Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
jetzt
benommen und verstört im Wald herum. Ehe ich weitersuchte, würde ich über Funk
Arrowhead rufen und die Leute dort bitten, ärztliche Hilfe zu schicken und der
Flugbehörde Bescheid zu sagen.
    Das Türschloß der Cessna klemmte.
Eingefroren? Ich ruckelte, übte mehr Druck aus. Der Schlüssel drehte sich. Ich
öffnete die Tür und betätigte, ohne einzusteigen, den Hauptschalter. Die
Elektrik sprang an —
    Schritte knirschten hinter mir, kamen
rasch näher. Hy, der den Crash gehört hatte und ebenfalls herbeigeeilt war.
»Gott sei Dank«, rief ich ihm zu, während ich die Hand nach dem Schalter des
Funkgeräts ausstreckte. »Der Pilot ist irgendwo im —«
    Er packte mich an den Schultern, riß
mich zurück.
    Es war nicht Hy.
    Ich packte den Knüppel mit beiden
Händen, trat mit dem rechten Fuß nach hinten aus und drehte den Kopf, um ihn
sehen zu können. Alles, was ich sah, ehe mein linker Fuß auf dem Eis ausglitt
und unter mir wegrutschte, war, daß er eine schwarze Helmmütze trug.
    Er zerrte heftiger, aber ich klammerte
mich am Knüppel fest, den Oberkörper gegen die Seite des Sitzes gepreßt. Er
schob sich gegen mich, bis er mich regelrecht festgenagelt hatte, und versuchte
dann, mit großen behandschuhten Händen meine Finger loszueisen.
    Ich kriegte das linke Bein auf die
Tragflächenstrebe und warf mich nach vorn, um ihn zu beißen. Meine Zähne
kollidierten schmerzhaft mit dem Steuerknüppel. Er hatte meine eine Hand schon
fast los, als ich mich wirksam genug an der Strebe abstützen konnte, um mit dem
rechten Bein kräftig nach hinten oben zu treten.
    Der Angreifer heulte vor Schmerz auf
und ließ meine Finger los. Während er zurücktaumelte, griff ich zur anderen
Seite des Instrumentenboards und gab volle Klappen. Ich drehte mich halb um,
bereit, ihm weiteren Schaden zuzufügen. Die Klappen rasselten genau in dem
Moment herunter, als er wieder herankam. Sie knallten ihm auf den Hinterkopf.
Er fiel vornüber, genau auf die Radverkleidung.
    Als der Mann stöhnend auf dem
zerborstenen Fiberglas der Radverkleidung lag, hörte ich Hy von weitem nach mir
rufen. Wird auch Zeit, dachte ich — und schämte mich sofort meiner
streßbedingten Reaktion. »Hier« schrie ich, zog meine 38er und richtete sie auf
meinen Widersacher.
    Hy kam die Holzabfuhrstraße
entlanggerannt, zog, als er sah, was los war, seine Pistole und gab mir
Deckung, während ich dem hingestreckten Mann die Helmmütze herunterzog. Als ich
sein Gesicht sah, fuhr ich schockiert zurück. Er war nicht der, für den ich ihn
gehalten hatte.
    »Wer zum Teufel ist das?« fragte Hy.
    »Winthrop Reade — David Stirlings
Ersatzsohn und zweifellos auch der Ersatzerbe seines Mehrheitsanteils an
Stirling Aviation. Der Mann, der am meisten Grund hat, Dunes Tod zu wollen.«
     
    »Lieber Himmel«, sagte Hy, während wir
den zweiten Rettungshubschrauber aufsteigen sahen, »bei all den Fragen, die sie
uns stellen werden, all den Aussagen, die wir zu Protokoll geben müssen, können
wir von Glück sagen, wenn wir Weihnachten zu Hause sind.«
    »Was können wir denn schon groß sagen?
Ash Walker kam hierher, um einen gefährlichen flüchtigen Kriminellen zu
beknien, ihn und seine neue Familie in Ruhe zu lassen. Er fand den Vogel
ausgeflogen und strandete selbst hier. Als er zum geplanten Zeitpunkt nicht
wieder zurück war, sind wir ihm zur Hilfe geeilt.«
    »Und Win Reade?«
    »Über den wissen wir nichts. Und du
kannst sicher sein, er wird niemandem von dem kleinen Arrangement erzählen, das
er und David Stirling mit mir getroffen haben.« Ich drehte mich um und ging zu
der Cessna. Mir tat immer noch alles weh von dem Kampf mit Reade, und ich
betastete besorgt mit der Zunge meinen einen Schneidezahn.
    Hy kam hinter mir her. »Wie wird Reade
wohl erklären, was er hier wollte?«
    »Wer weiß? Aber dieser Sorte Typen
fällt immer was ein.« Ich stieg ein und setzte mich, Hy zugewandt, auf den
Pilotensitz. »Und daß er mich angegriffen hat, wird er vermutlich darauf
schieben, daß er nach der Bruchlandung völlig verwirrt war.« Hy beugte sich
durch die Tür und umarmte mich. »Geht’s denn wieder?«
    »Ich bin okay, aber es ist schön, wenn
du mich umarmst.«
    Er strich mir mit der behandschuhten
Hand das Haar glatt und zog mir dann die Mütze über die Ohren. »Weißt du«,
sagte er, »Reade muß gleich, als du Arkansas verlassen hast, jemanden auf dich
angesetzt haben. Dieser Jemand hat uns in San Francisco unser Gepäck bis
Chisholm-Hibbing aufgeben

Weitere Kostenlose Bücher