Am Anfang des Weges
verzehren – zwei in Alufolie gewickelte Burritos, die ich mir in der Feinkostabteilung des Food Lion gekauft hatte.
Ich staunte, wie sehr sich die Landschaft ringsumher verändert hatte. Hier war das Gelände weit, offen und flach, ein scharfer Kontrast zu dem steil abfallenden Berghängen und den dichten Wäldern, die mich in der letzten Woche auf Schritt und Tritt begleitet hatten. Auf einer flachen Straße zu wandern ist weitaus leichter, als Berge zu besteigen, aber alles in allem betrachtet waren mir die Berge dennoch lieber. Ich mochte die Sicherheit und Ruhe des Waldes.
Kurz vor Wenatchee legte ich wieder eine Pause ein und nahm ein schlichtes Abendessen zu mir, ein Baguette mit Erdnussbutter, die ich mit meinem Schweizer-Armee-Taschenmesser verteilte. Das Stadtzentrum war so weit entfernt vom Highway, dass ich keinen Zwischenstopp in Wenatchee einlegte. Endlich nach Spokane zu kommen war mir wichtiger. In dieser Nacht schlief ich in einer Apfelplantage unter freiem Himmel.
Dreißigstes Kapitel
Ein langer Marsch heute, hauptsächlich durch Obstplantagen. Die Landschaft hat sich völlig verändert. Diese Gegend ist flach, als wäre Mutter Natur mit einem Nudelholz über die Erde gegangen.
Ich habe angehalten, um einer Frau zu helfen, die Probleme mit ihrem Wagen hatte.
Alan Christoffersens Tagebuch
In der Nacht begann es wieder zu regnen, und gegen drei Uhr morgens stand ich auf und baute mein Zelt auf. Darin wurde ich allmählich immer geschickter. Als ich im Morgengrauen wieder aufwachte, hatte der Nieselregen aufgehört, aber der Boden war aufgeweicht, und als ich die Obstplantage verließ, waren meine Schuhe mehrere Zentimeter dick mit Schlamm verkrustet. Ich kratzte und schüttelte ihn ab, so gut ich konnte, und machte mich wieder auf den Weg.
In Orondo City gabelte sich die Straße, und ich bog nach Osten ab, in Richtung Waterville und Spokane. Ich befand mich in der Schnalle des Obstgürtels von Washington. Mehr als nur die Landschaft hatte sich verändert. Auch die Kultur war eine andere geworden. Mir fiel auf, dass die meisten Ladenschilder auf Spanisch waren.
Ich aß ein Brötchen mit Wurst und Ei an einer Tankstelle nahe der Abzweigung nach Waterville, und ich war der Einzige dort, der nicht Spanisch sprach.
Ein paar Meilen weiter wurde die Landschaft hügeliger, und auf dem Großteil der Strecke verlief der Highway rechts neben einer tiefen Schlucht. Es gab nur einen schmalen Fußweg. Der Highway war nass, und ich wurde von fast jedem Wagen bespritzt, der vorbeifuhr. Die Straße führte wieder bergauf – fast so steil wie an dem Pass –, und ich stellte fest, dass ich in der Zwischenzeit deutlich kräftiger geworden war, da ich mein Tempo kaum verlangsamen musste.
Zwei Stunden später begann es wieder zu regnen. Ich blieb stehen, streifte meinen Poncho über und ging weiter.
In einer der engeren Bergkurven stand ein Wagen am Straßenrand neben dem Schutzgeländer. Der Kofferraum stand offen, und die Warnlichter des Wagens blinkten. Kein guter Ort für eine Panne , dachte ich. Als ich näher kam, sah ich, dass der Wagen, ein silbergrauer Malibu, auf einem Wagenheber stand. Zwei Reifen lagen daneben auf dem Boden, der platte und ein Ersatzreifen.
Ich trat an das Fahrerfenster. In dem Wagen saß eine Frau. Sie war etwa in meinem Alter, vielleicht ein bisschen älter. Sie hatte blondes, schulterlanges Haar und hielt ein Handy in der Hand. Ein Lufterfrischer mit Kiefernduft und ein Kruzifix baumelten von ihrem Rückspiegel. Am Armaturenbrett klebte das Foto eines kleinen Jungen.
Die Fahrertür war verriegelt und das Fenster hochgefahren. Ich klopfte ans Fenster, und sie zuckte zusammen.
»Brauchen Sie Hilfe?«, fragte ich.
Sie kurbelte ihr Fenster ein paar Zentimeter herunter.
»Wie bitte?«
»Brauchen Sie vielleicht Hilfe?«
»Nein«, sagte sie ängstlich. »Mein Mann ist in die Stadt gegangen, um Hilfe zu holen. Er müsste gleich zurück sein.«
»Okay.«
Ich weiß nicht, warum ich einen Blick auf ihre linke Hand warf, aber mir fiel auf, dass sie keinen Ehering trug. Ich überlegte, ob ich einfach weitergehen sollte, aber es war noch nie meine Art, eine Frau in Not allein zu lassen, schon gar nicht auf einem solch gefährlichen Straßenabschnitt. Ich betrachtete ihren platten Reifen. »Hören Sie, Sie sind hier nicht sicher. Offenbar haben Sie einen Ersatzreifen. Wenn Sie nur einen Platten haben, kann ich den Reifen wechseln.«
Sie zögerte, hin- und hergerissen zwischen ihrer
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