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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Das ist fast zu viel, dachte Barbarotti, blieb unterhalb des Hotels Hilton stehen und versuchte, alles in tiefen Atemzügen einzusaugen. Einzuatmen und sich zu eigen zu machen, wie man so sagte: die Hauptstadt durch die Nase. Sein Blick folgte einer unbekannten Kirchenspitze ins Blau hinauf, war es vielleicht die Deutsche Kirche?
    Hältst du dich dort auf, Marianne , fragte er – ins Blaue hinein und erkannte im selben Moment, dass er Aufmerksamkeit erregen könnte. Was jedoch nicht der Fall zu sein schien. Was soll’s und völlig egal, dachte er, die Leute quatschen ja auch die ganze Zeit in ihre Handys, so dass jeder mithören kann, der will. Mit den Toten und schmerzlich Vermissten zu sprechen, war nun wirklich nichts, wofür man sich schämen musste. Hallo, meine Geliebte, siehst du mich hier unten?
    Er verkniff sich dennoch ein Winken und vernahm auch keine deutliche Antwort – eventuell abgesehen von einem leichten Druck rund um das Innerste seines Herzens, aber vielleicht reichte das schon. Konnte man mehr verlangen? Er setzte seinen Weg in die Altstadt fort, schlängelte sich durch die Touristenhorden auf dem Järntorget und gelangte in die Österlånggatan; streunte gemächlich nordwärts, während er darüber nachdachte, wie er die Nachmittagsstunden verbringen wollte. Sie hatten verabredet, dass er sich um fünf mit Sara und Max im Park Humlegården treffen sollte; jetzt war es gerade einmal Viertel vor eins, und auch wenn er einen Schlüssel bekommen hatte und ihm die Wohnung in der Vikingagatan gefiel, hatte er doch keine Lust, an einem Tag wie diesem im Haus zu bleiben. Djurgården vielleicht? Oder irgendein Park? Auf dem Rücken im Gras unter einer frisch ausgeschlagenen Ulme oder Kastanie? Dort würde er sich ganz zwanglos noch ein wenig mehr mit Marianne unterhalten können. Warum nicht?
    Er entschied sich für eines der Parkcafés im Kungsträdgården, das dem Wasser am nächsten gelegene – zumindest fürs Erste, und hinterher sollte er sich fragen, ob es nicht doch stärkere Mächte in diesem verführerischen Sommerhimmel gab, als er sich eingebildet hatte, als er vor einer Weile bei Slussen stand und innerlich Marianne anrief.
    »Hallo! Sie sind es doch, nicht?«
    Eine junge Frau. In Saras Alter, etwa fünfundzwanzig? Jeans, ein rotes T-Shirt mit einem lachenden Clowngesicht. Ein unsicheres Lächeln in ihrem eigenen.
    »Ich weiß nicht recht …?«
    »Anna«, sagte sie. »Natürlich sind Sie es … Barbarotti nicht wahr?«
    »Ja«, bekannte er. »Das stimmt.«
    »Entschuldigen Sie. Anna Gambowska. Wie hießen Sie noch mit Vornamen?«
    »Gunnar.«
    »Ja, richtig. Was für ein lustiger Zufall, dass ich Ihnen ausgerechnet heute begegne. Obwohl Sie sich natürlich nicht mehr an mich erinnern, stimmt’s?«
    »Nein, ich glaube nicht … obwohl, warten Sie mal …«
    Ihr Lächeln wurde breiter. »Okay. Dann wollen wir mal sehen, wie es um das Gedächtnis des Herrn Polizisten bestellt ist. Wenn ich Ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfen darf, dann ist das … ja, dann ist das jetzt vier Jahre her. Jedenfalls fast.«
    »Wie war noch mal Ihr Name?«
    »Anna. Anna Gambowska.«
    »Aha?«, sagte Barbarotti. »Dann erinnere ich mich sehr wohl. Aber sind Sie es wirklich? Sie haben sich … ich meine …«
    »Verändert?«
    »Ja. Obwohl, als ich Sie da unten sah in … wo war das noch? In Maardam? Da waren Sie auch nicht in allerbester Verfassung … wenn Sie entschuldigen, dass ich das sage.«
    Sie lachte. »Nein, ich weiß. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    »Ja, natürlich. Entschuldigen Sie …«
    Sie setzte sich. »Tja, das ist immerhin schon ein paar Jahre her. Man könnte sagen, dass sich die Dinge seither verändert haben. Äh … ich störe doch nicht?«
    »Ganz und gar nicht«, beteuerte Barbarotti. »Möchten Sie etwas haben? Ich habe einen Kaffee und ein Brot bestellt, aber noch nichts bekommen.«
    Sie schüttelte den Kopf und sah auf die Uhr. »Das schaffe ich nicht, auch wenn es wirklich nett wäre. Ich bin verabredet … aber wenn Sie zwei Minuten Zeit hätten?«
    »Ja, natürlich.«
    »Es ist wirklich seltsam, dass ich Ihnen begegne … ausgerechnet heute, meine ich.«
    »Aha? Und warum?«
    Sie steckte eine Hand in ihre schwarze Stofftasche, hielt inne und schien zu zögern.
    »Nein, das wäre vielleicht nicht richtig.«
    Barbarotti breitete die Arme aus. »Anna, ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen.«
    Sie wirkte auf einmal ernst. Gerunzelte Stirn und verkniffener Mund. »Nein,

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