Am Ende bist du mein
Dennoch hatte Adrianna unter den neugierigen Blicken gelitten. Zu guter Letzt hatte sie Frances’ Haushaltsbücher eingepackt und war damit in ihr Geschäft gefahren. Während sie durch die vergilbten Seiten blätterte, nahm sie Anrufe auf ihrem Handy entgegen. Mazur meldete sich, dann Heckman und schließlich Kendall. Zum Glück rief niemand an, der behauptete, er wäre Craig.
Am Montagmorgen fuhr sie zum Madison-Hotel, um die letzten Einzelheiten für die anstehende Auktion durchzusprechen. Im Madison-Hotel hatte Adrianna geheiratet und sich anfänglich vehement gegen die Verlegung der Auktion dorthin gewehrt. Doch ganz gleich, wie oft sie Raummiete, Transportgefahr und Versicherungsfragen zitierte, die anderen Damen des Spendenkomitees hatten sich nicht erweichen lassen. Sie wollten ein schickes Hotel und kein nüchternes Auktionshaus in einer schmuddeligen Gegend. Eine von ihnen hatte dafür gesorgt, dass das Madison ihnen einen beträchtlichen Rabatt einräumte, eine andere sich bereit erklärt, für Transport und Versicherung aufzukommen. Danach war die Sache besiegelt.
Auf dem Weg über den kopfsteingepflasterten Vorhof desHotels übermannten Adrianna die Erinnerungen. Sie dachte an jenen Tag im September, die Hitze, die weißen Rosenblüten, die über den Vorhof gestreut worden waren, und die glänzende Limousine mit dem Schild im Rückfenster, auf dem in Glitzerbuchstaben «Just married» stand. Und an ihre Übelkeitsanfälle wegen der Schwangerschaft.
Tief durchatmend lief sie weiter und befahl sich erneut, einfach einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Dann betrat sie die Empfangshalle, sah die Perserteppiche, die marmornen Säulen und den mächtigen Kronleuchter an der Decke. Nichts hatte sich verändert. Neben dem Empfangstisch erwartete sie bereits Cary Winters, die Service-Managerin, in einem simplen schwarzen Umstandskleid über einem deutlich vorstehenden Bauch.
Lächelnd streckte Adrianna ihr die Hand entgegen. «Wie geht es Ihnen? Sie sehen wundervoll aus.»
«Ich sehe aus wie ein Wal», erwiderte Cary lachend.
Sehnsüchtig betrachtete Adrianna die pralle Kugel, die sich unter dem Kleid abmalte. Ihr selbst hatte man die Schwangerschaft nicht angesehen, dazu war es nie gekommen. «Wann ist es denn so weit?»
«In zwei Wochen.» Cary hob ihr Klemmbrett. «Sollen wir alles nochmal durchgehen?»
Sie durchquerten die Halle zu einer Treppe, die hinunter zu dem großen Ballsaal führte. Als Cary die Tür aufdrückte, sah Adrianna etliche Dutzend Tische, festlich gedeckt mit weißem Damast, Blumenbuketts und feinem Porzellan. Am anderen Ende des Saals waren Hotelangestellte dabei, die Bühne zu dekorieren.
«So ungefähr wird es auch bei Ihrer Auktion aussehen», erklärte Cary. «Nur mit anderen Farben, und natürlich kommt die Bühne weg. An den Wänden sollen die Gemälde hängen.»
«Wir brauchen auch ein Pult für den Auktionator.»
«Dafür wird gesorgt. Ebenso für die Spotleuchten über den Gemälden.»
«Entschuldigung», sagte Adrianna. «Ich hatte vergessen, wie perfekt die Organisation des Hauses ist.»
«Ach. Dann haben Sie bereits Erfahrungen mit unserem Service?»
Im Geist sah Adrianna das goldgemusterte weiße Porzellan und die Kristallvasen mit den langstieligen weißen Rosen. «Ich habe meine Hochzeit hier gefeiert. Das war vor drei Jahren.»
Craig war eine halbe Stunde zu spät in die Kirche gekommen. Adrianna saß wartend neben ihrer Mutter, die ein ums andere Mal händeringend über die dichtbesetzten Bankreihen hinter ihnen geschaut hatte. Dann ging ein erleichtertes Raunen durch die Hochzeitsgäste, und Craig schritt zum Altar, lächelnd, als sei nichts gewesen.
Im Rückblick begriff Adrianna ihr eigenes Verhalten nicht. Sie hatte ihn nie nach der Verspätung gefragt. Doch dass er kurz vor seiner Eheschließung noch mit einer anderen zusammen gewesen war, mochte sie selbst jetzt nicht glauben.
«Mein Gott», hörte sie Cary sagen. «Wie dumm von mir. Sie haben doch Craig Thornton geheiratet.»
«Ja.»
«Das hätte ich wirklich wissen müssen.» Cary wirkte untröstlich. «Ihr Gesicht war mir auch bekannt, aber ich wusste nicht mehr woher.» Ihre Miene wurde teilnahmsvoll. «Das mit Ihrem Mann tut mir sehr leid. Von dem Unfall habe ich gehört – und dann von seinem Tod. Wie schrecklich.» Hilflos schaute sie Adrianna an und suchte offenbar nach weiteren passenden Worten.
Adrianna machte sich auf die nächste Beileidsfloskel gefasst,doch Cary fand offenbar, es
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