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Am Anfang war das Chaos

Am Anfang war das Chaos

Titel: Am Anfang war das Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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gab es keine Abdrücke von Wolfspfoten und keine von Ilfas Stiefeln.
    »Und dort stirbt, wenn wir es nicht verhindern, Ilfa«, stöhnte Helmond. »Schneller. Weiter. Wir müssen sie finden, alle beide.«
    »Den Wolf und Ilfa«, stöhnte der Zentaur.
    Sie stolperten, rutschten und tasteten sich etwa siebzig Stufen abwärts. Für Sgnore und Caronj war es nicht einfach, den Schritten der Menschen zu folgen. Aber die ganze Gruppe schaffte es, das Ende der Treppe zu erreichen. Die Fackel gab plötzlich knisternde Funken von sich, die von der Flamme ausgingen und in alle Richtungen sprangen. Vor den Augen der Eindringenden breitete sich ein Raum aus, etwa dreißig Schritte breit und fünfzig lang. Nischen sah man, – undeutlich, einzelne Säulenstümpfe und schreckerregende Gestalten, die entlang der Wände aus einem seltsamen Medium hervorzuwachsen schienen.
    »Hier müssen wir hindurch«, sagte Golar. »Weit dahinter liegen die Katakomben.«
    »Was bedeutet dieses Gläserne, Durchscheinende?« wollte der Zentaur wissen.
    »Es ist tödliche, schwere Luft. Ein einziger Pfad führt hindurch. Ich vermag ihn mit meinen Füßen zu ertasten«, erklärte der Krieger, hob die Fackel hoch und versuchte, die Rotte anzuführen.
    »Tödliche Luft. Sie bringt uns um?«
    »Mit Sicherheit. Sgnore«, rief der Fremde. »Du vermagst darüber hinwegzufliegen. Warte auf uns, dort, in der Nische vor den Stufen!«
    »Ich habe verstanden«, schrie die Haryie, schwang sich in die Höhe und flatterte geradeaus, über die Länge der Halle hinweg. Die Decke war nicht mehr als drei Mannslängen weit von der Oberfläche der schimmernden, ölig glänzenden Schicht der schweren Luft entfernt. Als der Windstoß, den ihre Schwingen erzeugten, die seltsame Flüssigkeit erreichten, stiegen fadenartige, taumelnde Strömungen von giftgrüner Farbe daraus hervor und lösten sich rasch auf. Hinter Golar stieg Helmond über die letzten Stufen, fühlte steinigen Grund unter seinen Sohlen und folgte behutsam, mit unendlicher Vorsicht, dem neuen Anführer.
    »Halt. Steige auf den steinernen Steg!« befahl der fremde Krieger. »Ein Fehltritt, und du stirbst.«
    Durch die tödliche Luftmasse führte ein Steg aus Stein, der nur handbreit war. Er verlief in Windungen und scharfen Richtungsänderungen. In der Schicht aus schwarzer Luft, die in den Augen und Nasen biß, war dieser Steg nicht zu erkennen. Golan nahm Caronj den Speer aus der Hand und tastete mit dessen Hilfe und mit seinen Stiefelspitzen auf dem Steg entlang, bewegte sich langsam und stockend vorwärts, keuchend und voller innerer Spannung.
    Sgnore landete auf einer geborstenen Säule, die mehr als mannshoch aus der giftigen Luft hervorragte. Sie klammerte sich an dem brüchigen Stein fest, reckte den Hals und blickte den drei Gefährten schweigend entgegen.
    Die Zeit verging unsagbar langsam. Der Steg verlief nach rechts, machte einige Krümmungen, zog wieder nach links und dann geradeaus, mündete in eine Reihe von scharfen Ecken, führte weiter geradeaus und krümmte sich abermals. Helmond vermochte dem Fremden gut zu folgen, aber hinter ihm vollführten die vier Läufe des Zentauren, der ununterbrochen leise fluchte, einen unsicheren Tanz auf dem schmalen Grat. Unter den hornigen Hufen splitterte immer wieder etwas von dem Stein ab und versank lautlos in der ruhigen, trügerischen schimmernden Flut. Auf der Oberfläche der schweren Luft zeichneten sich Schleier und Ringe ab, die von den Füßen der Eindringlinge bewegt wurden, und das Feuer der Fackel blinkte wie auf den Wellen eines Wassers.
    Helmond ächzte, etwa in der Mitte des Weges:
    »Wie tief ist es, Golar?«
    Statt einer Antwort tauchte Golar den Speer des Zentauren tief ein. Mindestens fünf Ellen tief verschwand der hölzerne Schaft. Mühsam hielt der Krieger das Gleichgewicht.
    »Verdammt!« entfuhr es Helmond.
    Eine Weile später – ihre Atemzüge, die Flüche und die wenigen Geräusche hallten in der geheimnisvollen Halle ununterbrochen wider und erzeugten Tausende von Echos – gurgelte hinter Helmond der Zentaur auf. Dann schrie er, und ein Schlag der Hand traf Helmond an der Schulter. Der Rottenanführer breitete beide Arme aus, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, drehte sich langsam um und sah, wie Caronj, mit den Armen rudernd und mit allen vier Läufen wild um sich schlagend, seitwärts in der schwarzen Flut verschwand.
    »Caronj! Nicht. Auf die Beine. Zu mir her, schnell!« kreischte die Haryie. Es war zu spät. Der Zentaur

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