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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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runtergegangen ist. Der Wagen war voller Rasierschaum. Ist das nicht irre?«
    »Ja«, nickte ich. »Ziemlich irre. Wie hat der Typ ausgesehen? «
    »Keine Ahnung. Er war nackt, deshalb wollte ich ihn nicht lange anstarren. Ich glaube, der war wirklich verrückt. «
    »Was ist mit dem Baumarkt?«, fragte Russ. »Haben Sie es da versucht? Die haben auch Batterien.«
    »Nein.« Der Mann schüttelte frustriert den Kopf. »Der ist auf der anderen Seite der Stadt, und ich will meine Frau und meine Kinder nicht so lange allein lassen. Ich brauche doch nur vier. Oder zwei, mir reichen auch zwei. Es ist doch für meine Tochter.«
    »Ja«, meinte Russ, »das sagten Sie bereits.«
    »Na, dann helfen Sie mir doch. Bitte!«
    Plötzlich überfiel mich der Drang, ihn zu schlagen, und er war so intensiv, dass ich richtig Angst bekam. Ich tat mit geballten Fäusten einen Schritt auf ihn zu und wollte sie ihm mitten in die Visage rammen. Ich konnte es deutlich vor mir sehen. Wie ich ihn schlug. Wie er auf dem Boden landete. Und dann, wie Russ und ich auf ihm herumtrampelten, bis wir hören konnten, wie seine Rippen brachen, eine nach der anderen. Bis die Knochensplitter sich durch seine Haut bohrten. Bis wir spürten, wie seine Zähne unter unseren Sohlen zerbrachen. Bis er Blut spuckte. Bis seine Nase eingedrückt wurde und seine Augen aus den Höhlen traten. Bis er endlich aufhörte
zu winseln, und dann würden wir uns aus seinem Einkaufswagen bedienen. Bis er tot war.
    Zerfleischt.
    Zu Brei geschlagen.
    Die Bilder machten mich krank, aber gleichzeitig waren sie erregend. Mir fiel wieder ein, was Christy am Vorabend gesagt hatte — wie es sie scharfgemacht hatte, als sie daran dachte, mich zu verletzen. Ich leckte mir über die Lippen und machte einen weiteren Schritt. Der Mann muss an meinem Gesicht oder an meiner Körperhaltung etwas bemerkt haben, denn er hörte auf zu reden, nahm seinen Einkaufswagen und eilte davon.
    Während ich noch mit widersprüchlichen Impulsen kämpfte, wühlte ich in unserem Wagen herum, bis ich ein Päckchen Batterien fand.
    »Hey«, rief ich ihm hinterher.
    Er drehte sich um, und ich warf ihm das Päckchen zu. Der Mann in der Lederjacke zuckte heftig zusammen. Dann riss er überrascht die Augen auf. Er fing das Päckchen ungeschickt auf, wobei er beinahe die Batterien und seine Taschenlampe fallen gelassen hätte, und schaute dann wieder zu mir zurück. Seine Augen waren immer noch weit aufgerissen, und sein Gesicht drückte totale Verwirrung aus. Schweiß stand auf seiner Stirn und glänzte im trüben Licht.
    »D-danke.«
    »Gern geschehen. Wie heißen Sie?«
    »Wie bitte?«
    »Wie Sie heißen!«
    »O-ollie. Ollie Griffin.«

    »Ich bin Robbie, und das ist Russ. Stellen Sie sich beim nächsten Mal richtig vor, Ollie. Namen sind wichtig. Wahrscheinlich waren sie schon immer wichtig, aber jetzt sind sie es umso mehr. Sie helfen uns, einander kennenzulernen. «
    »Ach ja?« Das verwirrte ihn noch mehr.
    »Wenn wir einander kennen«, erklärte ich, »ist es schwieriger, wütend zu werden, wenn wir uns nicht einig sind, und wenn wir nicht wütend werden, wird diese Situation für alle wesentlich erträglicher. Es gibt schließlich keinen Grund, warum es zu Gewalt kommen muss. Wissen Sie, was ich meine?«
    Er nickte langsam. »Ich glaube schon. An Ihnen nagt es auch, was? Haben Sie Visionen? Plötzliche, starke Gefühlsschübe? «
    Ich nickte.
    Er seufzte. »Gott sei Dank. Ich dachte schon, das ginge nur mir so.«
    »Nö. Wir stecken alle tief drin.«
    Ich schob unseren Wagen zur Tür. Russ starrte mich fassungslos an und rannte dann hinter mir her.
    »Was zur Hölle, Robbie?«
    »Was denn?«
    »Warum hast du das getan?«
    »Keine Sorge«, beruhigte ich ihn. »Ich habe ihm keine von deinen Batterien gegeben, die waren aus meinem Anteil.«
    »Die Batterien sind mir doch scheißegal. Ich bin nur überrascht. Ich war mir hundertprozentig sicher, dass du ihm die Scheiße aus dem Leib prügeln würdest.«

    »Ich auch.«
    »Ich hätte es jedenfalls am liebsten getan. Plötzlich hatte ich diese Kopfschmerzen, ein Pochen direkt hinter den Augen. Alles, woran ich noch denken konnte, war, dieses Arschloch umzubringen. Es hat mich meine gesamte Selbstbeherrschung gekostet, mich nicht auf ihn zu stürzen.«
    »Ging mir auch so. Aber wir haben es nicht getan, also ist alles gut.«
    »Aber warum nicht? Wir hatten beide den Drang, es zu tun. Warum haben wir ihm nicht nachgegeben?«
    »Weil menschliche Wesen sich nicht

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