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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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das?«
    »Das ist noch nicht mal so schwer«, antwortete Michael und streifte seine Asche in den Kaffeesatz, der in der Tasse zurückgeblieben war. »Aber man muß ein Genie sein, um sich so etwas auszudenken. Jede Preßluftflasche hat einen Hahn, und auch die Gasflaschen, die Kohlenmonoxyd enthalten, haben einen Hahn, oder jedenfalls kann man einen Hahn an ihnen anbringen. Man muß nur den Hahn der Preßluftflasche mit der Gasflasche verbinden und das giftige Gas hineinströmen lassen.«
    »Aber«, sagte Eli nachdenklich, »wieso hat er das nicht gemerkt, dieser Duda'i? Das Gas hat doch irgendeinen Geruch, nicht wahr?«
    »Nein«, antwortete Michael und betrachtete die Falte, die sich zwischen Elis Augenbrauen gebildet hatte, »es ist völlig geruchlos. Man erstickt einfach, ohne etwas zu merken.«
    »Was soll das heißen?« fragte Eli erschrocken. »Haben wir es hier mit einem Chemiker zu tun?«
    »Nein, er braucht kein Chemiker zu sein. Kreatives Nachdenken reicht. Jeder kann Kohlenmonoxyd bekommen, in jeder Chemikalienhandlung gibt es solche Gasflaschen, in jedem ordentlichen Labor, das ist kein Problem. Man muß nur darauf achten, daß die Preßluftflasche nicht zu schwer oder zu leicht wird.«
    »Und er ist am Sabbat gestorben«, sagte Eli Bachar mehr zu sich selbst.
    »Um zehn nach zwölf, am Sabbat«, bestätigte Michael.
     »Glaubst du, wir haben es mit zwei Mördern zu tun?« fragte Eli hoffnungslos.
    »Oder mit einem Mörder, der zweimal zugeschlagen hat. Und es ist nicht nur unser Problem, der Fall Duda'i gehört zu Eilat, die ermitteln auch.«
    Dani Balilati kam keuchend und prustend ins Zimmer gestürmt und begann, ohne Punkt und Komma zu reden, doch wie üblich waren seine Worte so konfus, daß keiner verstand, was er eigentlich wollte. »Und warum gebt ihr mir keinen Kaffee? Und warum sitzt ihr so rum, als wäre ein Berg über euch zusammengebrochen? Was ist passiert?«
    Michael Ochajon berichtete kurz, was er erfahren hatte. »Die Geschichte wird kompliziert«, seufzte Balilati. »Sehr kompliziert.«
    »Immer komplizierter«, sagte Michael. »Und jetzt essen wir erst mal was, bevor wir uns die Liste der Leute vornehmen, die wir morgen verhören, oder besser gesagt, wir gehen mit der Liste zu Me'ir, und schauen sie uns dort an. Vielleicht können wir unterwegs auch Zila mitnehmen, wenn du nichts dagegen hast.«.
    Eli schaute auf seine Uhr und murmelte, es sei schon elf. Trotzdem wählte er eine Nummer und flüsterte etwas in den Hörer. »Wir holen sie unterwegs ab«, sagte er, als er auflegte.
    Nachdem die beiden anderen das Zimmer verlassen hatten, rief Michael bei sich zu Hause an. Er ließ das Telefon lange klingeln, keiner ging dran. Maja ist also nicht gekommen, dachte er mit einer Mischung aus Trauer und Erleichterung. Juval war bei seiner Mutter, um mit ihr den Geburtstag ihres Vaters vorzubereiten, der morgen siebzig würde. Einen Moment lang meinte er die Stimme Juseks zu hören, seines ehemaligen Schwiegervaters, wie er sagte: »Eure Scheidung bringt uns um.« Schnell ging er hinunter und schloß sich Eli Bachar und Balilati an, die in dem Moment aufhörten zu reden, als er ins Auto stieg. Unterwegs holten sie Zila ab, und bis zum Restaurant Me'ir wechselten sie kein Wort mehr miteinander.
    Das Lokal befand sich im Herzen des Machane Jehuda, im »Verfluchten Haus«. Durch die jahrelange Zusammenarbeit mit Zila hatte sich Michael daran gewöhnt, dieses Restaurant als einzigen Ort zu betrachten, an dem man sich erholen konnte, sich eine Pause nach dem Entdecken einer Leiche erlauben konnte, nach der Anspannung bei der Arbeit, nachdem man einer Obduktion zugesehen hatte.
    Die drei jungen Männer, die als Köche, Kellner und Kassierer arbeiteten, empfingen Zila immer, als sei sie ihre lange verloren geglaubte Schwester. Michael gegenüber verhielten sie sich außerordentlich höflich und ehrerbietig. Einmal hatte er Zila neugierig gefragt, was sie ihnen denn über ihn erzählt habe. »Ich habe gesagt, du bist im Dezernat für Betrug und arbeitest mit der Steuerfahndung zusammen«, hatte sie zwinkernd geantwortet, und seither wurde Michael immer ein wenig verlegen, wenn sie sich seinetwegen besondere Mühe gaben, die Rechnung korrekt auszustellen. Dann starrte er immer die Wand über der Kasse an und betrachtete das Bild von Baba Sali und dann das von Raw Scharabi, der, einem Gerücht nach, dieses Gebäude verflucht haben sollte. Sein Bild, das über der Kasse hing, sollte den Fluch von dem

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