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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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erstaunt.
    Denn es ist eine neue Zeit angebrochen. Drei Tage sind gerade einmal vergangen, trotzdem hat sich alles verändert. Keiner weiß, was nun werden wird. Göran nicht, Ellen nicht, Billy nicht, aber an diesem schönen Juniabend gibt es in der Küche den Hauch einer unausgesprochenen Zusammengehörigkeit, ja genau, Zusammengehörigkeit .
    Und dann kam er natürlich. Nicht nur einmal, sondern des Öfteren in den nächsten Tagen. Den nächsten Wochen.
    Im Laufe des ganzen Sommers, während Harry offiziell verschwunden war. Es ist wie sonst auch und gleichzeitig ganz anders. Bei mindestens einer Gelegenheit kann sie sich nicht beherrschen und genießt es. Er merkt es, und es erfüllt ihn mit Stolz. Aber keine Worte, keine unnötigen Gesten, Klein-Burma ist generell ein Hort des Schweigens.
    Aber es gibt unterschiedliche Arten des Schweigens.
    Auch Ingvor schaut vorbei, das ist seit vielen Jahren nicht mehr vorgekommen.
    Und Ingvor beteiligt sich nicht am Schweigen. Im Gegenteil. Für sie sind Worte wichtige Werkzeuge. Was glaubst du, will sie wissen und nimmt Kaffee und Marmorkuchen an. Wo ist er nur hin? Hat er sich nicht gemeldet?
    Über eine Woche ist vergangen, als sie diese Fragen stellt. Die Sommerferien haben begonnen, und am Ende von Kaffee und Kuchen lädt sie Billy zu einem Probebad im Pool ein. Ellen auch, versteht sich.
    Antworten hat Ellen jedoch nicht zu bieten, und Billy hat keine Lust, schwimmen zu gehen. Der Grund ist natürlich sein Körper, und dass er solch ein schlechter Schwimmer ist. Im Gegensatz zu seiner Cousine und den Cousins, die sich im Wasser wohlfühlen wie Fische.
    Ein paar Tage später gehen sie trotzdem hin. Gemeinsam schwimmen das Schwein und die Maus ein paar Bahnen im hellblauen, chlorgesättigten Wasser. Obwohl sie sich nicht mehr wie das Schwein und die Maus fühlen, und erst lange danach, hier oben in der Wildnis und so viele Jahre später, fallen ihr die Tiernamen wieder ein.
    Nun überquert sie den kleinen Höhenzug, und am Fuß des Hangs taucht die Pension auf. Sie liegt in dieser grandiosen, unberührten Natur so schön. Die mächtigen Berge im Hintergrund, die an einem klaren Tag wie diesem ganz nah zu sein scheinen und deren Konturen sich vom leuchtend blauen Himmel rasiermesserscharf absetzen. Kein Wunder, dass die Leute hierherkommen, denkt Ellen und beschattet ihre Augen mit der Hand. Kein Wunder, dass ich mich hersehne, obwohl ich doch schon hier bin.
    Aber man kann sich tatsächlich nach etwas sehnen, was man schon hat, das hat sie irgendwo gelesen.
    Manche anderen Dinge, manche Situationen und Sequenzen aus diesem Sommer erscheinen ihr ab und zu genauso scharf wie die Konturen der Berge an diesem Morgen. Zum Beispiel die erste Begegnung mit der Polizei.
    Ingvors und Görans Aufforderung folgend hatte sie angerufen und gemeldet, dass Harry verschwunden ist. Das geschieht am Mittwochabend, und am Freitag tauchen sie bei ihr auf.
    Ein älterer und schweigsamer kleiner Mann, der offenbar das Sagen hat, ein jüngerer mit kurz geschorenen roten Haaren. Keiner der beiden trägt eine Uniform, der jüngere macht sich mit einem Bleistift Notizen in einem schwarzen Block, während sie gemächlichen Schrittes auf dem Hof und im Haus umhergehen. Das Wetter ist schön.
    Es ist kurz nach Mittag, Billy ist gerade von der Feierstunde am letzten Schultag heimgekommen. Sie selbst hat sich im Eisenwarengeschäft aus beiden Gründen einen Tag freigenommen: letzter Schultag und der Besuch der Staatsmacht. Das ist kein Problem gewesen, vor allem nicht, nachdem sie Lindgren erzählt hat, dass ihr Mann verschwunden ist.
    Der Ältere, Schüchterne stellt Fragen, und der Rothaarige notiert ihre Antworten, ja, so ist es wirklich. Alles, was sie sagt, scheint er in seinem kleinen Block festzuhalten, und er meldet sich immer nur zu Wort, um sie zu bitten, etwas zu wiederholen.
    Ist das ein Verhör?, denkt sie. Läuft das so ab?
    Aber sie fragt nicht. Es ist sicher üblich, dass sie das eine oder andere überprüfen müssen, wenn jemand als vermisst gemeldet wird, denkt sie sich.
    Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?, will der kleine Graue wissen.
    Samstagabend, antwortet sie. Aber wo er nach dem Essen hin ist, weiß ich nicht.
    Er hat nichts gesagt? Kein Wort darüber verloren, dass er die Absicht hatte, irgendwohin zu gehen?
    Nein.
    Haben Sie sich gestritten?
    Nein.
    Wie war er?
    Er war wie immer.
    Und er ist an dem Abend nicht ins Bett gegangen?
    Nein.
    Was haben Sie gedacht?
    Ich

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