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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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Gesang. Ich bilde mir ein, dass er jetzt schwächer klingt. Dann spähe ich erneut zu der Stelle, wo die Männer waren, doch die bleiben verschwunden. Als ich Dinah anschaue, nickt sie.
    »Okay«, flüstere ich.
    Wir bewegen uns sehr langsam in die Richtung, aus der unserer Meinung nach der Gesang kommt. Unterwegs bleiben wir immer wieder stehen, halten Ausschau nach den beiden Männern und lauschen auf andere Geräusche. Als wir bei einem Gebäude ankommen, das früher einmal eine große Fabrik gewesen sein muss, glaube ich zu hören, dass der Gesang an Lautstärke zugenommen hat. Vor den Überresten der Fabrik liegt ein hoher, langer Zaun aus Maschendraht, verknäuelt wie ein altes Fischernetz. Von irgendeinem Punkt dahinter scheint der Gesang zu kommen. Das flüstere ich Dinah zu.
    Sie antwortet nicht. Stattdessen legt sie mir eine Hand auf den Arm und deutet mit einem Kopfnicken auf die eine Seite des zerstörten Gebäudes. Dort steht ein Hund. Ein riesiger schwarzbrauner Hund. Er hat uns gesehen und folgt uns mit dem Blick. Ich erkenne die Rasse.
    »Ein Pitbull«, stöhne ich und erstarre.
    •
    Wir stehen regungslos da und glotzen den Hund an. Er glotzt zurück und zeigt uns die Zähne. Ich nehme an, dass er uns anknurrt, aber der Abstand ist zu groß, als dass wir es hören könnten. Ist er auch groß genug, damit wir uns rechtzeitig in Sicherheit bringen können? Das weiß ich nicht. Aber wenn wir davonzurennen versuchen, wird der Hund sofort hinter uns herstürzen, davon bin ich überzeugt.
    »Was machen wir jetzt?«, flüstert Dinah.
    »Irgendwo raufklettern?«, schlage ich vor.
    Wir sehen uns um. Die Stein- und Schutthaufen taugen nichts. Die wenigen Hauswände, die noch stehen, wären vielleicht hilfreich, sind aber zu weit weg. Das Riesenknäuel aus Maschendrahtzaun ist die einzige Alternative.
    »Schaffen wir’s, da drüberzurennen?«, frage ich und deute mit einem Kopfnicken auf das Gewirr aus Draht und Eisenstangen.
    Dinah schüttelt den Kopf. »Keine Chance!«, sagt sie.
    Ich überlege kurz. Dann lasse ich mich auf die Knie sinken. Wenn ich schon sterben und von einem ausgehungerten Pitbull aufgefressen werden soll, soll es wenigstens würdevoll geschehen.
    »Komm her, Hundilein!«, sage ich und versuche freundlich und zugleich bestimmt mit ihm zu reden. Das haut nicht hin. Ich höre selbst, dass ich total verängstigt klinge.
    Der Hund weiß offensichtlich nicht, was er davon halten soll, und glotzt uns weiterhin an.
    »Na, komm schon her!«, wiederhole ich. »Wir sind doch deine Freunde. Komm schon! Braves Hundi!«
    »Du spinnst«, zischt Dinah.
    Der Hund legt den Kopf schief. Er scheint nachzudenken. Das macht mir Mut.
    »Komm her!«, rufe ich so energisch wie möglich. »Komm zu Frauchen!«
    Gleichzeitig bewege ich mich langsam auf den Hund zu. Er betrachtet mich verblüfft. Wenigstens sieht es in meinen Augen so aus. Ich rede die ganze Zeit auf ihn ein, senke aber die Stimme und versuche, sie freundlich klingen zu lassen.
    »Magst du ein bisschen Wasser?«
    Ich bleibe stehen, nehme den Wassersack ab und gieße ein wenig Wasser in meine gewölbte Hand. Dann gehe ich in die Hocke. Vor allem, weil meine Beine mich nicht länger tragen. Sie weigern sich einfach, dem durchgeknallten Einfall meines Gehirns zu gehorchen, sich dieser schwarzbraunen Bestie zu nähern. Der Hund könnte mich innerhalb einer einzigen Sekunde anspringen und totbeißen.
    Was dann passiert, erstaunt mich dann doch. Im selben Moment, als ich in die Hocke sinke, beginnt der Hund auf mich zuzugehen. Als ich schon glaube, vor Entsetzen sterben zu müssen, merke ich, dass er vorsichtig mit dem Schwanz wedelt. Ich versuche etwas zu sagen, aber mein Mund streikt ebenfalls. Er bewegt sich auf und ab, aber ohne einen Ton zu erzeugen.
    Der Hund kommt direkt auf mich zu. Mein Herz pocht so laut, dass er es unbedingt hören muss. Dabei soll man bei solchen Hunden doch angeblich energisch auftreten. Stark und deutlich sein und nicht wie ein kleiner Frosch dahocken und nach Luft schnappen. Doch das scheint den Hund nicht zu kümmern. Er kommt zu mir her, schlabbert schnell das Wasser aus meiner zitternden Hand und bohrt mir dann seinen dicken Pitbullschädel in den Schoß, dass ich fast nach hinten umkippe. Da dringen endlich ein paar Worte aus mir heraus.
    »Aber hallo, mein Guter!«, murmle ich und kraule ihn vorsichtig am Hals.
    •
    18 . SZENE. AUSSENAUFNAHME. VOR DEM WOHNHAUS.
    DAVID, GABRIEL.
     
    Das Bild zeigt die Veranda. An der

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