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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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zusammen, Koller, sonst sind Sie schneller wieder draußen, als Sie denken.«
    »Tut mir leid, in meinem Alter lässt man sich leicht provozieren.«
    »Wer provoziert hier wen?«, fauchte der Blonde. »Was Sie sich heute geleistet haben, das nenne ich Provokation. Jeder hier im Haus nennt das eine Provokation. Wenn ich jetzt auf den Flur marschiere und Ihren Namen ausrufe, dann steht aber in Sekunden das komplette …«
    »Herr Sorgwitz!«, brüllte Fischer. »Setzen Sie sich hin!«
    Zähnefletschend leistete der Kampfhund Folge.
    »Kann mich mal jemand aufklären?«, fragte ich. »Was für eine Provokation? Ich kapiere überhaupt nichts mehr.«
    »Heute schon Zeitung gelesen?«, erwiderte Fischer und wischte die Kaffeespritzer mit dem Ärmel seines Jacketts vom Tisch.
    »Nein.«
    Greiner und Sorgwitz sahen sich an. Plötzlicher Spannungsabfall, so schien es mir. Weniger Elektrizität in der Luft.
    »Wirklich nicht?«, hakte der Rottweiler nach.
    »Nein, verdammt! Rede ich chinesisch, oder was? Proben Sie gerade ein absurdes Theaterstück?«
    Wortlos nahm Greiner eine Zeitung von der Ablage und reichte sie mir. Es war ein Exemplar der Neckar-Nachrichten von heute, aufgeschlagen auf der ersten Seite des Lokalteils. Ich starrte mir selbst ins Gesicht.
    »Hilfe«, flüsterte ich.
    Greiner ließ ein tiefes Zufriedenheitsgluckern hören, Sorgwitz atmete aus. Ja, das gefiel den beiden: wie ich da saß, Aug in Auge mit meinem eigenen Konterfei, und vor Scham im Boden versinken wollte.
    »Das darf nicht wahr sein«, lamentierte ich. »Wecken Sie mich auf, Herr Fischer. Ich träume schlecht.«
    Der Kommissar nippte schweigend an seinem Becher. Seine Miene war unergründlich.
    »Tja«, sagte Greiner und rieb sich die Hände. »Wenn das die neue Strategie von euch Privaten ist, dann könnt ihr euch schon mal auf was gefasst machen.«
    Ich sah ihn leidend an. »So etwas wünschen Sie nicht mal Ihrem ärgsten Feind.«
    »Wieso? Ist doch prima PR für Sie. Nur sollten Sie sich nächstes Mal von Petazzi eine Visagistin zahlen lassen.«
    Sorgwitz erhob sich wortlos und stellte ein Fenster auf Kipp. Seine Gesichtsfarbe hatte sich wieder normalisiert.
    Meine eher nicht. Über dem Foto, das Nerius am gestrigen Morgen von mir geschossen hatte, stand ›Privatdetektiv auf Mörderjagd‹. Und darunter: ›Die Suche nach dem Amokschützen vom Uniplatz wird intensiviert. Als Reaktion auf die dürftigen Ermittlungsergebnisse der Behörden hat sich der Vater des ausländischen Opfers Beatrice Petazzi entschlossen, den prominenten Heidelberger Privatdetektiv Max Koller einzuschalten. Seit dem Mordfall Barth-Hufelang, in dem er eine entscheidende Rolle spielte, gilt Koller als Mann für die speziellen Aufträge. Offenbar soll er Spuren verfolgen, die auf einen gezielten Anschlag hindeuten könnten. Herr Petazzi, einer der bekanntesten Politiker Italiens, kündigte gegenüber den Neckar-Nachrichten an, er werde jede erdenkliche Summe bereitstellen, die das unfassbare Verbrechen aufzuklären helfe. Das sei er als Vater seiner Tochter schuldig.‹ Gezeichnet war das Ganze mit dem Kürzel ›red‹.
    Ich ließ die Zeitung sinken und wandte mich ab. Dann sah ich wieder hin, und der Artikel und das Foto waren immer noch da. Sie würden auch dort bleiben, egal, was ich anstellte, sie lagen zu Zigtausenden auf den Frühstückstischen der Region, wurden gelesen, beäugt, verlacht und kommentiert. Ich wusste nicht, was schlimmer war: die alberne Lobpreisung meiner Taten, der Affront gegenüber Polizei und Justiz oder das peinliche Foto. Vielleicht doch das Foto. Es erinnerte mich an die Fische, die einem aus dem Fenster der Nordsee-Filiale in der Hauptstraße entgegenglotzten: Eis unter der Kinnlade und das Preisschild im Rücken. Nur, dass Fische immer gut rasiert sind.
    »Ich fasse zusammen«, sagte Fischer. »Sie sehen diese Meldung zum ersten Mal. Man hat Sie in diesen PR-Gag offensichtlich nicht eingeweiht.«
    »Nein, verdammt!«, schrie ich und sprang auf. »Ich hätte das auch nie erlaubt. Bin doch nicht blöd! Auf so eine Art von Publicity kann ich verzichten. Da hätte man gleich das Foto eines Kriegsheimkehrers nehmen können!«
    Greiner ließ wieder sein zufriedenes Grunzen hören. Grinsend lehnte er sich an die Wand und packte einen Kaugummi aus. Sogar über die freudlose Miene seines blonden Kollegen irrlichterte ein grimmiges Schmunzeln.
    Neben Fischers Schreibtisch stand ein Papierkorb. Der kam mir gerade recht. Ein Tritt, und er flog

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