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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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mich nicht. In Rocksta, heißt es nicht so?«
    »Dann haben Sie Arnold Morinder also niemals richtig kennen gelernt?«
    »Nein.«
    Er schwieg und betrachtete seine großen Hände. So fühlt man sich bestimmt, wenn man einen Skiläufer aus dem lappländischen Abisko interviewt, dachte Barbarotti. Dessen Skistöcke gebrochen sind und der als Letzter ins Ziel gekommen ist, warum auch immer man so jemanden überhaupt interviewen sollte? Jetzt bin ich schon wieder voreingenommen, stellte er fest. Ein Skiläufer und eine Speerwerferin? Nein, Billy Helgesson war viel zu groß und schwer, um ein Skiläufer zu sein. Er schloss kurz die Augen und versuchte, irgendeine Art Faden aufzugreifen.
    »Wann war das? Als Sie Ihre Mutter und Arnold Morinder besuchten?«
    Billy Helgesson dachte nach. »Weiß nicht«, antwortete er. »Vor fünf, sechs Jahren vielleicht. Bevor er verschwand.«
    Mir ist schon klar, dass du ihm nicht begegnet bist, nachdem er verschwand, dachte Barbarotti. »Wie war er?«, fragte er.
    »Er war ziemlich klein«, antwortete Billy Helgesson.
    »Und Sie sind ihm nur dieses eine Mal begegnet?«
    »Ja«, sagte Billy Helgesson.
    »Wie fanden Sie ihn?«
    »Gut«, antwortete Billy Helgesson.
    »Okay«, sagte Barbarotti. »Haben Sie viel Kontakt zu Ihrer Mutter?«
    »Nicht so viel.«
    »Was bedeutet das?«
    »Hä?«, sagte Billy Helgesson.
    »Ich möchte nur wissen, wie oft Sie sich sehen. Ob Sie häufig miteinander sprechen und so?«
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Vielleicht, weil ich Ihre Hilfe benötige«, schlug Barbarotti vor.
    Billy zögerte. Wechselte die Sitzhaltung auf der Couch und räusperte sich.
    »Wir sehen uns nicht so oft«, erklärte er. »Sie ruft regelmäßig an. Nein, oft sehen wir uns wirklich nicht.«
    »Ich war gestern in Hallsberg«, erzählte Barbarotti. »Habe mich eine Weile mit Lisbeth Mattson unterhalten. Aber vielleicht haben Sie zu ihr ja auch nicht so viel Kontakt?«
    Billy Helgesson verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe meine eigene Familie«, sagte er.
    »Juliana und Julia?«
    »Ja.«
    »Wie war das, in Hallsberg aufzuwachsen. Bei Lisbeth und Gunder.«
    »Das war gut«, sagte Billy Helgesson.
    »Inwiefern?«
    »Sie haben sich um mich gekümmert. Sie waren in Ordnung.«
    Barbarotti machte eine Pause und trank einen Schluck Kaffee. Hoffte, dass Billy etwas aus eigener Kraft sagen würde, aber es kam nichts. Die vor der breiten Brust verschränkten Arme schienen sein Selbstwertgefühl allerdings ein wenig gestärkt zu haben. Ich habe meine eigene Familie.
    »Als Arnold Morinder verschwand«, fuhr Barbarotti optimistisch fort, »da müssen Sie doch ziemlich oft mit Ihrer Mutter gesprochen haben?«
    »Nein«, antwortete Billy Helgesson. »Nicht besonders oft.«
    »Dann haben Sie sich nie darüber unterhalten, was mit ihm passiert sein könnte?«
    »Nein.«
    »Aber Sie wussten davon?«
    »Ja.«
    »Woher?«
    »Ich glaube, sie rief mich an. Es stand auch in der Zeitung. Aber sie hatte nichts damit zu tun.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Ich weiß es. Sie hat es mir gesagt.«
    »Sind Sie mal in dieser Fischerhütte zu Besuch gewesen?«
    »Welcher Fischerhütte?«
    »Ihnen ist nicht bekannt, dass Ihre Mutter und Arnold Morinder ein Sommerhaus besaßen?«
    Er zögerte. »Doch, vielleicht … ist er von da mit seinem Moped weggefahren?«
    »Ja«, antwortete Barbarotti. »Zumindest glauben wir das. Aber Sie wissen nicht mehr darüber?«
    »Nein«, sagte Billy Helgesson und schüttelte vorsichtig seinen großen Kopf. »Das tue ich nicht.«
    »Nun ja«, meinte Barbarotti. »Lassen wir das. Wann haben sie das letzte Mal mit Ihrer Mutter gesprochen? Kommt sie öfter zu Besuch?«
    Das waren zwei Fragen statt einer, und Billy Helgesson dachte eine ganze Weile nach, ehe er antwortete.
    »Wir feiern immer Weihnachten«, sagte er. »Dann kommt sie manchmal vorbei. Julianas Cousine auch, ja, letztes Jahr zu Weihnachten waren sie beide hier.«
    »Julianas Cousine und Ihre Mutter?«
    »Ja.«
    »Und wann haben Sie Ihre Mutter zuletzt gesehen?«
    »Da«, sagte Billy Helgesson.
    »Weihnachten?«
    »Ja.«
    »Aber seither haben Sie mit ihr telefoniert?«
    »Oh ja«, antwortete Billy Helgesson mit Nachdruck. »Natürlich.«
    »Wissen Sie noch, wann das letzte Telefonat war?«
    Er dachte wieder nach.
    »Das war vor ein paar Wochen. Sie wollte nach Lappland fahren.«
    »Ja, genau«, sagte Barbarotti. »Wenn ich es richtig verstanden habe, ist sie oben in der Gegend von Vilhelmina

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