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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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könnte uns beiden nützen.«
    »Dachte ich mirs doch.« Er schüttelte den Kopf. »Wo man auch ermittelt, der Koller hat seine Finger drin.«
    »Was kann ich dafür? Außerdem ist es mir egal, ob Sie kooperieren möchten. Ich erzähle Ihnen trotzdem von meinem Auftrag, unter dem Siegel der Verschwiegenheit natürlich, und bitte Sie um einen sachkundigen Kommentar. Einverstanden?«
    Er nickte.
    Also erzählte ich. Der Kommissar hörte schweigend zu, mittendrin stand er einmal auf, machte sich an einem Eichenschrank zu schaffen und kehrte mit einem Zigarillo an den Tisch zurück. Er schob sich das Ding kalt in den Mundwinkel, anschließend kratzte er sich ab und zu an der Nase. Seine Frau kam herein, schenkte uns ein verzücktes Groupielächeln und stellte eine Kaffeekanne nebst zwei Tassen vor uns ab.
    Nachdem ich mit meinem Bericht fertig war, schwieg Fischer noch eine ganze Weile. Ich goss uns ein. Meine Tasse war randvoll, trotzdem sah ich problemlos bis auf den Grund. Zu blöd, dass die Türken damals vor Wien gestoppt worden waren. Bis in die Kurpfalz hatte sich ihre Kaffeekultur jedenfalls nicht verbreitet. Ich rührte ein wenig in der Tasse herum, aber es half nichts. Von Kaffeebohnen hatte dieses Wasser nur im Vorbeidampfen gehört.
    »Flavio Petazzi«, lachte Fischer grimmig. »Wenn ich diesem Herrn einmal in einer dunklen Gasse begegne, vergesse ich meinen Beamteneid und all das andere auch. Das schwöre ich Ihnen. Wie der unseren Laden aufgemischt hat! Nichts gegen einen Vater, der sein Kind verloren hat. Aber muss man deswegen den Innenminister aus einer Sitzung scheuchen, damit er uns die Hölle heißmacht?«
    »Den Innenminister von Baden-Württemberg?«
    »Ach was, den des Bundes. Schäuble persönlich! Gestern hatten wir das zweifelhafte Vergnügen, unseren Polizeidirektor mit schlotternden Knien zu erleben. Er hat sie alle aufgehetzt, dieser Petazzi, alle in Aufruhr gebracht, den Verfassungsschutz, die Justiz, die Politik. Er und seine dämliche Verschwörungstheorie! Niemand traut sich, ihm ins Gesicht zu sagen, welche Demütigung dieser Quatsch für die Opfer und ihre Familien darstellt. Erst werden sie erschossen, und dann ruft man ihnen nach, dass sie bloß Kollateralschäden sind. Weil dem großen Flavio Petazzi jemand ans Bein pinkeln wollte. Angeblich!«
    »Ich habe ihm das auch nicht gesagt. Das mit der Demütigung, meine ich.«
    »Auf Sie hätte er auch nicht gehört. Die da oben hätten es tun müssen, die auf Augenhöhe mit Petazzi. Aber die waren ganz damit beschäftigt, ihm schonend beizubringen, dass man seine Theorie vorerst zurückstellen würde. Das hat schon gereicht, um eine Eiszeit im deutsch-italienischen Verhältnis zu beschwören.«
    »Jetzt übertreiben Sie aber.«
    »Übertreiben, ich? Sie kennen mich nicht, Herr Koller. Petazzi macht ein Politikum aus dem Anschlag. Kein Wunder, er ist ja auch Politiker, und was für einer! Sitzt praktisch in der Berlusconi-Regierung, investiert in Deutschland, und die Kulturkarte zieht er natürlich auch. Seine Tochter würde sich vermutlich schämen, wenn sie wüsste, was für einen Zinnober ihr Vater anstellt.«
    »Aber er hat keinen Erfolg damit, trotz allem. Oder glaubt bei Ihnen jemand an seine Theorie?«
    »Halten Sie uns für bescheuert?«, knurrte er, den Zigarillo beiseitelegend. »Wir haben Besseres zu tun, als uns über derartige Albernheiten den Kopf zu zerbrechen.« Er griff nach seiner Tasse und hob sie zum Mund; ich tat es ihm mechanisch nach, zögerte aber vor dem ersten Schluck.
    »Was ist Ihre Aufgabe bei der ganzen Sache, Herr Fischer? Die Leitung der Ermittlungen liegt doch wohl in der Hand des BKA .«
    »Ich«, sagte er und setzte die Tasse ab, »bin in diesem Fall nur ein ganz kleines Rädchen. So klein, dass es gern übersehen wird. Meine Mitarbeiter und ich sind der Rubrik Täteridentifikation zugeordnet. Das heißt, wir sammeln alle zugänglichen Informationen über den Schützen. Wir sprechen mit den Zeugen und werten Filmmaterial aus.«
    »Hoppla«, entfuhr es mir. Ich hatte mich an die Brühe seiner Frau gewagt. Ihr Sauerbraten war bestimmt eine Wucht, aber das Zeug hier schmeckte nach angebranntem Kalkwasser.
    »Ja, da staunen Sie«, sagte Fischer, meinen Kommentar missinterpretierend. »Es gibt tatsächlich Aufnahmen vom Samstagabend. Der Auftritt dieser Volksmusikheinis wurde mitgeschnitten. Ein Vierfachmord, digital und in Farbe. Wäre das nichts für Sie?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Doch, schauen Sie ihn

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