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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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konnte sogar hören, wie das Glas durch deine Haut schneidet, und dein Blut auf meiner Hand spüren. Es war heiß, und irgendwie hat es mich scharfgemacht.«
    »Verdammt, Christy …«
    »Ich weiß! Warum sollte ich daran denken, etwas so Schreckliches zu tun? Was ist nur mit mir los? Ich wollte dich umbringen!«

    Sie warf sich schluchzend in meine Arme und drückte den Kopf gegen meine Brust. Völlig benommen hielt ich sie fest und war sprachlos von dieser Enthüllung.
    »Wir sind nicht wir selbst«, wimmerte sie. »Was passiert mit uns, Robbie?«
    »Wir sind gestresst, müde und total von der Rolle. Das ist alles. Es ist verdammt spät, und wir brauchen Schlaf.«
    »Aber es ist nicht spät. Es ist noch nicht mal drei Uhr nachmittags.«
    »Das kann nicht stimmen, niemals. Es muss später sein. Es fühlt sich an wie elf Uhr abends oder Mitternacht.«
    »Ich habe es auf der alten Armbanduhr in meinem Schmuckkästchen überprüft. Du weißt schon, die von meiner Großmutter. Ich hatte sie erst vor kurzem aufgezogen, weil ich sie ab und zu noch trage. Und auf der war es Viertel vor drei.«
    Da ich bezweifelte, dass diese Uhr richtig ging, stand ich auf und überprüfte es auf meiner Armbanduhr. Als wir nach Hause gekommen waren, hatte ich sie abgenommen und wieder auf den Fernsehschrank gelegt. Überrascht stellte ich fest, dass sie stehengeblieben war. Anscheinend war die Batterie leer.
    »Scheiße.«
    »Was ist los?«
    »Meine Uhr geht nicht mehr.«
    »Ich sage es dir doch, Robbie. Es ist kurz vor drei.«
    »Fühlt sich später an.«
    »Ja«, stimmte Christy zu, »geht mir auch so. Wegen der Sache da draußen. Wegen der Dunkelheit. Und wegen dem, was aus uns wird.«

    »Wir sind keine Geister, Süße. Bitte fang jetzt nicht wieder mit dem Mist an.«
    »Sind wir nicht?«
    »Nein.«
    »Sind wir am Leben, Robbie? Sind wir noch Menschen? Unser Verhalten ist ganz bestimmt nicht mehr menschlich. Und wenn wir keine Menschen sind, was sind wir dann?«
    Ich antwortete nicht.
    »Vielleicht hast du Recht«, fuhr sie fort. »Vielleicht ist es wirklich später, als wir denken. Zu spät, und zwar für uns alle.«
    Ein rauer, hysterischer Ton hatte sich in ihre Stimme geschlichen. Ich führte sie sanft ins stockfinstere Schlafzimmer und legte sie auf das Bett. Dann schaltete ich die Taschenlampe an.
    »Du brauchst Schlaf. Wir reden weiter, wenn du wieder wach bist, okay?«
    »Ich will aber nicht schlafen.«
    »Bitte, tu es für mich, ja?«
    »Lass mich erst was rauchen. Ich brauche das jetzt.«
    »Süße …«
    »Das hilft mir, mich zu entspannen. Nur ein paar Züge aus der Bong.«
    »Besser nicht«, widersprach ich. »Gott weiß, wann wir das nächste Mal an Gras rankommen, und wir haben jetzt schon fast nur noch Krümel.«
    »Scheiße.«
    »Ganz genau. Und jetzt schlaf, okay?«
    Sie nickte schwach. Ihr Kopf sank auf das Kissen. Ich
strich ihr die Haare aus dem Gesicht und küsste sie auf die Stirn.
    »Es wäre einfacher, wenn es nur die Dunkelheit gewesen wäre«, meinte sie. »Wenn da nicht noch irgendwas drin gewesen wäre.«
    Da war ich mir nicht so sicher, aber ich behielt meine Meinung für mich. Wenn ich darüber nachdachte, waren mir die Geister – obwohl ich nicht glaubte, dass es wirklich Geister waren — und die Geräusche immer noch lieber als das reine Nichts. Die Dunkelheit war unheimlich genug, aber wenn sie auch noch vollkommen lautlos wäre? Das schien mir irgendwie beängstigender zu sein. Dann wäre sie noch geheimnisvoller gewesen. Noch mehr das große Unbekannte. Und die Angst vor dem Unbekannten ist fast so stark wie die Angst vor der Dunkelheit. Wenn beide zusammenkamen, war das vielleicht zu viel, um damit fertigzuwerden.
    »Schlaf jetzt«, drängte ich sie wieder. »Du brauchst Erholung. «
    »Und was ist mit dir?«
    »Ich bin nicht müde«, sagte ich. »Ich bleibe noch ein bisschen auf, nur für den Fall, dass Peters jemanden mit Neuigkeiten vorbeischickt.«
    Sie packte mein Handgelenk. »Lass mich nicht allein hier in der Dunkelheit, Robbie.«
    »Werde ich nicht. Ich bringe dir eine Kerze.«
    Ich holte eine und stellte sie auf den Nachttisch. Daraufhin entspannte sich Christy, und ich blieb bei ihr sitzen, bis sie eingeschlafen war. Es dauerte nicht lange. Die Sorgenfalten auf ihrem Gesicht glätteten sich langsam
und verschwanden. Ihre Lippen öffneten sich leicht. Bald schnarchte sie leise. Ihr warmer Atem strich sanft über mein Gesicht. Ihre Augen bewegten sich hinter den geschlossenen

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