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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
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tiergeographischen Befunde, aufgrund derer er die Position diesseits oder jenseits jener Demarkationslinie weiterhin nicht sicher bestimmen kann. Sein letztes Wort dazu wird Wallace erst 1910 äußern, als er vorschlägt, die mittlerweile berühmte Linie müsse umgezeichnet werden. »Ich bin zu der Ansicht gekommen, dass Celebes ein Ableger des asiatischen Kontinents ist, aber von diesem zu einem früheren Zeitpunkt bereits getrennt wurde. Daher müssen wir die Linie östlich von Celebes und auch den Philippinen eintragen.« Ein ganzes Jahrhundert später soll Wallace mit dieser Ansicht recht behalten. Als im Januar 2013 eine Gruppe von Biogeographen unter der Federführung von Zoologen an der Universität von Kopenhagen die Weltkarte der regionalen Verteilung des Lebens anhand von Erbgutanalysen aktualisiert, verläuft jene markante Grenzlinie, die die orientalische Region gegenüber ihren Nachbarn weiter östlich abhebt, östlich der heutigen Insel Sulawesi.
    »Ganz exzellent«, urteilt Darwin erneut in einem Brief an Wallace, als dessen Werk zur Insel-Biogeographie erscheint, »ich halte es für das beste Buch, das Sie jemals herausgegeben haben.« Und selbst wenn heutige Forscher kaum noch etwas von Wallace, seinem Leben und seinem umfangreichen Werk wissen: aus seinen Büchern insbesondere zur Biogeographie von Inseln zitieren sie immer noch gern; insbesondere dann, wenn sie einen einsichtsreichen Satz für die Einleitung ihrer eigenen Arbeiten suchen, in denen sie dann vielfach bestätigen, was Wallace bereits vorausgesehen hat, wenngleich natürlich nicht mit der gleichen Detailschärfe, die erst dank der heute verfügbaren neuesten Untersuchungsmethoden möglich wird. Ungeachtet dessen zeigt dies aber, wie weit Wallace nicht nur seiner Zeit in diesen Dingen voraus war, sondern wie richtig seine grundlegenden Einsichten zur Biogeographie waren.
    Ein Wanderer auch in England: Wallace besitzt durchaus auch einen ausgeprägten Sinn für seinen eigenen Wohnort, den er bald aufs Land außerhalb der Metropole Englands verlegt. Bis 1870 lebt er mit seiner allmählich wachsenden Familie noch im Inneren Londons, dann beginnt ein regelrecht nomadischer Lebensstil, der ihn alle zwei oder drei Jahre umziehen lässt. Seltener und erst wieder in einem späteren Abschnitt seines Lebens bleibt er ein Jahrzehnt an einem Ort. Vielleicht ist dies ein Vermächtnis seiner vielen Wanderjahre am Amazonas und im Archipel; er könne es aber auch, so vermutet Wallace selbst, von seinem Vater geerbt haben – wie so vieles andere auch, etwa wie sein mangelndes Talent, mit Geld umzugehen, was sich in den kommenden Jahren zunehmend als prekär erweisen wird.
    Tatsächlich zieht Wallace samt Familie siebenmal um, drei der Landhäuser im südlichen England baut er selbst; immer ist er zuversichtlich, dass es am nächsten Wohnort noch besser wird. Trotz dieser Unruhe erinnern sich seine Kinder an ein glückliches und warmherziges Zuhause, egal, wo sie gerade wohnen. In jedem der Häuser legen Annie und er vor allem Wert auf einen schönen Garten, den anzulegen sie sich jedes Mal von Neuem freuen. Diese Vorliebe für das Gärtnern wird bei Wallace im Alter immer ausgeprägter; da züchtet er (wie übrigens auch Darwin) Orchideen und andere ungewöhnliche Pflanzen in einem Gewächshaus, oder er legt Teiche für seine aquatischen Pflanzen an.
    Immer sind es andere Gründe, die Wallace umziehen lassen. Einmal ist es, wie 1870, eine mögliche, sich abzeichnende Stellung als Direktor des Kunst- und Naturkundemuseums in Bethnal Green in East London. Obgleich daraus nichts wird, lebt er hier mit seiner Frau, zwei Kindern, einem Kinder- und einem Hausmädchen sowie einer Köchin. Ein Jahr später erwirbt Wallace dreißig Meilen die Themse hinab in dem Ort Grays in Essex ein Grundstück in wunderbarer Lage am Nordhang des Flusses. Dort baut er, nach eigenen Vorstellungen und Plänen, ein großzügig dimensioniertes, komfortables Landhaus »The Dell« (das es immer noch gibt). Allerdings erweist es sich für jemanden in mittlerweile unsicheren finanziellen Verhältnissen als überdimensioniert, er muss dafür seine Insektensammlung, vor allem seine Schmetterlinge aus dem Archipel, verkaufen. Das Haus hat alles, um sein persönliches Paradies zu werden; doch bevor es fertiggestellt ist, verursacht es Ärger, als der mit der Bauausführung Beauftragte ihn betrügt und es zum Gerichtsverfahren kommt. Das endet zwar zu seinen Gunsten, aber er bleibt auf

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