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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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gewesen?«
    »Ja«, antwortete Billy. »Sie fährt da oft hin.«
    »Ach, wirklich?«, sagte Barbarotti. »Fährt Sie immer in dieselbe Pension?«
    »Ich glaube schon. Sie kennt da jemanden.«
    »Worüber haben Sie noch gesprochen, als sie anrief?«
    »Nichts Besonderes. Sie wollte nur wissen, wie es uns ging und so.«
    »Hat sie gesagt, wie lange sie in Nordschweden bleiben wollte?«
    »Nein. Eine Woche, glaube ich. Vielleicht auch zwei.«
    »Wissen Sie, wo sie jetzt ist?«
    »Meine Mutter?«
    Wer sonst, dachte Barbarotti. »Ja, genau«, sagte er. »Ihre Mutter, Sie wissen nicht zufällig, wo Sie sich momentan aufhält?«
    Billy Helgesson ließ die Arme vom Brustkorb sinken und zuckte mit seinen voluminösen Schultern. »Ist sie nicht zu Hause?«
    »Nein«, sagte Barbarotti.
    »Oder in Lappland?«
    »Nein, da ist sie abgereist.«
    »Dann habe ich keine Ahnung, wo sie ist.«
    Ausgezeichnet, dachte Barbarotti. Dann wissen wir das. Und wie sollen wir dieses inspirierende Gespräch nun fortsetzen?
    »Wissen Sie vielleicht, ob Ihre Mutter Bekannte hat, die sie öfter mal besucht?«, fragte er. »Ich meine jetzt nicht in dieser Pension. Da oben ist sie ja nicht mehr. Ich müsste sie sprechen und weiß nicht, wo ich sie finden kann.«
    Billy kratzte sich eine Weile im Nacken, ehe er antwortete. »Sie hat eigentlich nicht so viele Bekannte. Nein, keine Ahnung.«
    Barbarotti wechselte das Thema. »Wie kommt es, dass Sie in Stockholm gelandet sind? Sie sind doch in Kymlinge und Hallsberg aufgewachsen.«
    »Ich war hier bei der Armee«, antwortete Billy. »Und dann habe ich Juliana kennen gelernt.«
    »Sie haben Ihren Wehrdienst in Stockholm abgeleistet?«
    »Ja. Beim Regiment K1.«
    Barbarotti überlegte, ob er Billy Helgessons Erinnerungen an seinen Wehrdienst hören wollte, und beschloss, dass sie keine Rolle spielten.
    »Was damals auf Klein-Burma geschehen ist, muss für Sie ja ganz schrecklich gewesen sein«, sagte er stattdessen. Er wusste nicht genau, warum er plötzlich bei dieser Frage gelandet war, eigentlich hatte er beschlossen, das Thema zu vermeiden. Billy war erst zwölf gewesen, als es passierte, und Barbarotti wusste, dass die Polizei mit ihm gesprochen hatte, man aber nichts aus ihm herausbekommen hatte. Es gab keine Vernehmungsprotokolle, nur Berichte darüber, dass man mit ihm gesprochen hatte. Zu sprechen versucht hatte – und wenn es stimmte, dass er damals mehr oder weniger stumm gewesen war, wunderte einen das natürlich nicht.
    »Ja«, antwortete er nun. »Aber ich will nicht darüber reden.«
    »Das kann ich verstehen«, erklärte Barbarotti. »Es war ja wirklich fürchterlich, ist Ihnen gut geholfen worden, darüber hinwegzukommen?«
    »Lisbeth und Gunder haben sich um mich gekümmert«, sagte Billy Helgesson.
    »Das weiß ich«, meinte Barbarotti. »Und Ihren leiblichen Vater, wie haben Sie ihn in Erinnerung?«
    Dies war noch so eine Frage, die er eigentlich gar nicht hatte stellen wollen, aber jetzt hatte er sie gestellt. Billy Helgesson schwieg eine ganze Weile und betrachtete erneut seine Hände, die gefaltet in seinem Schoß lagen.
    »Er war ein Schwein«, sagte er schließlich. »Ich mochte ihn nicht.«
    »Aber Ihre Mutter mögen Sie?«
    »Ja«, antwortete Billy Helgesson, »aber ich habe jetzt meine eigene Familie.«
    Barbarotti beschloss, es damit gut sein zu lassen.
    Ehe er die Blekingegatan verließ, hatte er auch noch Gelegenheit, einige Worte mit Juliana Peters zu wechseln. Sie und ihre Tochter kehrten mit jeweils einer Einkaufstüte zurück, als er im Flur stand und sich gerade von Billy Helgesson verabschiedete.
    Sie standen in der Küche, hinter geschlossener Tür, während sie diese Worte wechselten; sie hatte darauf bestanden, nicht er.
    »Ich möchte Ihnen etwas erklären«, sagte sie. »Ich habe Billy geheiratet, weil ich einen Mann brauchte, der mich verteidigen konnte und bei dem ich mich sicher fühlte. Bevor wir uns kennenlernten, habe ich Dinge durchgemacht, auf die ich nicht eingehen möchte. Bis ich Billy begegnete, hatte ich eine schwere Kindheit und ein schweres Leben. Ich weiß, dass er ist, wie er ist, aber er ist ein guter Vater und ein guter Mann. Er lässt mich nie im Stich. Ich wollte nur, dass Sie das wissen.«
    »Danke«, sagte Barbarotti. »Ich glaube, ich verstehe.«
    Dann hatte er sie gefragt, ob sie vielleicht eine Idee hatte, wie er sich mit Ellen Bjarnebo in Verbindung setzen könnte, aber in diesem Punkt konnte ihm Juliana Peters ebenso wenig weiterhelfen

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