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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Fahrer des Trucks langsam richtig erkennen. Er war schätzungsweise Ende vierzig bis Anfang fünfzig und hatte ein kantiges, schmal geschnittenes Gesicht. Seine Wangen waren von einem grau melierten Backenbart bedeckt, seine Augen dunkel. Außerdem trug er eine schmierige, abgewetzte Kappe mit dem verwaschenen Logo einer Truckfirma auf dem Kopf.
    »Tja«, meinte er und musterte mich eingehend. »Ich glaube nicht, dass du besonders gefährlich bist.«

    Ich schüttelte den Kopf. »Bin ich auch nicht. Wie gesagt, ich habe mir nur Sorgen gemacht.«
    »Und neugierig, wie? Du weißt ja, was man über Neugier sagt.«
    »Ja, dass sie tödlich sein kann.«
    »Nach allem, was passiert ist, sollte man das im Hinterkopf behalten. Oder was meinst du?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich schon. Aber Neugier kann auch dabei helfen, dass man nicht getötet wird.«
    »Wohl wahr.«
    Wir starrten uns einen Moment lang wortlos an. Schließlich brach er das Schweigen.
    »Komm doch rein, wenn du magst.«
    Ich zögerte, was ihm nicht entging.
    »Oder auch nicht, wenn dir das lieber ist. Ist mir völlig egal.«
    »Was machen Sie eigentlich hier draußen, Mr. …?«
    »Tony. Tony Giovanni, aber sag ruhig Du. Hast du im Lokalfernsehen schon mal die Werbung für Tony den Abschleppspezialisten gesehen?«
    »Klar.« Ich fing an, den vertrauten, billigen Werbejingle zu summen.
    »Jepp.« Er grinste. »Das bin ich.«
    Ich musterte den Truck. »Aber das ist kein Abschleppwagen. «
    »Stimmt, das ist mein anderer Truck. Mit Abschleppen allein kann ich meine Rechnungen nicht bezahlen – zumindest nicht in Walden. Also mache ich auch kleinere Touren als freier Fahrer. Irgendjemand hat heute Morgen
meinen Abschleppwagen geklaut. Ich bin den ganzen Tag durch die Stadt gefahren und habe ihn gesucht.«
    »So ein Mist. Und, hast du ihn gefunden?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, nicht mal die kleinste Spur. Wenn er noch hier in Walden ist, steht er gut versteckt in einer Garage oder so.«
    »Und hast du eine Ahnung, wer ihn gestohlen haben könnte?«
    »Woher soll ich das wissen? Vielleicht wollte jemand aus der Stadt raus und hatte keinen eigenen Wagen. Keine Ahnung. Ich habe ihn vor meinem Haus auf der Straße geparkt, wie ich es schon seit fünfzehn Jahren tue. Natürlich schließe ich ihn immer ab, aber es hat noch nie Probleme gegeben. Wir sind hier schließlich nicht in Richmond oder Norfolk. Das hier ist Walden.«
    »Jetzt nicht mehr«, erwiderte ich. »Ich meine, es ist schon noch Walden, aber die Dinge ändern sich.«
    Tony stieß einen langgezogenen Pfiff aus. »Wem sagst du das. Während ich heute rumgefahren bin, habe ich Sachen gesehen — manches von dem Scheiß würdest du mir wahrscheinlich gar nicht glauben.«
    »Wir haben auch so einiges gesehen.« Ich erzählte ihm, was Russ und ich im Supermarkt gesehen hatten und was auf dem Heimweg passiert war. Als ich damit fertig war, hatte ich mich so weit entspannt, dass ich zu ihm in das Führerhaus kletterte. Er hatte einen CD-Player. Es lief Travis Tritt, doch die Musik war leise gedreht. Ich war nie ein großer Fan von Country-Musik gewesen, aber zu diesem Zeitpunkt war ich so dankbar, überhaupt Musik hören zu können, dass es mir egal war. Ich entspannte
mich einfach und versuchte, das Lied zu genießen. Tony bot mir eine Zigarette an, die ich dankend annahm. Das Nikotin entfaltete sofort seine Wirkung. Das tat echt gut.
    »Irgendwann bin ich auch am Supermarkt vorbeigefahren«, erzählte Tony, »und habe gesehen, was für eine Menschenmenge da rausgerannt ist. Ihr hattet Glück, dass ihr so früh da wart. Inzwischen dürfte der Laden ziemlich leer sein. Und später ist die Masse auch fieser geworden. Als ich vorbeikam, bin ich langsam gefahren, weil ich den Parkplatz überprüfen wollte, um zu sehen, ob mein Abschleppwagen da irgendwo steht. Deshalb konnte ich genau sehen, was alles abging. Eine Menge Leute haben sich geprügelt. Und ich habe gesehen, wie ein Pärchen mit vorgehaltener Waffe ausgeraubt wurde. Irgendwelche Typen haben die ganzen Sachen aus deren Einkaufswagen genommen und in ihren Pick-up geladen. Währenddessen haben sie das Pärchen gezwungen, sich flach auf den Boden zu legen. Um sie herum waren überall Leute, aber niemand hat etwas unternommen oder ihnen geholfen. Die haben nicht mal hingesehen, sondern sich nur um ihren eigenen Kram gekümmert.«
    »Hast du denn versucht, zu helfen?«
    Er seufzte. »Nein. Sie waren mir zahlenmäßig überlegen und

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