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Am Ende der Wildnis

Am Ende der Wildnis

Titel: Am Ende der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Vaillant
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Späne und Sägemehl zerkleinerte Bäume, die mit verschiedenen Mitteln wieder zu Brettern, Verklei dungen und Bauelementen zusammengefügt werden. Diese Produkte haben Bezeichnungen wie Konstruktionsvollholz (kleinere Holzteile, die zu Brettern zusammengesetzt wer den), MDF (Mitteldichte Holzfaserplatte), OSB (Grobspan platte), Com-Ply (furnierte Spanplatte), zementgebundene Faserplatte (geschreddertes Holz, dass durch Zement gebunden und zu Platten geformt wird), Homosote (als Bau stoff geeigneter Karton), Celotex (eine Variante); Hartfa ser platte (auch Masonite, eine dichtere, dünnere Version von Homosote), Spanplatte und natürlich Sperrholz, das es jetzt schon seit fast einem Jahrhundert gibt. Der Vorteil dieser Produkte besteht darin, dass sie leicht, billig und einfach zu verarbeiten sind sowie bestimmten Arten von Verschwendung ein Ende setzen, doch dafür grassiert eine andere Art von Verschwendung: Millionen und Abermillionen Kubikmeter Douglasien-Altbestand hat man geschält und zu Sperrholz verarbeitet, und ähnlich große Mengen Sitka-Fichte sind zu Zeitungen und Telefonbüchern zermalmt worden. Sich das vorzustellen fällt schwer, wenn man bedenkt, dass ein Kantholz von zwei mal zehn Zoll aus astfreier Kiefer oder Fichte heute ein Luxusgegenstand ist, was es wohl von Anfang an hätte sein sollen. Wir werden langsam gezwungen, uns mit dem wahren Wert von Holz auseinanderzusetzen, und der ist hoch. ********
    Fragte man heute einen Holzfäller, was der wahre Wert von Holz ist, so würde der vermutlich antworten: »Etwa hundert bis hundertfünfzig Dollar pro Kubikmeter.« Doch Duncan Schell, ein Bauunternehmer aus Vancouver, drang zum Kern der Frage vor, indem er mit einem Oxymoron antwortete. »Holz ist unbezahlbar«, erklärte er, »aber nur, weil es so billig ist.« Das mag komisch klingen, aber genau so bewertet unsere Spezies diesen außergewöhnlichen Stoff, der für Überleben und Erfolg unserer Art von zentraler Bedeutung ist, seitdem wir zum ersten Mal einen Stock in die Hand genommen haben. Dennoch wird Schells Weisheit, die so lange richtig war, nun auf die Probe gestellt. Vor fünfzig Jahren noch wurden gewaltige Bäume gegen einen Hungerlohn aus dem Wald geschleppt oder aus den seltsamsten Gründen einfach gefällt und dem Verrotten preisgegeben. Heute ernten die Holzunternehmen weit weniger wertvolle Exemplare mit Hubschraubern, deren Betrieb 10 000 Dollar pro Stunde kostet. Inzwischen kann man beobachten, dass Holzfäller Kletterausrüstung anlegen und sich an Felswänden abseilen, um an bislang unzugänglichen Urwald heranzukommen.
    Der Washington Contract Loggers’ Association zufolge verbraucht ein Nordamerikaner pro Jahr durchschnittlich das Holz eines dreißig Meter langen Stammes mit einem Durchmesser von sechsundvierzig Zentimetern (etwa 6, 5 Ku bikmeter). Und um die Sonntagsausgabe der New York Times zu produzieren, benötigt man eine Holzmenge, die mehr als anderthalb mal in die Haida Brave passen würde (fast fünfundzwanzigtausend Kubikmeter Holz). ********
    Doch obwohl unser Appetit auf Holz enorm ist, gibt es noch habgierigere Kräfte, die uns übertreffen. Mit der Erwärmung des Planeten zerstört die Doppelbelastung aus Bränden und Insektenbefall die Wälder des Nordwestens schneller, als Holzfäller es je könnten. Ende Juni 2004 – zu einem frühen Zeitpunkt der im Nordwesten üblichen Waldbrandsaison also – waren allein in British Columbia bereits tausend Feuersbrünste gemeldet worden. Zusammen mit Hunderten weiterer Brände zwischen Idaho und Alaska erzeugten sie eine Rauchwolke, die von der Beringsee bis New York City zu sehen war. Zugleich hat der Bergkiefernkäfer die letzten Winter in nie da gewesener Anzahl überlebt, vermehrt sich in exponentieller Geschwindigkeit und ist in Nordamerika verantwortlich für die verheerendste Schädlingsplage der Geschichte. Im Jahr 2005 waren hunderttausend Quadratkilometer Wald im Hinterland von British Columbia befallen (eine Fläche von etwa der Größe Neufundlands). Ein befallener Baum stirbt in der Regel binnen eines Jahres. Wird er nicht innerhalb weniger Jahre gefällt, dann verliert er seinen Wert als Nutzholzquelle. Danach kann er höchstens noch als Zellstoff verwertet werden. Bleibt er stehen, wird er zur Nahrung weiterer Brände, die – wenn kalte Winter ausbleiben – das effektivste Mittel der Natur sind, den Käferbefall unter Kontrolle zu halten. In der Folge dieses Massensterbens der Wälder wird im

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