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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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jetzt am liebsten mit ihr zusammen wäre. Zila aß nicht mit dem Appetit, den man von ihr gewöhnt war. Balilati sagte kein Wort, er widmete sich konzentriert und hingegeben dem Essen. Erst als er fertig war, klopfte er sich auf den Bauch und hielt eine Rede über die Qualität des Essens.
    »Also«, sagte Zila beim Kaffee, »mache ich nun bei dem Fall mit oder nicht?«
    »Du machst mit«, sagte Michael und ignorierte Elis besorgten Blick. »Unter der Bedingung, daß du genau das machst, was man dir sagt, und daß du keine Aktivitäten außerhalb des Gebäudes startest, es sei denn, du wirst ausdrücklich darum gebeten. Ich möchte Pate werden, und diesmal kannst du dich nicht beschweren, daß du nur die Koordination übernimmst, denn diesmal gibt es gute gesundheitliche Gründe.« Er warf Eli von der Seite einen Blick zu, dann hielt er Zila die Liste der Fakultätsmitglieder hin. Durch ihre Zeugenaussagen, erklärte er, bekomme man ein Bild von Tiroschs Lebensablauf. »Und vielleicht«, meinte er zögernd, »auch von Duda'is. Ich habe das Gefühl, daß es einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen gibt, ich kann ihn nur noch nicht erkennen.«
    »Dazu ist es noch zu früh«, sagte Balilati und gähnte.
    Schließlich planten sie den Arbeitsablauf. Balilati würde sich erst einmal um die nachrichtendienstlichen Informationen kümmern. »Aber verschwinde ja nicht einfach für drei Tage«, warnte Zila, »morgen abend setzt du dich mit mir in Verbindung.« Dann beschlossen sie noch, in welcher Reihenfolge die Verhöre stattfinden sollten, und Michael und Eli teilten sich die Leute untereinander auf.
    »Also erst übermorgen eine Sitzung?« sagte Zila um ein Uhr nachts, als das Lokal geschlossen wurde. Michael meinte, sie sollten sich am nächsten Abend treffen, vor den Befragungen, die sie am Mittwoch vornehmen würden. »Damit wir anhand der Informationen, die wir morgen sammeln, den Mittwoch planen können.«
    Er brachte Eli und Zila zu ihrer kleinen Wohnung in Nachla'ot, dann fuhr er nach Hause, nach Giw'at Mordechaj.
    In seiner Wohnung hing der Geruch von Staub. Er machte die Fenster weit auf und atmete die Luft, die nach einer Woche Chamsin kühl war, tief ein. Er überlegte, daß ihm nur noch vier Stunden zum Schlafen blieben, und dachte an das Gesicht Tuwja Schajs, den er am nächsten Morgen sehen würde, an seinen erloschenen Blick. Im Bett waren noch Spuren von Majas Duft. Doch das Bild Adina Lifkins, der Sekretärin der Fakultät, tauchte vor ihm auf, er hörte das Echo ihrer Stimme, auch wenn die Worte, die sie sprach, nicht zu passen schienen: »Zweiunddreißig Jahre unter deinem Himmel genügen, um das Ausmaß deiner Barmherzigkeit zu erkennen.« Das waren die Worte, die Michael Ochajon hörte, bevor er einschlief. 
     
     
     

Siebtes Kapitel
     
     
    Racheli betrachtete den dunklen Mann, der ihr gegenüber saß, seine langen, ruhelosen Hände, die mit dem Feuerzeug spielten, mit der Zigarettenschachtel, sie sah seine glatt rasierten Wangen mit den hervortretenden Backenknochen, und schließlich wagte sie einen Blick in seine dunklen, tiefen Augen, die ihr nicht auswichen, doch nur für eine Sekunde, dann ließ sie den Blick durch das kahle Zimmer schweifen – ein alter Holztisch, zwei Stühle, ein Metallspind, ein Fenster zum Hinterhof des Migrasch ha-Russim –, bevor sie wieder in die dunkelbraunen Augen schaute, die ununterbrochen auf ihr ruhten.
    Sie hatte das Gefühl, bevorzugt zu werden. Von allen hatte er sie für die erste Befragung ausgesucht. Dieser große Mann, dessen dunkle Haare schon ein paar Silberfäden zeigten, hatte sie aus der Gruppe herausgerufen, ohne daß sie wußte, warum.
    Adina Lifkin war blaß geworden und hatte fast protestiert, als Racheli vor ihr aufgerufen wurde, aber er hatte so getan, als merke er nichts von ihrem Zorn. Dr. Schaj rührte sich nicht von seinem Platz, sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Als Racheli im Kommissariat ankam, kurz vor acht, wie ihr gestern abend telefonisch durchgegeben worden war, saßen Tuwja Schaj und Adina Lifkin schon auf den wackeligen alten Holzstühlen im Vorraum. Wie beim Arzt, hatte Racheli gedacht, als warteten sie auf das Ergebnis einer schicksalhaften Untersuchung. Tuwja Schaj schien sich mit dem Schlimmsten abgefunden zu haben.
    Racheli warf einen Blick auf die Uhr, ohne daß der Mann gegenüber es, merkte. Erst seit einer Minute saß sie in dem Zimmer, und bis jetzt war noch kein Wort gesprochen worden. Plötzlich

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