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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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sie an und endlich schienen ihre Worte zu ihm durchzudringen. „Gut, gut … Ich hole meine Stiefel …“ Er lief in sein Zimmer und sie hörte ihn darin rumoren.
    Bitte, lieber Gott. Bitte gib uns noch ein paar Minuten, damit wir fliehen können.
    Wenig später erschien Alexander wieder mit Schuhen an den Füßen. Er schob die Arme in die Ärmel eines Hemds. „Was geht hier vor, Josephine?“
    „Ich kann es jetzt nicht erklären. Wir müssen hier weg … Nein, nein, vorne raus. Durch den Vordereingang.“ Sie war sich sicher, dass sie hinter dem Haus wieder ein Wiehern gehört hatte.
    Er ging ihr voran in sein Büro und blieb dann stehen, um sich umzusehen. „Es gibt ein paar Akten, die ich retten sollte –“
    „Dazu ist keine Zeit!“
    „Aber wenigstens die Schulbücher. Ich werde nicht zulassen, dass sie wieder verbrennen.“ Er nahm eine hölzerne Kiste, leerte ihren Inhalt auf den Fußboden aus, nahm einen Stapel Bücher von seinem Schreibtisch und warf sie in die Kiste. Josephine half ihm, indem sie einen zweiten Bücherstapel hineinlegte.
    „Kommen Sie bitte, Alexander! Los!“ Sie hastete zur Tür und öffnete sie einen Spaltbreit, um hinauszuspähen, während sie gegen den Drang ankämpfte, so schnell wie möglich aus dem Büro zu rennen. Der Schotterweg vor dem Gebäude schien menschenleer zu sein. Das Gleiche galt für die Hauptstraße vor dem Bahnhof. Josephine entdeckte hinter dem Bahnhof eine Nische, in der ein Gepäckwagen stand, und zeigte darauf. „Da drüben! Dort können wir uns verstecken. Schnell!“
    Sie stürzte mit angehobenem Rock in die Dunkelheit hinaus und versuchte, nicht über ihre bleiernen Füße zu stolpern. Es kam ihr vor, als wäre sie in einem Albtraum gefangen, in dem sie versuchte zu rennen, aber nicht vom Fleck kam. Alexander folgte ihr und bewegte sich sogar noch langsamer, weil er die schwere Bücherkiste trug. In der Nähe fing ein Hund an zu bellen, um Alarm zu schlagen. Endlich erreichten sie die Nische und sanken keuchend in den Schatten unter dem Gepäckwagen.
    „Josephine, was in aller Welt –“
    „Schhh!“
    Zwei Männer waren tief geduckt aus dem Dunkeln hinter dem Büro für Freigelassene aufgetaucht. Sie gingen zu der Tür, durch die Ale-xander und sie gerade geflohen waren – die Tür, die sie dummerweise hatten weit offen stehen lassen –, und sahen sich um. „Die werden Sie umbringen, wenn sie uns finden“, flüsterte sie.
    Jo fragte sich, was in Alexander vorging, jetzt, wo er wusste, dass er verfolgt wurde und dass seine Feinde versuchten, ihn zu ermorden. Er war hergekommen und arbeitete für das Amt für Freigelassene, weil er glaubte, dass er damit den Befehl Jesu befolgte, seine Feinde zu lieben. Stellte er in diesem Augenblick seinen Glauben infrage? Alexander weigerte sich, eine Waffe zu tragen oder sich zu verteidigen – bereute er diese Entscheidung vielleicht jetzt?
    Josephine nahm seine Hand und umklammerte sie fest, als zwei weitere Gestalten in der offenen Tür erschienen. Sie mussten das Haus durchsucht und festgestellt haben, dass es leer war. Alle vier Männer standen eine Weile still und suchten mit ihren Blicken den verlassenen Bahnhof ab. „Wir können nicht hierbleiben“, flüsterte Josephine. „Sie werden das Bahngelände durchsuchen.“
    „Wo können wir uns verstecken?“
    Sie zögerte kurz, dann sagte sie: „In der Kirche. Oder auf dem Friedhof dahinter, falls die Tür abgeschlossen ist.“ Sie ließen die Kiste mit den Büchern stehen und krochen durch die Büsche, die das Gebäude umgaben, bis sie vom Büro aus nicht mehr zu sehen waren. Während sie den kurzen Weg zur Kirche zurücklegten, fingen zwei weitere Hunde an zu bellen. Jo und Alexander versuchten, sich bestmöglich hinter irgendwelchen Bäumen und Büschen und Zäunen zu verstecken, während sie weiterstolperten und beteten und sich an den Händen hielten.
    „Nicht durch die große Tür“, flüsterte Josephine. „Es gibt einen Nebeneingang, der in die Sakristei führt.“ Bitte lass sie offen sein, betete sie lautlos. Bitte beschütze uns.
    Die Tür war nicht verschlossen. Erleichtert atmete Josephine aus. Sie verspürte einen Anflug von Hoffnung. Bis jetzt hatte Gott alle ihre Gebete erhört. Er war bei ihr gewesen, hatte ihr geholfen, hatte ihnen beiden geholfen. Sie schloss die Tür hinter ihnen und blieb einen Moment lang stehen, um nach Luft zu schnappen. Dann begegneten ihre Blicke einander und im nächsten Augenblick war sie in seinen Armen

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