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Am Anfang war das Chaos

Am Anfang war das Chaos

Titel: Am Anfang war das Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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als er meinte. Die Haryie hüpfte als erste in den dunklen Schacht. Als Helmond, bei Caronj laufend, einige Schritte gemacht hatte, heulte ein kurzer, scharfer Wolfsschrei aus der Finsternis.
    »Schneller«, drängte der Anführer. Willenlos ließ sich der fremde Krieger schleppen. Er schwankte hin und her und wachte langsam auf, als ihm die Zweige ins Gesicht peitschten. Die Rotte blickte noch immer unter den Binden und Tuchfetzen hervor, aber je mehr sie sich dem Mittelpunkt des Hofes näherten, desto mehr von ihnen zogen die Fetzen über die Stirn und die Augen.
    »Verstehst du, Golar? Du kennst den Weg und die Stufen und alles andere. Du bringst uns dorthin. Ilfa ist dort. Mit dem Wolf!«
    Golar verstand nichts. Er nickte nur und versuchte, nicht vom Rücken des Zentauren zu fallen.
    Halbblind tasteten sie sich mit seitlich ausgestreckten Armen durch den Schlauch, den Hohlraum, der durch die dunkle Wildnis führte. Sie richteten ihre Schritte geradeaus, stolperten und schwankten, aber sie fühlten unter den Sohlen die Unterschiede zwischen dem ersten Teil des mit Pflanzenresten übersäten und dann den steinigen Teil des selbstgeschaffenen Pfades.
    Ilfa blieb verschwunden – ebenso wie der mächtige Wolf.
    »Die Katakomben! Wo sind sie!« schrie Helmond und hielt seine Waffe geradeaus. Sie traf auf keinen Widerstand.
    Dann hallten die Hufe des Zentauren auf den Steinplatten mit den seltsamen Zeichen.
    Und wieder brachen die Bilder des Schreckens, der tiefen Verzweiflung und der schauerlichen Kämpfe über sie herein. Dennoch kämpften sie sich Schritt um Schritt weiter.
    Helmond spürte, daß die Visionen weniger tief, weniger überzeugend waren.
    Bis er, durch die Tücher gedämpft, hinter sich die schrillen, hysterischen Stimmen von Santauta und Tautason hörte.
    »Es ist zuviel.«
    »Ich kann es nicht mehr aushalten. All diese Toten!«
    »Das Blut! Flammen! Verzweiflung und Wahnsinn!«
    Tautason und Santauta, die Mimesen, hielten die Flut der Eindrücke nicht mehr aus. In der doppelten Finsternis – die innerhalb der Mauern und die andere, von den Tüchern verursacht – hörten Helmond und die Haryie, Caronj und, undeutlich, der fremde Kämpfer, wie die Stimmen der beiden Pflanzenwesen umkippten, sich überschlugen und in eine andere Tonart glitten.
    Helmond hastete weiter.
    Neben sich wußte er die beruhigende Nähe des Zentauren. Seine Sorge aber galt unverändert Ilfa. Wo war der Wolf? Er hatte ihn auch gesehen, also war das Tier ebenso wirklich wie der Falke und das Einhorn. Er taumelte durch die Zone, in der andere, aber ebenso schauerliche Bilder und Geräusche auf ihn eindrangen. Die Stimmen der zwei Mimesen erstarben unter wilden Schreien, in kreischendem Gebrüll und haltlosem Kichern. Helmond dachte verzweifelt:
    Sie sind wahnsinnig geworden. Vielleicht können sie sich retten. Vielleicht kommen sie auch in den Ruinen von Ugur um. Ich habe für andere Dinge Sorge zu tragen .
    Die Haryie schrie kreischend.
    Die Hufe des Zentauren klirrten und klapperten auf den Steinplatten.
    Aus dem Mund des schwerverletzten Kriegers lösten sich keuchende, stöhnende Laute.
    Helmond selbst merkte, daß er unter dem Eindruck des Sturmes, der Wellen und der Kämpfe zwischen unbekannten Heere litt. Aber er überlebte es. Je weiter er rannte, desto mehr verblichen die Bilder.
    Die Flut der Eindrücke ließ nach und riß endlich ab.
    Es schien, als würden die Überlebenden eine Halle der toten Recken passiert haben, eine Halle ohne Dach freilich, in der die Erinnerungen dieser Kämpfer lebendig geworden waren. Die Wirkung der Erinnerungen war durch die Binden und Tücher wirklich gedämpft worden, aber die Mimesen hatten die Wiederholung nicht vertragen. Helmond merkte, hörte und spürte nichts mehr von Santauta und Tautason, weder vor sich noch hinter sich.
    Die Mimesen waren wohl in irgendeine Richtung davongestürzt und in ihr eigenes Verderben gerannt.
    Helmond fühlte starkes Bedauern, aber er vermochte nichts mehr zu ändern. Er dachte nur an Ilfa und den Wolf. Golar und der Zentaur wurden schneller; Caronj hatte sich das Tuch von den Augen gerissen, den Hals gestreckt und den Kopf nach vorn gereckt. Dann, plötzlich, bewegte sich der Fremde und riß die Binde von der Stirn.
    »Hör zu, du wahnsinniger Anführer von ebensolchen Wegelagerern«, sagte er laut und mit überraschend klarer Stimme. »Halt an! Es ist alles voller Fallen.«
    »Spinnenhaupts Fallen?« schrie Sgnore und stemmte ihre Krallen in den

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