Am Dienstag sah der Rabbi rot
in den Schreibtisch gelegt haben.»
«Was hat er dann in die Schublade getan?»
«Vermutlich das, was jeder in eine Schublade legt, Kleidungsstücke.»
«Sie meinen, es wären Kleidungsstücke des Mörders drin gewesen, und er wäre gekommen, sie zu holen?», fragte Ames. «Warum? Ich verstehe es immer noch nicht.»
«Versuchen Sie’s mal mit sie », schlug der Rabbi vor. «Sie ist gekommen, sie zu holen.»
«Eine Frau?» Ames dachte einen Moment darüber nach. «Ja, wenn sie –»
«Mann, warum denn nicht!», rief Schroeder. «Der Bursche war Junggeselle, wieso sollte der sich nicht gelegentlich was Liebes an Land ziehen?» Plötzlich fiel ihm Ames ein, und er verstummte.
«Schon gut, Sergeant», sagte dieser, «ich kenne die Tatsachen des Lebens.»
«Also, Sir, ich meine ja nur, wenn er mal eine Frau zu Besuch hatte, dann würde sie doch natürlich über Nacht geblieben sein.»
«Natürlich.»
«Vielleicht hat sie ein Nachthemd und ein bisschen Wäsche hier gehabt, wenn sie öfter kam.» Er schnippte mit den Fingern. «Klar! Betty Macomber! Sie waren heimlich verlobt. Heutzutage wartet doch keiner mehr. Und wenn man’s mal genau überlegt – so am Boden zerstört war die gar nicht, nicht so, wie man es von einer Frau erwarten sollte, deren Verlobter plötzlich gestorben ist.»
«Sie sagten ja auch, dass der Vater sich nicht sehr aufgeregt hätte», bemerkte Ames.
«Ja, das stimmt. He! Der ist ein Golfnarr. Einer von der Sorte, die sogar die Schläger ins Büro mitnimmt. Als ich damals zu ihm gegangen bin, hat er auf dem Teppich Putting geübt.»
«Und was hat das hiermit zu tun?», fragte Ames schroff.
«Sehen Sie’s denn nicht, Sir? Ein Golfschläger hat auch ein gekrümmtes Ende – wie ein Spazierstock.»
«Hm …» Ames nickte langsam. «Vater und Tochter. Wenn ihm die Verbindung nicht zusagte …»
«Oder entdeckte, dass sie mit ihm schlief», riet Schroeder.
«Würde er ihn umbringen?» Der Rabbi machte ein erstauntes Gesicht. «Obwohl sie verlobt waren? Und dann kam er her, um das Nachthemd seiner Tochter zurückzuholen, damit ihre Ehre nicht befleckt würde?»
«Wie Sie das sagen, hört es sich albern an», gab Ames zu.
Der Rabbi fuhr fort: «Hat denn Präsident Macomber ein Alibi? Oder etwa seine Tochter?»
«In dem Fall scheint keiner eines zu haben», gestand Schroeder.
«Bis auf Millicent Hanbury», sagte der Rabbi.
«Die Dekanin?», rief Schroeder laut. «Na, hören Sie!»
«Eine anziehende Frau», gab der Rabbi zu bedenken. «Noch recht jung. Unverheiratet. Sie haben als Erster auf sie hingewiesen, Sergeant.»
«Ich?»
«Als Sie damals mit Lanigan zum ersten Mal zu mir kamen, ließen Sie durchblicken, sie könnte in die Sache verwickelt sein. Wir haben uns darüber lustig gemacht, soweit ich mich erinnere, aber das zeigt nur, dass Intuitionen eines erfahrenen Ermittlungsbeamten nicht leichthin abgetan werden sollten.»
«Ja, das hab ich, nicht wahr?»
Ames kicherte. «Das Alibi, von dem Sie eben sprachen –»
«Es gab sogar mehrere», sagte der Rabbi. «Das Treffen mit der Studentendelegation um halb drei – meines Wissens hat sie die Zeit bestimmt. Dann das Hinauslaufen aus der Besprechung – ein ausgezeichnetes Alibi, weil es so ungekünstelt war. Jemand nach der Uhrzeit zu fragen, erweckt automatisch Verdacht. Aber aus einer Konferenz herauszulaufen und nicht wiederzukommen, ist eine Garantie, dass die Leute nach einer Weile unruhig werden und auf die Uhr sehen. Aber der Höhepunkt war, als sie nach Barnard’s Crossing kam und die Polizei anrief, um mitzuteilen, dass in ihrem Haus ein Fenster offen stünde. Sie konnten keinen Hinweis finden, dass es aufgestemmt worden war, natürlich nicht, aber der Anruf hatte seinen Zweck erfüllt – die genaue Zeit stand im Dienstbuch des Reviers. Durch einen reinen Zufall hab ich entdeckt, dass die Polizei von Barnard’s Crossing es mit den Eintragungen sehr genau nimmt.»
«Das tun alle Polizeidienststellen», sagte Ames. «Aber der Mord wurde früher begangen, wahrscheinlich gegen zwanzig nach zwei, und alle diese Alibis sind für eine spätere Zeit.»
«Darum musste sie es ja so einrichten, dass es so aussah, als wäre Hendryx, als sie fortfuhr, noch am Leben gewesen. Und die Studenten mussten dies Alibi noch bestätigen.»
«Und was ist mit der Obduktion des Gerichtsarztes?», beharrte Ames. «Sie muss doch gewusst haben, dass er sich nicht in der Todeszeit irren würde.»
«Sie hatte ja nicht ahnen können, dass
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