Am Anfang des Weges
Schlafsack.
Siebenundzwanzigstes Kapitel
Es ist wieder passiert. Manchmal haben wir in unserer eigenen Haut so viel Angst wie nirgends sonst.
Alan Christoffersens Tagebuch
In der Nacht wachte ich von dem Geräusch von Hagel auf. Es war ein eindrucksvoller Sturm, und trotz des dichten Schutzes der Bäume hörte es sich an, als würden einhundert Kugelhämmer auf das Dach der Hütte trommeln. Murmelgroße Eisbälle flogen zum Fenster herein und prallten wie Popcorn von den Wänden ab, bevor sie sich in frostigen weißen Haufen in einer Ecke sammelten. Das Feuer schwelte noch; die Asche glühte und zischte von Zeit zu Zeit von dem Hagel. Ich überlegte, ob ich das Feuer noch einmal entfachen sollte, entschied mich jedoch dagegen. Es war zu kalt, um aus meinem Schlafsack zu kriechen.
Auf einmal gehorchte mir mein Körper nicht mehr. Meine Kehle war wie zugeschnürt, meine Haut rötete sich, und mein Herz begann zu rasen. Es war nicht das erste Mal, dass ich eine Panikattacke hatte. Als kleiner Junge war es mir in den Monaten nach dem Tod meiner Mutter oft so gegangen. Ich erzählte meinem Vater nie davon. McKale war die Einzige, die davon wusste. Sie war die Einzige, die mich in solchen Augenblicken getröstet hatte. Jetzt geschah es ihretwegen. Oder wegen der Lücke, die sie hinterlassen hatte.
Ein paar Minuten saß ich einfach nur zitternd da. Ich fasste mir mit einer Hand an die Brust und umklammerte mit der anderen den Ring, den ich an einem Kettchen um den Hals trug.
Dann wühlte ich im Dunkeln in meinem Rucksack, bis ich McKales Mieder fand. Ich zog es heraus und vergrub mein Gesicht darin. Durch den Seidenstoff rief ich: »Warum hast du mich verlassen? Warum hast du mir das Versprechen abgenommen zu leben?«
Es kam keine Antwort außer dem hämmernden Hagel. Ich zog mir den Schlafsack über den Kopf und versuchte, wieder einzuschlafen. Ich konnte nicht aufhören zu zittern.
Ich kann mich nicht erinnern, eingeschlafen zu sein, aber bei Tagesanbruch wachte ich auf. Der Hagel hatte aufgehört. Ihm war heftiger Regen gefolgt. Ich setzte mich auf. Mein Rücken schmerzte von dem harten Boden. Ich kletterte aus meinem Schlafsack und saß ein paar Minuten einfach nur da und lauschte auf den Regen. Dabei sah ich zu, wie sich ein steter Wasserstrom über die östliche Wand ergoss und sich als See in der Nähe des Kamins sammelte. Meine Brust schmerzte noch immer von der vergangenen Nacht.
Zum ersten Mal wünschte ich, ich hätte mein Handy noch. Ich fühlte mich einsam. Ich wollte mit jemandem reden. Ich war nicht wählerisch: mit jedem, der zuhören würde.
Nicht nur mein Rücken und meine Brust taten weh. Mein ganzer Körper schmerzte. Aber die Schmerzen kamen nicht vom Laufen, und mir war auch nicht schlecht. Jedenfalls nicht körperlich.
Ich sah hinaus in den Regen und seufzte. Ich verspürte kein Bedürfnis, mich wieder auf den Weg zu machen. Allerdings würde es noch unangenehmer sein, weiter in einer feuchten, schimmeligen Bude zu sitzen und zu grübeln.
Außerdem hatte ich fast nichts mehr zu essen. Ich wühlte in meinem Rucksack und förderte die Energieriegel zutage. Ich nahm einen davon, riss die Verpackung auf und verschlang ihn. Danach aß ich auch noch den zweiten, sodass nun auch mein letzter Vorrat aufgebraucht war. Ich warf die Verpackungen auf den Boden – mein Beitrag zu dem Nest. Das Feuer musste ich nicht löschen. Das hatte der Regen bereits erledigt.
Ich zog meinen Poncho über den Parka, setzte meinen Hut auf, schulterte meinen Rucksack und ging in den Sturm hinaus. Der Waldboden war dunkel und schlammig, und Fetzen grüner Blätter übersäten die Erde, zerschreddert vom Hagel der vergangenen Nacht.
Als ich aus dem Schutz des Baldachins der Bäume trat, trommelte der Regen laut auf meinen Hut und meinen Poncho. Meinen Hut liebte ich wirklich. Er machte mich glücklich. Ich konnte mir gut vorstellen, wie die Aussies mit ihren Akubra-Hüten im Outback Schafe oder Kängurus oder was auch immer zusammentrieben, während der Regen auf sie herunterprasselte und ihnen über die Hutkrempen auf die Schultern lief. Je mehr es regnete, desto mehr liebte ich meinen Hut. Ich fragte mich, ob ich in Key West lächerlich damit aussehen würde.
Es herrschte kaum Verkehr. Vielleicht war es nur zu früh dafür, vielleicht waren alle anderen aber auch einfach schlauer als ich und waren zu Hause geblieben. Die Straße führte noch immer bergab, wenn auch nicht mehr so steil wie auf den ersten Meilen
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