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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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kniet sich hin, bereit, von oben zuzupacken.
    »Du bist ja so tüchtig, bist ja so ein tüchtiges Schweinchen«, flüstere ich.
    Wir fassen das Schwein an den Beinen und beginnen es langsam nach oben zu heben. Anfangs quiekt es unruhig, doch schon bald beruhigt es sich und lässt sich tragen. Erstaunt merke ich, wie leicht es ist. Es besteht nur aus einem einzigen großen Kopf. Der Rest ist Haut und Knochen.
    »Du bist ja so brav, so tüchtig«, lobe ich es. »Los, jetzt hieven wir es über den Rand!«, zische ich den anderen aus dem Mundwinkel zu.
    Und so heben wir das Tier nach oben. Ich hüpfe schnell hinterher und setze mich an den Grubenrand, das Halfter fest in den Händen.
    »Es besteht nur aus Haut und Knochen«, sage ich. »Das brauchen wir gar nicht erst zu schlachten.«
    Zu meiner großen Erleichterung nickt David. »Das hab ich gemerkt«, sagt er. »Es wiegt ja fast nichts.«
    »Dann halten wir es doch lieber als Haustier«, schlage ich vor.
    David nickt. »Wenn wir es füttern, setzt es bald Speck an«, sagt er. »Und irgendwann können wir es grillen.«
    Ich tue so, als würde ich nicht hören, was er sagt. »Ich finde, wir nennen dich Tüchtig«, sage ich und tätschle dem Schwein den Kopf.

XXI
    Ich bilde mir ein, eine Mücke zu hören, diesen nervigen Ton, der durch die Luft schrillt, und richte mich auf den Ellbogen auf. Eine Mücke? Das ist lange her. Ich horche auf den Laut, aber obwohl ich mehrere Minuten ganz still dasitze, ist er nicht wieder zu hören. War es nur Einbildung? Eine Halluzination? Ich sinke auf mein Reisiglager zurück, kann aber nicht wieder einschlafen. Der Ton hat irgendetwas in mir in Gang gesetzt. Eine Mücke, denke ich und kann dieses surrende kleine Lied fast körperlich spüren. Seltsam, dass so eine einfache Kleinigkeit irgendwie zu meinem Leben gehört. Eine normale Alltäglichkeit, über die ich nie nachgedacht habe. Seltsam, dass man eine Mücke vermissen kann. Sind solche Bagatellen wichtig? Wird das Dasein aus kleinen Dingen komponiert, an die man nie denkt, die aber irgendwie die Welt aufspannen und den Himmel oben halten? Der Tanz der Stifte auf dem Papier im Kunstunterricht. Der Wind, der mit seinen Fingern durchs Birkenlaub fährt. Das Geräusch von Fahrradreifen auf einem Kiesweg. Der hohe Ton einer Mücke in der Dunkelheit, genauso einsam wie ich?
    Als ich so daliege und meine Gedanken zu ordnen versuche, ist es, als würden mich zwei starke Arme unter dem Windschutz hervortragen und mich vorsichtig in ein Bett legen.
    Als ich die Augen aufschlage, ist es hell. Die Sonne scheint durch die dünnen Vorhänge am Fenster. Pompom liegt schnurrend auf meinem Bauch. Durch das offene Fenster höre ich den ruhigen Atem des Wellenschlags am Ufer. Jemand hackt Holz. Das ist Papa, denke ich. Wir sind in unserem Ferienhaus auf dem Land, ich habe Sommerferien.
    »Du hast aber fest geschlafen, Judit«, sagt er, als ich mit Pompom im Arm auf die Terrasse getappt komme.
    »Ich weiß«, sage ich und fühle mich verwirrt.
    »Im Kühlschrank steht deine Dickmilch.«
    »Hast
du
schon gefrühstückt?«
    »Es ist Viertel vor zwei«, sagt Papa lachend.
    »Du liebe Güte!«, rufe ich aus. »Hab ich so lange geschlafen?«
    Vor dem Frühstück gehe ich runter ans Meer zum Baden. Pompom setzt sich ans Ufer, den Schwanz elegant um den Körper gelegt, und betrachtet mich mit skeptischem Blick. Einmal habe ich versucht, ihn ins Wasser zu tragen. Da hat er seine Krallen in mich geschlagen und quer über meinem Bauch eine tiefe Wunde aufgerissen. Das einzige Mal, dass er so etwas getan hat.
    Das Wasser ist ziemlich kühl, darum bleibe ich kurz stehen und zögere. Ich spüre die kleinen Wellen aus Sand unter meinen Füßen und die kohlschwarzen Erlenzapfen, die auf dem Grund hin und her rollen. Dann laufe ich hinaus und werfe mich kopfüber in eine schäumende Welle.
    Schnell drehe ich mich zu Mama und Onkel Hans um, die am Ufer stehen und auf mich aufpassen.
    »Eiskalt!«, schreie ich.
    »Geh nicht zu weit raus!«, ruft Mama.
    Die Dickmilch später am Frühstückstisch schmeckt wunderbar nach Sommer. Ich fülle den ganzen Mund damit.
    »Ich bin schließlich schon vierzehn«, sage ich zu Mama.
    »Du kannst nicht schwimmen«, erwidert Mama. »Da spielt es keine Rolle, wie alt man ist.«
    »Kann ich wohl.«
    »Nicht gut genug, Judit.«
    »Aber bald«, sage ich. »Ich muss nur mehr üben.«
    Mama sagt nichts. Räumt nur den Tisch ab und stellt die Dickmilch in den Kühlschrank. Schwimmen lernen

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