: »Was wollen Sie damit sagen?« – nein, sondern das unverdächtigere »Wie meinen Sie das?«
    Obwohl Plotek natürlich sofort verstand, dass Martin überhaupt nichts checkte. Einerseits ist das mit vollem Magen verständlich, weil natürlich der ganze Organismus mit der Verdauung beschäftigt ist – da ist es mit dem Denken nicht weit her. Deshalb hat Plotek früher immer sechs Stunden vor jeder Theatervorstellung keinen Bissen mehr zu sich genommen. Der Magen war vollkommen leer. Null Verdauung, dafür rauchende Nasenlöcher und hundertprozentige Konzentration. Andererseits war da auch kaum etwas zu verstehen gewesen, weil was ganz anderes gemeint war, als ausgedrückt wurde. Natürlich ging es nicht um den Speiseplan vom Zwölf Apostel . Auch nicht um das Sauerkraut, sondern einzig und allein um Taktik.
    »Manchmal hab ich das«, sagte Plotek.
    »Manchmal weiß ich Dinge, die ich eigentlich gar nicht wissen kann. Tja, leider funktioniert das nur beim Essen und manchmal auch beim Sport.«
    Dann das Beispiel vom Champions-League-Endspiel. Und Glück gehabt, der Guardian war ein großer Fußballfan. Und doppelt Glück, er war auch noch Anhänger der Löwen, also von 1860 München. Wer sich im Fußball nur ein wenig auskennt, weiß, das ist der Traditionsfeind vom FCB. Deshalb ist eine Portion Schadenfreude bei Pater Martin aufgekommen, was schon die halbe Miete bedeutete.
    »Es soll ja welche geben, die über so eine Fähigkeit sogar ganz professionell verfügen!«, sagte Plotek dann etwas umständlich in die Freude von Martin hinein.
    Der hat heftig genickt. Und dann wieder mit vollem Mund gesagt: »Natürlich, der Pater Manuel zum Beispiel!«
    Wieder flogen Sauerkraut und Schweinshaxe durch die Luft.
    »Apropos!«, sagte Plotek jetzt. »Der Manuel, werter Guardian, ich weiß jetzt nicht, ob ich das. . . ob ich Ihnen das jetzt sagen kann?«
    Martin hat genickt und verhalten »Was denn?« gefragt.
    »Na ja, mein Gefühl sagt mir, mein lieber Guardian, dass die Passionsspiele auf der Kippe stehen.«
    »Warum denn? Läuft doch alles«, war der Pater nicht aus der Ruhe zu bringen.
    »Tja, das denken Sie, von der Ferne aus betrachtet. Aber wenn man genau hinschaut. . .«
    Pause von Plotek, quasi Spannungsaufbau, dann: »Katastrophe, ja dann ist das eine Katastrophe!« Plotek hat jetzt natürlich übertrieben. Aber da ist ihm ein gewisser Hang zur Dramatik entgegengekommen. Beim Pater war jetzt plötzlich die Ruhe dahin und die Haxe ist ihm beinahe im Hals stecken geblieben – hust, hust, hust Sauerkraut und Schweinefleisch flogen wie Schneegestöber durch die Luft. Dann hat er noch immer mit fast vollem Mund gefragt: »Warum?«
    Wieder Pause von Plotek. Dann, leiser als vorher:
    »Gerade eben ist schon wieder ein bedauerlicher Zwischenfall vorgefallen, werter Guardian. Der Arno war völlig aus der Fassung. Unbeschreiblich. Er war gar nicht mehr er selbst, also nur noch Angst, Verzweiflung und alles. Ich glaube, da ist etwas im Busch.«
    Pater Martin hat jetzt die Haxe zurück auf den Teller gelegt und geschaut, als ob es schon wieder einen Toten gegeben hätte. Eine plötzliche Appetitlosigkeit hat ihn überwältigt, von jetzt auf nachher.
    »Herr Guardian, ich weiß nicht, aber ich glaube, der Manuel hat als Regisseur doch . . . wie soll ich sagen . . . na ja, schwere Defizite eben. In Glaubensfragen ist Manuel sicherlich eine Koryphäe. Aber die Kirche ist nicht das Theater, obwohl hier wie dort mehr oder weniger inszeniert wird. Manuel inszeniert aber eher weniger. Dem entgleitet das Ganze, und Sie wissen ja, bei der Verfassung vom Spielleiter Niederbühler ist das ganz schön problematisch.«
    »Aber. . . aber. . . was . . . was . . . ist denn da . . . ist denn . . . jetzt zu tun?«, hat Pater Martin nur noch gestammelt.
    »Vielleicht sollte ich den Manuel, also ich meine jetzt nur als Angebot, vielleicht sollte ich den Manuel mal unter meine Fittiche nehmen . . .«
    »Gute Idee!«, ging Martin sofort dazwischen, als ob ihm damit ein Stein vom Herzen gefallen wäre.
    Dann hat er sofort unter

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