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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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Wald und den Gefahren, die sich darin verbargen, sondern sie hatte auch schreckliche Angst, dass sie zu spät kommen könnte. Dass Alexander bereits tot war, und das wäre dann ihre Schuld. Otis lief so schnell, dass sie rennen musste, um mit ihm Schritt zu halten. Doch so sehr sie sich auch danach sehnte, sich auszuruhen, wurde sie irgendwann ungeduldig, weil er alle paar Minuten stehen blieb, sich umsah und lauschte.
    „Wir müssen uns beeilen, Otis! Warum bleibst du ständig stehen?“
    „Ich lausche nur, ob ich ihre Pferde höre. Es könnte sein, dass sie auch die Abkürzung nehmen, und ich habe Angst vor der Nachtwache. Wenn sie mich noch mal nachts hier erwischen, machen sie was viel Schlimmeres mit mir, als mich nur zu verprügeln.“
    Josephine wollte nicht glauben, dass ihr Bruder Otis etwas antun würde, wenn sie dabei war. Aber andererseits hatte sie gehört, wie er den Mord an Alexander geplant hatte, und der war weiß. „Ich habe solche Angst, Otis. Wenn die Reiter vor uns da sind, werden sie ihn töten!“
    „Beten Sie, Missy Josephine?“
    Bevor Jo antworten konnte, lief Otis weiter, aber die Wahrheit war, dass sie gar nicht daran gedacht hatte zu beten. Sie hatte seit Monaten nicht mehr gebetet. Warum auch, wo Gott sie doch nicht zu hören schien oder ihr zumindest nicht antwortete? Otis warf einen Blick über seine Schulter, um zu sehen, ob sie ihm noch folgte, und sagte: „Ich bete auch, Missy Josephine.“
    Lieber Gott, bitte, fing sie lautlos an zu flehen – dann hielt sie inne. Was hatte Alexander über das Beten gesagt? Er hatte gesagt, dass Gott die Gebete nicht erhören konnte, wenn sie um etwas bat, das gegen seinen Willen war. Aber gewiss war es nicht Gottes Wille, dass Alexander starb, nicht wahr? Oder dass ihr Bruder und die anderen einen Mord begingen.
    Himmlischer Vater … Die Worte trieben ihr Tränen in die Augen, weil sie an ihren eigenen Vater denken musste. Er war streng gewesen, wenn es nötig gewesen war, aber er war auch gütig und liebevoll gewesen und hatte Josephine gerne gegeben, worum sie ihn gebeten hatte, wenn es etwas gewesen war, das gut für sie war und ihr nicht schadete. Und so war ihr himmlischer Vater sicherlich auch. Endlich verstand sie, was Alexander ihr beizubringen versucht hatte: Gott hatte ihre Gebete während des Krieges nicht erhören können, wenn es bedeutete, dass seine anderen Kinder, die Sklaven, dadurch Schaden genommen hätten.
    Auf einmal wusste Josephine, dass Gott bei ihr und Otis in diesem dunklen, furchterregenden Wald war, und sie flehte ihn stumm an als sein Kind. Himmlischer Vater, bitte hilf uns. Bitte hilf uns, rechtzeitig bei Alexander zu sein, um ihn zu warnen. Er versucht, den Schwarzen zu helfen, Herr. Er liebt dich und er versucht, dir zu gehorchen, indem er hierhergekommen ist und seine Feinde liebt und uns beim Wiederaufbau hilft. Sie griff nach Otis Hemdsaum und bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten, während die Tränen immer schneller fielen und ihr die Sicht raubten. Ich liebe ihn, Vater. Ich liebe Alexander Chandler und ich weiß, dass du es auch tust, und ich will nicht, dass ihm etwas zustößt.
    Das Labyrinth aus Bäumen wurde allmählich lichter, als sie die andere Seite des Waldes erreichten. Sie mussten also beinahe am Stadtrand angekommen sein. Wieder blieb Otis stehen, aber diesmal war Josephine ihm für die Pause dankbar. Sie war es nicht gewohnt, sich körperlich anzustrengen, und so war sie ziemlich erschöpft.
    „Bis hierhin kann ich gehen“, flüsterte Otis. „Es tut mir leid, aber von hier bis zur Stadt ist zu viel freie Fläche.“
    Die Nacht war so dunkel, dass Jo keine vertrauten Orientierungspunkte erkennen konnte. Sie schien nicht in der Nähe irgendeiner Straße zu sein. Konnte sie dies alleine schaffen?
    Sie musste. Sie wollte nicht, dass Alexander starb. „Ich war noch nie in seinem Büro, Otis. Ich bin mir nicht einmal sicher, wo es ist.“
    „Bleiben Sie auf diesem Weg, bis Sie zu den Schienen kommen, und –“
    „Weg? Was für ein Weg?“
    „Das hier ist die Strecke, die Rufus und Roselle und die anderen zur Schule gehen. Sehen Sie?“ Josephine musste sich bücken und den Boden genau untersuchen, um den schmalen Trampelpfad zu sehen, der aus dem Wald und über das von Unkraut überwucherte Feld führte. „Behalten Sie diesen Weg im Blick, dann kommen Sie zu den Schienen. Biegen Sie dann ab und folgen Sie den Gleisen bis zum Büro. Es ist ein kleines Steingebäude hinter dem

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