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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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werfe einen Blick an den Himmel. Kein Mond, keine Sterne. Nur eine dunkelgraue Pampe und das Geschrei eines verzweifelten Schweins. Als es unsere Schritte hört, verstummen seine Schreie. Am Rand der Grube angekommen, sehe ich das Schwein unten in der Grube stehen, irgendwie abwartend, als überlegte es, ob wir Freunde oder Feinde sind.
    »Ist ja schon gut«, sage ich leise. »Hab keine Angst!«
    Das Schwein legt den Kopf schief, als wollte es mir zuhören. Ich gehe am Rand der Grube in die Hocke.
    »Bist du ein kluges Schweinchen?«, flüstere ich. »Verstehst du, was ich sage?«
    Das Schwein sieht einäugig zu mir herauf. Über das andere Auge ist ein Ohr geklappt.
    »Öff«, sagt es.
    »Na, so was, Schweinchen, kannst du mit mir sprechen? Du bist mir mal ein tüchtiges Tier!«
    Das Schwein dreht den Kopf, dabei klappt sein Ohr zurück. Ich spüre, wie es mich mit neugierigen Augen mustert.
    »Es spricht!«, rufe ich aus. »Hört ihr, dass es versucht, mit uns zu reden?«
    »Hallo, Schweinchen, ich heiße Judit«, sage ich. »Und das hier sind Dinah, David und Gabriel.«
    Als ich das sage, dreht das Schwein den Kopf und schaut David lange an. »Öuuff«, sagt es.
    »Es hat dich gegrüßt!«, sage ich. »Sag was!«
    »Mensch, hör auf!«, sagt David. »Das grunzt doch bloß.«
    Er bereitet sich darauf vor, zu dem Schwein hinunterzuspringen. In der rechten Hand hält er das Messer. Aber das ignoriere ich. Dinah beugt sich zu mir herab.
    »Öff! Öff!«, sage ich zu dem Schwein. »Das hier ist meine Freundin Dinah.«
    »Öff! Öff!«, antwortet es.
    »Hast du das gehört!«, sage ich. »Es versteht alles!«
    Dinah lacht. Über das Schwein. Glaube ich wenigstens.
    »Hallo, kleines Wutzwutz!«, sagt sie.
    »Öuuuff«, sagt das Schwein.
    Dinah lacht noch mal.
    »Du hast recht«, sagt sie. »Es scheint tatsächlich mit uns sprechen zu wollen.«
    »Wahrscheinlich ist es genauso einsam wie wir«, sage ich. »Sogar noch einsamer, schließlich hat es bloß sich selbst. Es stimmt doch, dass Schweine Herdentiere sind, Gabriel?«
    »Glaub schon«, sagt Gabriel und hockt sich neben uns an den Grubenrand. David steht auf der anderen Seite. Er scheint zu zögern, weiß nicht, ob er nun zu dem Schwein runterspringen soll oder nicht. Gabriel beugt sich über den Grubenrand.
    »Hallo, Schwein!«, sagt er. »Ich heiße Gabriel.«
    »Uöööf«, sagt das Schwein und dreht den Kopf gleichzeitig in Richtung David, der sich an den anderen Rand gesetzt hat und jetzt doch auf dem Weg in die Grube ist. Plötzlich entblößt das Schwein eine lange Reihe kräftiger Zähne.
    »Pass auf!«, rufe ich.
    Blitzschnell zieht David die Beine gerade noch rechtzeitig an sich, bevor die Kiefer des Tieres mit einem dumpfen Knall aufeinanderschlagen.
    »Mann, das Vieh ist ja lebensgefährlich«, sagt er.
    »Nein«, sage ich. »Du bist doch nicht gefährlich, Schweinchen, oder? Du hast dich bloß vor David gefürchtet, stimmt’s?«
    »Öff!«
    »
Ich
kann zu ihm runtergehen«, schlage ich vor. Dann setze ich mich auf den Grubenrand und lasse die Beine baumeln.
    Das Schwein betrachtet mich nachdenklich.
    »Ich komm jetzt zu dir runter«, sage ich. »Du und ich, wir sind Freunde. Ich tu dir nichts Böses.«
    Das Schwein verfolgt jede meiner Bewegungen mit aufmerksamen, aber neugierigen Augen.
    »Uuuöööf«, stößt es aus und kommt auf mich zu. Erst glaube ich, es hätte Angst, doch dann merke ich, dass es nur an mir schnuppern will. Vorsichtig beuge ich mich über den großen Kopf und fange an, es hinter einem Ohr zu kraulen.
    »Öööfff, öööfff!«, sagt das Schwein zufrieden.
    »Das gefällt dir, was?«, lache ich. »Du magst es, wenn man dich krault, nicht wahr?«
    Während ich mit dem Schwein rede, ziehe ich vorsichtig das Halfter hervor, das ich unterm Pulli versteckt hatte. Unendlich behutsam versuche ich es ihm über den Kopf zu ziehen, während ich mit der freien Hand weiterkraule.
    »Ich will dir bloß dein Halsband anlegen«, erkläre ich. »Ist gar nicht gefährlich. Tüchtiges Schweinchen!«
    Das Schwein antwortet nicht. Es dreht sich um und versucht zu sehen, was ich da anstelle. Aber es zieht den Kopf nicht weg.
    »So, mein kleines Schweinekerlchen, jetzt ist es erledigt«, sage ich und schließe das Halfter unterm Kinn. »Was bist du für ein tüchtiges Schweinchen!«
    »Ich hab’s«, rufe ich den anderen zu. »Helft mir, es raufzuheben!«
    Gabriel und Dinah gleiten vorsichtig in die Grube herunter. Mehr Leute passen nicht rein. David

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