Am Ende bist du mein
zu erinnern und glaubte, vielleicht doch eine Ähnlichkeit zu erkennen. In den Augen oder der Kinnpartie.
Aber in der Zeitung war doch auch seine Todesanzeigegewesen. Und ein Nachruf, in dem gestanden hatte, dass er nach einem zweijährigen Koma gestorben war. Sicher, in Zeitungen wurde das Blaue vom Himmel gelogen, aber war denn auch eine solche Falschmeldung möglich? Konnte Craig Thornton noch immer am Leben sein?
Craig zog seine Hose hoch und schloss den Reißverschluss. Die Frau lag auf der Seite und malte mit dem Finger Kreise auf den Boden.
Craig warf ihr eine Ansichtskarte hin. «Da», sagte er. «Du wolltest doch immer schon nach Arizona.»
Mit leerem Blick schaute sie auf. «Wohin?»
«Nach Arizona. Ich dachte, da wolltest du hin.» Er reichte ihr einen Stift. «Schreib deiner Mutter, du wärst auf dem Weg.»
«Fahren wir weg?»
«O ja. Sehr bald schon. Los, fang an zu schreiben.»
«Was denn?»
«Wie wär’s mit ‹Liebe Mom, bin für ein paar Wochen in Arizona. Bis dann›.»
Mit fahrigen Händen schrieb sie das Gewünschte. Craig riss ihr die Karte aus der Hand und steckte sie in seine Gesäßtasche.
Die Frau sank wieder in sich zusammen. Craig zog seinen Revolver hervor, setzte ihn an ihre Schläfe und drückte ab.
Siebzehn
Montag, 2. Oktober, 08.00 Uhr
Am Sonntag hatte Gage mit Vega die restlichen Unterlagen von Craig Thornton durchforstet. Wie ein Süchtiger hatte der Mann am Aktienmarkt spekuliert und es tatsächlich innerhalb weniger Jahre geschafft, neunzig Prozent des Familienvermögens sinnlos zu verschleudern.
Kein Wunder also, dass Adrianna alles daransetzte, den Verkauf des Anwesens abzuschließen. Ihre finanzielle Lage hätte wahrscheinlich jeden Menschen zur Verzweiflung gebracht.
Um zwei Uhr morgens war Gage fündig geworden und endlich auf etwas Brauchbares gestoßen.
David Ayden war an dem Tag nicht im Büro und hatte hinterlassen, dass Gage Jacob Warwick Bericht erstatten solle. «Du wirst es nicht glauben», begann Gage. «Aber Thornton hat wahrhaftig einundzwanzig Kreditkarten besessen, mit denen er jongliert hat, um seine Ansprüche zu finanzieren. Reisen nach Europa beispielsweise, maßgeschneiderte Anzüge, was weiß ich wie viele Uhren und Besuche in Restaurants, deren Namen ich nicht mal kannte.»
Warwicks Stuhl knarrte, als er sich zurücklehnte. «Wundert mich nicht im Geringsten.»
Gage rieb sich die schmerzenden Muskeln in seinem Nacken. «Bis vor etwa vier Jahren hat er all diese Späßchen mit seinenPlastikkarten beglichen. Dann hat er angefangen, Bargeld abzuheben. Hier mal zweihundert, da mal fünfhundert.»
«Vielleicht hat seine Mama angefangen, ihrem Jungen auf die Finger zu schauen», grinste Vega.
«Wenn, dann nicht sehr lange. Denn im August haben wir wieder Abbuchungen von einem Laden namens Doxies.»
«Das war ein Stripclub in der Stadt», sagte Warwick.
«Der vor drei Jahren geschlossen wurde», ergänzte Gage. «Der Besitzer wurde wegen Unzucht mit einer Minderjährigen verknackt.»
«Dr. Butler vermutet, dass die unbekannte Tote Kellnerin oder Tänzerin war», warf Vega ein und sah Warwick vielsagend an.
«Aha», sagte Warwick. «Und jetzt glaubt ihr, sie war im Doxies tätig.»
«Genau.»
Warwick verschränkte die Arme vor der Brust. «Der Schuppen hat Rex Jones gehört. Inzwischen ist er wieder draußen und hat was Neues aufgezogen. Eine Bar in der Nähe des Flughafens. Gestrippt wird dort allerdings nicht mehr.»
«Weißt du, wann er öffnet?», fragte Gage.
«Erst am frühen Nachmittag», antwortete Vega. «Vorher brauchen wir da gar nicht aufzukreuzen.»
«Was ist mit den Telefonrechnungen von Thornton?», erkundigte sich Warwick.
«Nichts außer der Reihe», sagte Gage. «Vielleicht hat er seine Liebchen ja von einer Telefonzelle aus angerufen.»
«Habt ihr euch auch die Telefonrechnungen seiner Frau besorgt?»
«Die bekommen wir heute Nachmittag», sagte Gage so neutral wie möglich. Er hoffte, nichts Belastendes darin zu finden.
«Ihr fahrt zu Jones», entschied Warwick. «Ricker oder Kier können die Rechnungen von Ms. Barrington übernehmen.»
***
Am Samstag hatte Adrianna die restlichen Kisten durchsucht, aber außer der Babykleidung nichts Ungewöhnliches mehr entdeckt.
Am Sonntagnachmittag hatte sie ihr Haus für Besichtigungen von Kaufinteressenten freigegeben, die Führungen jedoch Catherine überlassen. Von ihr wusste sie, dass inzwischen ein, zwei ernst zu nehmende Angebote existierten.
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