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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Aufsatz veröffentlicht hat, und er wollte sehen, ob der angekommen war. Er war genau während der Sprechstunde gekommen, und es war mir nicht angenehm, ihm zu sagen, er solle warten, schließlich ist er der Chef der Abteilung ... gewesen.«
    »Haben Sie den Aufsatz gesehen? Das heißt, hat er gefunden, was er gesucht hat?«
    Racheli zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung«, sagte sie, »er hat mir nichts gesagt. Er hat mir den Schlüssel zurückgegeben, aber ich hatte nicht den Eindruck, daß er etwas gefunden hätte.«
    »Wie lange hat es gedauert, bis er den Schlüssel zurückgebracht hat?« Sein Körper war so angespannt, daß ihm das Atmen schwerfiel.
    »Ich habe vergessen, ihn zurückzufordern, es war ein Durcheinander, und er hat ihn mir tatsächlich erst am nächsten Tag gebracht. Ich erinnere mich genau, ich habe ihn nämlich angerufen, ich hatte Angst, Adina könnte merken, daß der Schlüssel fehlt«, sagte Racheli verlegen. »Ich weiß, daß das nicht in Ordnung ist, aber ich hätte es ihm doch nicht verweigern können, oder?«
    »Wann war das genau? Können Sie das herausfinden?«
    »Ich erinnere mich nicht an den Tag, aber Adina hatte damals eine zweitägige Zahnbehandlung, sie hat eine Brücke bekommen. Sie war zwei Tage hintereinander nicht da, deshalb ist es nicht schwer, das Datum festzustellen.« Racheli schaute ihn an. Sie saßen sehr nahe beieinander. Ein süßer Geruch ging von ihr aus. Sie ist so jung, dachte Michael, sie hat ein so unschuldiges Gesicht und so sehnsüchtige Augen. Schade, daß sie so jung ist. Und was für ein süßer Geruch. Er stand seufzend auf, Racheli blieb sitzen.
     
    Sie kehrten zurück zur Cinematheque, und Michael parkte das Auto. Wieder sagte Tuwja Schaj, er sei etwa um halb fünf weggegangen. Sie gingen die Straße hinunter, die von der Cinematheque zum Jaffator führte.
    »Wie lange brauchen Sie normalerweise dafür?« fragte Michael.
    »Das kommt drauf an«, meinte Tuwja Schaj. Michael blieb stehen und betrachtete ihn zweifelnd. »Manchmal eine Stunde, manchmal zwei. Das hängt davon ab, ob ich eine Pause mache oder nicht.«
    »Gibt es einen festen Platz, wo Sie Ihre Pause machen?« wollte Michael wissen.
    Tuwja Schaj antwortete langsam: »Es gibt einige Plätze. Wollen Sie sehen, wo ich am Freitag war?«
    Sie gingen schweigend weiter. Nur einmal wechselten sie ein paar Sätze. »Haben Sie gewußt, daß er sich mit Schira beschäftigt hat?« fragte Michael und betonte die erste Silbe des Wortes.
    »Mit Schira? Sie meinen das Buch von Agnon?« Tuwja Schaj blieb stehen und schaute ihn an.
    »Genau das.«
    »Ich weiß nichts davon«, sagte Tuwja Schaj ungläubig. »Wie verstehen Sie dann das, was wir auf seinem Schreibtisch gefunden haben?« fragte Michael.
    Tuwja Schaj gab keine Antwort. Er warf Michael einen interessierten Blick zu, dann ging er weiter. Erst nach einigen Minuten, die sie schweigend nebeneinander hergegangen waren, sagte er plötzlich: »Jedenfalls hat er nie etwas über Agnon geschrieben. Wer hat Ihnen überhaupt gesagt, daß damit Schira von Agnon gemeint ist?«
    »Aharonowitsch«, antwortete Michael und schaute ihn verstohlen an. Für einen Moment verlangsamte Tuwja Schaj die Schritte, als wolle er stehenbleiben, doch dann lief er im gleichen Tempo weiter.
    »Aharonowitsch sagt manchmal was dahin«, murmelte Tuwja Schaj. »Vielleicht hat er recht, aber ich weiß nichts darüber.«
    »Und wenn es nicht stimmt, was hätte er dann, Ihrer Ansicht nach, meinen können?«
    »Keine Ahnung«, sagte Schaj zögernd, und Michael sah den schnellen Seitenblick, den er ihm zuwarf. »Ich verstehe es selbst nicht. Aber das heißt noch lange nicht, daß Aharonowitsch sich irrt.«
    »Ich habe gehört«, sagte Michael, als sie schon fast die Hauptstraße von Ramat Eschkol erreicht hatten, »daß es in ein paar Wochen einen Gedächtnisabend für Tirosch und Duda'i geben soll.«
    Tuwja nickte.
    »Sie organisieren es?«
    »Nein, vermutlich Klein.«
    »Aber Sie werden doch bestimmt sprechen, oder?«
    Tuwja Schaj zuckte mit den Schultern. »Vermutlich«, sagte er, ohne Michael anzuschauen. »Aber ich werde nicht der einzige sein.«
    Um halb fünf, nach einer Stunde schnellen Gehens, waren sie oben auf dem Giv'at Hatachmoschet. Hier blieb Tuwja Schaj stehen. Sie hatten die Schule René Cassin hinter sich gelassen und die Spitze des Hügels erreicht. Tuwja deutete auf eine Böschung. »Hier habe ich lange gesessen.«
    »Wie lange?« fragte Michael und zog eine Zigarette

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