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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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Bratkartoffeln, denke ich, drehe vorsichtig den Kopf und suche nach einer Erklärung für den Geruch. Da begreife ich, dass er von dem Erbrochenen auf dem Kissen kommt.
    Gun-Helen ist nicht mehr da. Das ist nur gut, denke ich, denn das hat alles nur kompliziert gemacht. Es ist still. Der Regen hat aufgehört. Wahrscheinlich deshalb.
    Plötzlich höre ich Schritte auf der Treppe. Nicht Gun-Helens Schritte, auch nicht die von Mama oder Papa. Es sind kleine, leichte Schritte, die ich nicht kenne. Als die Tür seufzend aufgeht, steht Mimmi in der Öffnung.
    »Geht es dir jetzt besser?«, fragt sie.
    Ich sehe sie an und nicke.
    »Wo ist Lady?«, frage ich.
    Sie sieht mich ernst an. »Das ist eine lange Geschichte«, sagt sie.
    •
    Als ich aufstehe, dreht sich mir der Kopf. Ich setze mich auf die Bettkante und drücke den Rücken durch. Beim zweiten Versuch geht das schon besser. Der Schmerz im Nacken ist fast verschwunden. Ich gehe die Treppe hinunter und trete in die Küche. Am Küchentisch sitzt Red Bull. Ich traue meinen Augen nicht, als ich ihn sehe.
    »Was machst
du
denn hier?«, rufe ich, renne zu ihm hin und umarme ihn.
    »Wie schön, dich wiederzusehen, Judit!«, sagt er.
    »Was ist hier eigentlich los?«, frage ich.
    »Alles ist auf den Kopf gestellt, geht drunter und drüber«, sagt er.
    »Ich lebe in einer anderen Welt, aber du wohnst bestimmt noch in der alten«, sage ich und schenke ihm ein schiefes Lächeln.
    Er nickt mir zu. »Du warst schon immer helle«, sagt er.
    »Was ist heute für ein Tag?«, frage ich.
    »Mittwoch, der siebte Marzo, null eins.«
    »Hast du den Kalender gesehen?«
    Er nickt.
    »War eine sehr gute Idee.«
    »Danke. Hast du auch die Statue gesehen?«
    Er nickt noch einmal. »Gute Arbeit«, sagt er. »Aber ihr habt das Ganze missverstanden. Da kommen keine Schiffe. Ihr müsst das selbst erledigen.«
    »
Was
erledigen?«
    Darauf antwortet er nicht. Stattdessen sieht er mich mit ernsten Augen an. »Ihr müsst vorsichtig sein. Es sieht nach Krieg aus«, sagt er, steht auf, setzt einen alten Fahrradhelm auf und verschwindet durch die Wand.

Die Tage auf dem Hof

Nach langem Hin-und-her-Überlegen beschließen wir, auf dem Hof zu bleiben. Wir haben keine andere Wahl. So ist das. Darum einigen wir uns schließlich darauf, dass es das Beste ist, was wir tun können. Wir haben ein Dach überm Kopf. Wir haben einen Holzherd. Wir haben Fässer voller Regenwasser. Und wir haben vielleicht die Möglichkeit, uns zu verteidigen, falls feindlich gesinnte Fremde auftauchen sollten.
    Gabriel und David haben den Kalender beim Lagerplatz im Wasser gefunden, und Gabriel nagelt ihn über die Haustür.
    »Jetzt können sie sehen, dass hier zivilisierte Menschen wohnen«, sage ich zufrieden.
    »Wer denn?«, fragt Dinah.
    Inzwischen geht es mir wieder besser. Ich versuche, möglichst nicht an die große Gedächtnislücke zu denken, die von dem Moment, als ich in die Unterwelt stürzte, bis zu dem Augenblick reicht, als die anderen mich im Bett fanden. Als Erklärung habe ich ihnen nur erzählt, ich sei dort oben ins Bett geschlüpft, um mich aufzuwärmen. Wenn ich jetzt auf dem Hof herumlaufe und nach Tüchtig rufe, schiele ich immer verstohlen nach verborgenen Fallgruben.
    »Er hat sich vielleicht in Rauch aufgelöst«, sagt David. »Das Leben ist aus ihm herausgezischt wie aus einem Ballon.«
    »Hör mit deinen dummen Witzen auf!«, schimpfe ich ärgerlich.
    »Das sind keine Witze!«, faucht David.
    Gabriel filmt uns, während wir uns streiten.
    »Das war verdammt gut, Leute!«, ruft er in einem halbherzigen Versuch, wie Ingmar Bergman zu klingen.
    »Halt’s Maul, du Idiot!«, schreie ich.
    •
    Ich öffne die Luke am Küchenherd und spähe hinein. Alles ist schwarz. Eigentlich müsste es beißend nach altem Ruß riechen. Aber es riecht nach gar nichts. Ich richte mich auf, sehe mich in der Küche um und entdecke die weiße Flagge der Haushaltrolle auf der Spüle. Schnell reiße ich einen Meter ab und knülle das Papier wie einen luftigen Ball in den Herd. Dann lege ich eine Handvoll dürre Silberzweige obendrauf und zünde das Papier mit Dinahs Feuerzeug an. Sofort flammt das Feuer auf, zufrieden schließe ich die Luke. Prima, denke ich. Genauso hat Oma es immer gemacht. Im nächsten Augenblick bemerke ich den Rauch, der durch die Ritzen der Herdplatten dringt. Schnell sehe ich mich nach einer Lüftungsklappe um und entdecke seitlich an der Kaminmauer einen schwarzen Griff. Ich muss meine ganze Kraft

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