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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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fragte sie laut: »Sind Sie nicht dieser Polizist?«
    Michael nickte, stand auf und setzte sich auf den Stuhl neben den mit dem Papierstapel.
    »Warum sind Sie hier?« fragte sie, und ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr sie fort: »Ich war schon beim Detektor. Eine seltsame Sache, so eine ›Wahrheitsmaschine‹, das ist doch schon ein Oxymoron, um nicht gleich ›Quatsch‹ zu sagen.«
    Michael versuchte, sich an die Bedeutung des Wortes Oxymoron zu erinnern, und sie, als merke sie es, sprach gleich weiter: »Das ist eine Verbindung zweier Begriffe, die sich eigentlich ausschließen. Wie programmiert man eine Maschine, die so etwas wie Wahrheit messen soll? Wie mir der Mann dort erklärt hat, mißt die Maschine Herzschlag, Schweißabsonderung, Blutdruck und ähnliche Reaktionen, um den psychischen Zustand einer Person darzustellen. Aber was hat das mit der Wahrheit zu tun?« Bevor Michael etwas antworten konnte, sprach sie bereits weiter. »Sind Sie nicht für den Fall verantwortlich?«
    Michael nickte und steckte sich eine neue Zigarette an, deren Geruch stärker war als der süßliche Duft der Zigarette, die Dr. Zelermaier rauchte.
    »Hier ist ein Aufsatz von mir«, sagte sie und spielte mit den Fingern an den Holzperlen ihrer Kette. »Ich habe fünf Druckfehler gefunden. Wofür war dann das ganze Korrekturlesen gut?« Ein zorniges Lachen entblößte ihre großen, vorstehenden Zähne. Sie hielt ihm das amerikanische Monatsblatt hin, in dem ihr Aufsatz »Das Todesmotiv in der talmudischen Literatur« abgedruckt war.
    Er warf einen Blick auf den Aufsatz, und als er ihn ihr zurückgab, fragte er, seit wie vielen Jahren sie bereits an der Fakultät unterrichte. »Fast so viele Jahre, wie Sie alt sind«, antwortete sie. »Und wenn Sie wissen wollen, warum ich noch nicht ordentliche Professorin geworden bin, so hätten Sie Herrn Tirosch fragen müssen, er ruhe in Frieden, der das nie befürwortet hat, trotz meiner Veröffentlichungen.«
    Michael fragte, welche Gründe Tirosch für seine Behinderung ihrer beruflichen Karriere gehabt habe.
    »Oh«, sagte sie und zog die Lippen über den Zähnen hoch, »er hat mich als Kuriosum betrachtet. Und mein Fachgebiet, Volksliteratur, war für ihn nur Folklore für alte Frauen. Einmal im Jahr machte er den Vorschlag, das Fach um ein oder zwei Stunden zu kürzen, weil es nicht wissenschaftlich genug sei. Aber er hat es nie geschafft, eine Mehrheit für diesen Vorschlag zu bekommen, der meiner Meinung nach nur ein persönlicher Angriff auf mich war, nichts weiter. Er mochte es, wenn ich zornig wurde. Das hat er oft genug gesagt. Ich kann noch immer seine Stimme hören, wie er sagte: Schulamit, du bist herrlich in deinem Zorn, und dann zitierte er oft eine Zeile von Alterman: ›Denn herrlich ist die Wirtin in ihrem Zorn und stolz ihre Hüften, wer wird sie umarmen?‹ Weiter hat er nicht zitiert. Ich weiß nicht, ob Sie den Abend im Wirtshaus vonAlterman kennen.« Michael warf ihr einen Blick zu. Sie war also herrlich in ihrem Zorn.
    »Jedenfalls«, fuhr sie fort und schaute ihm in die Augen, »ich habe ihn nicht ermordet. Obwohl man nicht sagen könnte, daß ich ihn geliebt habe, wie Sie sicher schon festgestellt haben, trotzdem habe ich ihn, das muß ich sagen, immer geschätzt.«
    Michael fragte: »Und wer, glauben Sie, hat ihn ermordet?«
    Schulamit Zelermaier legte ihre Beine übereinander und antwortete mit ihrer tiefen Stimme: »Mich interessiert es mehr zu erfahren, wer Ido ermordet hat, und obwohl ich Kriminalromane mag, habe ich diesbezüglich keine Ahnung.« Sie kräuselte die Oberlippe und schwieg.
    Michael betrachtete sie und sagte: »Auch nicht nach dem letzten Fakultätsseminar?« Er erntete einen langen Blick, der ihm, ob er es wollte oder nicht, Vergnügen bereitete. Diese große Frau, die zugleich etwas Männliches und etwas Jungfräuliches hatte, gefiel ihm.
    »Im letzten Fakultätsseminar«, sagte sie schnell, »hat Ido die Gedichte Tiroschs kritisiert, etwas, was vor ihm noch nie jemand getan hatte, obwohl auch ich glaube«, sie senkte die Stimme, »daß seine politische Lyrik nicht wert ist, gedruckt zu werden. Dieser Vorfall zeigt nur, daß Ido ein gescheiter und tapferer Mensch war.«
    »Und der Angriff auf Ferber?« fragte Michael. Sie zog ihren Faltenrock über die Knie und streckte die Beine, bevor sie antwortete: »Das war kein direkter Angriff. Hier ging es um jemanden, den Tirosch entdeckt hat, das ist eine Sache für sich. Als er noch ziemlich neu in

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