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Alzheimer und Demenzen

Alzheimer und Demenzen

Titel: Alzheimer und Demenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prof. Dr. Sabine Engel
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Doch durch seine frühe Demenzerkrankung hat er sich sehr verändert: Er kann viele praktische Dinge nicht mehr, ist ängstlich geworden, möchte nur noch zu Hause bleiben und zieht sich immer mehr von den Menschen zurück. Jetzt, da auch sie in Rente gegangen ist, muss sie sich von ihren Zukunftsplänen verabschieden:
    »Ich war fast 40 Jahre lang berufstätig und habe mich so auf die freie gemeinsame Zeit mit meinem Mann gefreut. Und jetzt bin ich in Rente gegangen, und habe einen Mann daheim, mit dem ich nichts mehr unternehmen kann. Ich brauche wohl noch lange Zeit, bis ich mich damit abgefunden habe!«
    Bei einem solchen Abschied auf Raten kann es zu sehr widersprüchlichen Empfindungen bei den Angehörigen kommen. Wenn eine Demenzerkrankung den Betroffenen so in seiner Persönlichkeit und seinem Wesen verändert, dass er nicht mehr viel gemeinsam hat mit dem Menschen, der er früher einmal war, er aber physisch ja noch da ist, noch der »Alte« ist, kommt es zu diesem paradoxen und widersprüchlichen Erleben, das für viele Angehörige zum Alltag gehört. Solch widersprüchliche Erlebnisse sind Grenzsituationen, die äußerst schwer zu begreifen sind und nicht selten Schuldgefühle hervorrufen! Als Angehörige wünsche ich mir den »früheren« Menschen zurück, hätte lieber den »früheren« Menschen bei mir als den »jetzigen«, wünsche mir vielleicht sogar manchmal den Tod des »jetzigen«, damit ich endlich vollständig um ihn trauern kann. Und gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass mein Wunsch einem Verrat an ihm gleichkommt, der daher massive Schuldgefühle bei mir auslöst.

Sich schuldig fühlen
    Viele Angehörige empfinden Schuld angesichts der Situation, in der sie leben: Eigentlich würden sie gerne etwas ändern – aber sie können es nicht. Eigentlich würden sie gerne ihrem geliebten Menschen hundertprozentige Aufmerksamkeit schenken – aber das geht oft gar nicht. Obwohl sie nicht wirklich schuldig sind, haben sie dennoch ein schlechtes Gewissen.
    Als Angehörige empfinde ich vielleicht immer wieder Schuldgefühle gegenüber dem Kranken und frage mich dabei aber möglicherweise gleichzeitig, wodurch diese Schuldgefühle eigentlich verursacht werden: Immerhin gebe ich mir doch Mühe und unterstütze ihn und helfe ihm nach meinen Möglichkeiten! Und trotzdem empfinde ich ein Schuldgefühl – warum nur? Um diese Gefühlsregung verstehen zu können, ist es sehr hilfreich, eine Unterscheidung zu kennen, die aus der Psychoanalyse stammt: So unterscheidet z. B. der Autor Mathias Hirsch zwischen einer realen Schuld, die ein Mensch auf sich lädt durch ein wirkliches Vergehen bzw. ein sträfliches Unterlassen, und einem unrealistischen, irrationalen Schuldgefühl.
Schuldgefühl, weil ich nichts ändern kann
    Als Angehörige ist es sicherlich das irrationale Schuldgefühl, das mich oft quält, für welches eben charakteristisch ist, dass ich es empfinde, obwohl ich mir keiner echten Schuld und keines Vergehens bewusst bin. Unrealistische Schuldgefühle haben meist tiefere psychische Ursachen: So kann man eine Wurzel dieses Schuldgefühls darauf zurückführen, dass ich als Angehörige hilflos und ohnmächtig mit ansehen muss, dass ein anderer mir nahe stehender Mensch eine lebensbegrenzende Krankheit hat. Man nennt dieses Gefühl, das ja wirklich unbegründet ist, weil ich ja gar keine Schuld an der Situation des anderen habe, Überlebensschuld.
    »Ich kann ihr nicht helfen.«
    Sehr belastend sei für ihn, so offenbart sich ein Mann, der seine demenzkranke Mutter zu Hause versorgt, dass er ihr nicht helfen kann: »Für mich ist das größte Problem, dass ich mich so machtlos fühle. Ich kann ihr nicht wirklich helfen. Sie steht oft nur da, sieht sich hilfesuchend um, aber ich weiß nicht, wie ich ihr helfen kann. Dieses Schuldbewusstsein, dass ich ihr nicht helfen kann, ist wirklich schlimm für mich!«
Schuldgefühl, da ich meine Ideale nicht erreiche
    Eine andere Form von Schuldgefühl entsteht, wenn ich als Angehörige etwas tue, was nicht meinen eigenen Idealen und Vorstellungen von mir entspricht. So möchte ich vielleicht immer für den Kranken da sein, ihn in alle Entscheidungen, die ihn und sein Leben betreffen, mit einbeziehen, geduldig und einfühlsam mit ihm umgehen, und selbst widerstandsfähig genug sein, um die Auswirkungen seiner Demenzerkrankung akzeptieren und aushalten zu können. Doch in der täglichen Versorgung und Betreuung stelle ich fest, dass ich diesen Idealen nicht gerecht

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