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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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die Lupe nehmen? Warum? Was sollte das bringen? Viel zu gefährlich. Also weiter warten. Weiter nervös sein.
    Kommissar Fischer musste informiert werden. Ich tastete nach meinem Handy. Es lag im Wagen. Prima lag es da!
    Zurücklaufen? Und wenn er in der Zwischenzeit herauskam? Mit einem Kumpel zum Beispiel?
    Nicht zurücklaufen, Max. Stehen bleiben.
    Ich sah auf die Uhr. Die Minuten verstrichen. Drei Stockwerke zählte das Haus. Der Putz fleckig, das Dach schadhaft. Kein konkreter Hinweis, wer hier leben könnte.
    Und wenn Mister X zum Frühstücken hier war? Man plauderte, kochte Kaffee nach, plötzlich war Mittag vorbei, und vor der Tür hatte sich ein unentschlossener Privatflic beim Warten einen Wolf geholt.
    150 Meter bis zu Gertrud, 150 Meter zurück. Wie lange würde ich brauchen? Zwei Minuten? Es würde sich lohnen. Der Kommissar musste benachrichtigt werden.
    Aber ich ging nicht. Ich wartete noch ein bisschen. Gleich würde ich …
    Da kam er. Der Mörder. Die Haustür wurde geöffnet, und er trat heraus.
    Fast hätte ich einen Fluch ausgestoßen. Der Bart war ab! Kein Bart, keine Schirmmütze, sogar den Mantel hatte er ausgezogen. Dafür war sein Koffer prall gefüllt. Was sollte diese Maskerade?
    Schon wollte ich zum Mini zurück, als ich innehielt. Der Mann blieb an der Tür stehen. Nach einem Blick auf die seitlich angebrachten Namensschilder drückte er eine der oberen Klingeln.
    Nun begriff ich gar nichts mehr.
    Gemeinsam warteten wir, der Unbekannte und ich. Er läutete ein zweites Mal. Dann beugte er sich nach vorne, um an der Gegensprechanlage zu lauschen. Eine Unterhaltung begann. Ich sah, wie er gestikulierte, wie er die Lippen bewegte. Hörte sogar einzelne Wortfetzen, verstand aber nichts.
    Gebannt beobachtete ich dieses seltsame Schauspiel. Warum läutete der Kerl an einem Haus, das er soeben mit einem Schlüssel betreten hatte?
    Gespräch beendet. Mister X drehte sich um und ging. Im Gehen zog er ein Handy hervor und tippte eine Nummer ein.
    Das war das Letzte, was ich sah. Ich nahm beide Beine in die Hand und rannte los.
    150 Meter! Das Risiko war zu groß. Vielleicht schaffte ich es bis zu Fattys Mini, vielleicht nicht. Ich brach ab und kauerte mich zwischen zwei parkende Autos. Mein Atem ging schnell. Kurzer Blick zurück. Da kam er auch schon. Es musste ein kurzes Telefonat gewesen sein. Er steckte das Handy ein, schaute nach links und rechts, dann ging er zu seinem Kadett, startete und fuhr los.
    Ich wartete in meinem Versteck, bis der Wagen außer Sicht war. Die nächste Entscheidung stand an: ihm nach oder hierbleiben? Aber diesmal gab es nicht viel zu entscheiden. Sein Vorsprung war bereits zu groß. Wenn er vorne an der Czernybrücke eine grüne Ampel erwischte, würde ich ihn niemals einholen. Mit etwas Glück erwischte ich ihn vorm Hotel Clara wieder.
    Also zurück zur Sackgasse. Wie vorhin spähte ich zunächst um die Hausecke. In der Tür stand einer. Ein schwammiger Typ mit langen Haaren. Er sah in meine Richtung, verzog das Gesicht, kratzte sich am Bauch. Dann nahm er einen Einkaufsprospekt von einem Stapel, der vor der Tür lag, und ging lesend ins Haus zurück.
    Der nächste Sprint stand an. Ich erwischte die Haustür, als sie eben ins Schloss fallen wollte. Eine Hand am Türrahmen, wartete ich, bis sich meine Atmung beruhigt hatte. Links die Klingelleiste mit sechs Namensschildern. Ganz oben ›Schwarz‹, darunter ›Klemm‹. Geräuschlos trat ich ein. Zwei Stockwerke über mir wurde eine Tür zugeworfen.
    Im Hausflur roch es säuerlich. Ein Kinderwagen stand herum, an der Wand kündete ein großes Anschlagbrett von Bestimmungen und Bußgeldern. Ich stieg eine Treppe mit stumpfen Marmorstufen nach oben in den zweiten Stock. Zwei Türen. Auf der linken ein Zettel mit dem Namen ›Schwarz‹, rechts kein Hinweis. Ich legte ein Ohr an die rechte Tür und lauschte. Nichts. Totenstille. Der Unbekannte hatte eine der oberen Klingeln betätigt, so viel hatte ich aus der Entfernung gesehen. Und er hatte Antwort erhalten. Wenn nicht aus dieser Wohnung, dann aus der nebenan.
    Ich läutete bei Schwarz. Schlurfende Geräusche, dann öffnete der aufgeschwemmte Typ von eben. Er war höchstens mittelgroß, hatte kleine, gerötete Augen und ein gespaltenes Kinn. Was er über der Stirn an Haaren verlor, machte er im Nacken durch Länge wett. Vom Kämmen und Waschen hielt er offenbar wenig, vom Färben umso mehr. So ein Nachname verpflichtete.
    »Was gibts?«, fragte er

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