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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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dürren Zweige.
    Erst als wir langsam über die Felder davonholpern, drehe ich mich um und schaue zum Hof zurück. Als ich das Gesicht im obersten Fenster entdecke, bleibt mir fast die Luft weg. Ich starre zu dem Fenster hin. Und da verschwindet das Gesicht. Rasch, als hätte die Gestalt, die dort stand, gespürt, dass sie beobachtet wurde. Mein Herz fängt an zu hämmern. Sie hat gemerkt, dass ich sie gesehen habe, denke ich. Sie hat mich gesehen.
    »Was ist, Judit?«, fragt Dinah. »Du bist ja ganz blass!«
    »Nichts«, sage ich. »Ich hab bloß Hunger. Wenn ich nicht bald was zu essen kriege, sterbe ich.«
    Dinah legt den Arm um mich. »Ich auch«, sagt sie.
    Unauffällig schaue ich wieder zum Hof zurück. Das Fenster ist immer noch leer. Doch das spielt keine Rolle. Ich bin mir sicher, dass ich dort ein Gesicht gesehen habe. Ein Kindergesicht.

XX
    Mit der Brechstange und richtigen Spaten fällt das Graben leichter. Zentimeter für Zentimeter hacken wir uns durch den harten Boden. Es ist, als würde man sich an Beton abmühen. Aber plötzlich sinkt die Brechstange tief ein. Gabriel fällt vornüber und bleibt ausgestreckt liegen.
    »Was ist passiert?«, frage ich.
    »Ich bin wohl in einem Loch gelandet«, sagt er und steht auf. Dann holt er mit der Brechstange aus und haut erneut auf die Erde ein. Und wieder sinkt die Stange tief in den Grund.
    »Die harte Schicht scheint durchbrochen zu sein«, sagt er. »Vielleicht ist es nur eine Kruste.«
    Bald darauf wissen wir, dass er recht hat. Die Erde ist hart wie Beton, aber nur bis zu einer Tiefe von nicht mal einem halben Meter. Danach ist sie ganz weich. Als wir die harte Schale erst mal durchstoßen haben, geht das Graben schnell voran.
    Die Grube, die wir ausheben, erinnert stark an ein Grab. Sie ist zwei Meter lang und etwas über einen Meter breit. Wir graben, bis sie fast anderthalb Meter tief ist.
    »Hier kommt das Schwein nie wieder raus«, sagt Gabriel.
    Nachdem wir von den Silbersträuchern Reisig abgehackt und das Loch damit zugedeckt haben, kehren wir ans Ufer zurück. Dort waten wir ins Wasser und holen uns je einen Armvoll Tang, den wir am Strand ausbreiten. Wir picken die Muscheln heraus, knacken die Schalen und schlürfen den Inhalt. Den restlichen Tang tragen wir zur Grube und breiten ihn übers Reisig. Ein paar geöffnete Muscheln kommen obenauf.
    »Heute Nacht erwischen wir das Vieh«, sagt David siegesgewiss.
    Das Einschlafen fällt mir schwer. In meinem Kopf summt und brummt es wieder. Die Gedanken jagen einander, rasen im Kreis, ohne irgendwohin zu gelangen. Wie kleine Kätzchen, denke ich. Ich versuche, alles, was ich erlebt habe, noch einmal durchzugehen, weil ich begreifen will, was passiert ist. Aber meine Gedanken finden nirgends Halt, sondern hopsen nur wild herum. Das liegt daran, dass hier nichts logisch ist, sage ich mir. Irgendetwas stimmt hier nicht. Entweder ist die Menschheit untergegangen, oder aber … Weiter komme ich nicht. Die Worte liegen mir auf der Zunge, machen aber irgendwie kehrt und verschwinden. Ich versuche es noch einmal. Entweder ist die Menschheit untergegangen, oder aber …
    Es geht nicht. Diesen Gedanken gibt es nicht, denke ich und spüre, wie das Karussell in meinem Kopf schneller wird. Jetzt sollte man ein Donald-Heft haben, sage ich mir, und dieser Gedanke ist so unpassend und unlogisch, dass ich vor mich hin lächeln muss. Aber genau damit habe ich mich früher immer beruhigt. Wenn es mir schlecht ging, angelte ich mir ein zerlesenes Heft aus der Schachtel unterm Bett und las es zum egal wievielten Mal. Dann schlief ich ein, mit dem Heft auf dem Gesicht, geborgen in der vertrauten Welt von Entenhausen.
    In Entenhausen könnte so was wie hier niemals passieren, denke ich.
    Nicht einmal in »Das Phantom«.
    •
    Kurz nachdem ich eingeschlafen bin, wache ich mit einem Ruck wieder auf. Ich wollte in einen dunklen Traum versinken und musste kehrtmachen und wieder an die Oberfläche steigen, wie ein Taucher. Das Geräusch, das mich weckt, klingt schrecklich. Ein langgezogener, verzweifelter, schriller Schrei. Ein Schwein in Not, denke ich.
    Der Lärm hat auch die anderen geweckt.
    »Wir haben es gefangen«, flüstere ich.
    David tastet nach dem Messer und findet es unter einem Lammfell.
    »Kommt!«, sagt er. »Jetzt besorgen wir uns ein Festessen.«
    Ich nehme das Halfter mit, das ich in der Garage gefunden habe. Es ist früh am Morgen. Die schwarze Nacht löst sich allmählich in einen dunkelgrauen Brei auf. Ich

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