Am Anfang war das Wort
vorgestellt, der mitten im Salon stand. Auf dem Tisch stand ein Kuchen, und die Dame des Hauses antwortete lächelnd auf die wiederholten Fragen, dies sei »eine russische Charlotte, etwas, was ich für die nächste Reise gelernt habe«. Das Teeservice sei »Rosenthal«, wie sie mit schwacher Stimme zu Maja sagte, als diese eine heiße Teetasse auf den Teppich fallen ließ, ohne daß diese zerbrach. Die Dame des Hauses wischte sofort den Fleck weg, während sie einen langen Vortrag über Rosenthal-Geschirr hielt und wie schwer es sei, passende Teile nachzukaufen. Sie bemerkte nicht, daß Maja während der ganzen Zeit Michael anschaute und die Brauen zusammenzog, als versuche sie krampfhaft, sich zu erinnern. Sie bemerkte auch nicht die Nasenflügel, die sich bewegten, als hätten sie ein Eigenleben. Plötzlich, als erinnere sie sich oder als habe sie entschieden, wie sie reagieren solle, lächelte Maja, und in ihren Augen funkelten goldene Sprenkel. Michael trank vorsichtig seinen Kaffee. Seine Hände zitterten. Das ist nichts Besonderes, dachte er. Ich zittere immer, wenn ich eine Frau treffe und sie begehre. Das ist die Eroberungslust, die ich schon Dutzende Male gespürt habe.
Sie verließen das Hauskonzert, bevor der Wein serviert wurde, wenige Minuten, nachdem der letzte Ton verklungen war. Er brachte sie in seine Wohnung, damals lebte er noch in Romema, nachdem sie zuvor in einem Café ihre »Lebensumstände« erzählt und dann direkt und einfach gefragt hatte, warum sie nicht in seine Wohnung gingen. Sie wisse genau, sagte sie, daß er sie begehre. »Bist du verheiratet?« fragte er und schaute auf den Ring an ihrem Finger. Sie nickte, weigerte sich aber, darüber zu sprechen.
Noch am selben Abend sagte sie, ihr Eheleben tue nichts zur Sache. »Dort wirst du die Erklärung nicht finden«, sagte sie, und Michael drängte sie nicht. »Aber ich möchte, daß du dich wohl fühlst, nicht bedroht«, erklärte sie, und nur das Lachen, das ihre Worte begleitete, milderte die Bitterkeit und die Aggression in ihrer Stimme.
Sie verließ seine Wohnung spät in der Nacht, ohne daß sie über ein Wiedersehen gesprochen hatten, aber ihr Gesicht strahlte vor Freude, erwartungsvoll und selbstsicher. Als sie am nächsten Tag anrief, wußte er nicht, wie sie seine Telefonnummer herausbekommen hatte.
Nun saß sie in dem blauen Sessel, die Beine übereinandergeschlagen, unbeweglich, und Michael betrachtete ihre runden Knie und hätte sie gerne berührt, wagte es aber nicht. Er dachte an die Dinge, die ihm Zila bei Me'irs gesagt hatte, daß er kein Talent habe, das zu entdecken, was sich hinter dem Geschehen verbarg, das »wirkliche Leben«, wie sie es genannt hatte. Er sei eigentlich ziemlich naiv.
»Hast du gar nichts zu sagen? Überhaupt nichts?« fragte Maja, und Michael hörte das Schluchzen hinter ihrer harten Stimme. Er frage sich, sagte er, was er ihr sagen könne, wie er dieses Durcheinander an Gefühlen, das ihn förmlich betäube, in Worte fassen könne. »Ich frage mich auch«, sagte er langsam, »ob eine Trennung zwischen uns das ist, was dir hilft, und ich frage mich, ob ich dir wirklich nicht anders helfen kann, aber vor allem denke ich daran, daß du mir diese Sache in den letzten sieben Jahren verschwiegen hast, und ich habe geglaubt, wir wären uns so nahe, und jetzt stellt sich heraus, daß du ein so schreckliches Geheimnis vor mir gehabt hast, und ... « Michael hörte auf zu sprechen, er überlegte, welche Ironie in dem Bild war, das er sich von ihrem Leben und den wunderbaren gesellschaftlichen Umständen gemacht hatte, über die harmonische Ehe, die sie mit ihrem angesehenen Mann führte, doch das sagte er nicht laut.
»Woran denkst du?« fragte Maja, und Michael antwortete nach einem langen Schweigen: »Wenn es eine ›Beziehung‹ zwischen uns gibt, wie du es nennst, kann ich dann nichts anderes für dich tun, als diese Beziehung zu beenden?«
»Nur vorläufig«, sagte Maja verzweifelt, und Michael überlegte, daß Multiple Sklerose noch zwanzig Jahre dauern konnte, doch auch das sagte er nicht.
Er betrachtete ihre runden Knie, die zarte Hand, die auf der Sessellehne lag, und plötzlich stieg Zorn in ihm auf. Er versuchte nicht, ihn zu verbergen. »Das ist eine Falle!« brüllte er.
»Du schreist«, sagte Maja, halb zweifelnd, halb fragend, »warum schreist du mich an?«
»Das ist eine Falle«, schrie Michael noch einmal. »Was kann ich denn sagen angesichts deiner Schuldgefühle? Es ist
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